„Potenzial für viele Konzepte“
FIZZZ im Gespräch mit Onur Elci von der „Kitchen Guerilla“ aus Hamburg, die auf ihren Events u.a. türkische Vorspeisen serviert
Interview: Jan-Peter Wulf
Herr Elci, warum ist die türkische Küche in Deutschland so wenig entwickelt?
Das hat meiner Meinung nach drei Gründe: Erstens die behördlichen – ich kann einen Koch aus Spanien zum Arbeiten einfliegen lassen, aber nicht aus der Türkei. Zweitens der deutsche Verbraucher, der will Standards: viel Fleisch und eine Sättigungsbeilage. Er hat eine Erwartungshaltung, auch wenn er in die Türkei in den Urlaub fliegt, und deswegen bekommt er in den Urlaubsorten auch genau das vorgesetzt. Und drittens haben die Türken in Deutschland fünfzig Jahre lang kaum etwas dafür getan, dass die Küche authentischer wird. Auch, weil sie es nicht mussten: Wieso etwas Neues aufbauen, wenn ich mit Bekanntem Geld verdienen kann?
Was braucht es, damit das Thema vorankommt?
Der deutsche Verbraucher muss dafür sensibilisiert werden, wie differenziert die türkische Küche ist: Es gibt fantastische Eintöpfe in der osmanischen Küche, am Schwarzen Meer wird viel mit Fisch gekocht, am Mittelmeer viele Vorspeisen mit Gemüse, in Anatolien eine einfache Landküche, man findet armenische, jüdische und levantinische Einflüsse. Es ist eine große kulinarische Welt...
...für die sich die Menschen zu interessieren beginnen?
Ja, zumindest Menschen, die sich generell für Essen und kulinarische Themen interessieren, die Wert auf Qualität und Genuss legen. Ich denke, dass die Medien hier einen wichtigen Beitrag leisten können. Foodblogs wie „Koch Dich Türkisch“ zum Beispiel, aus dessen Rezepten Kochbücher entstanden sind. (www.kochdichtürkisch.de)
Sehen Sie Potential für ein authentisches gastronomisches Konzept?
Für viele gastronomische Konzepte! Man könnte eine typische Taverna in moderner Form machen, mit Livemusik, vielen Vorspeisen und Rakı dazu. Oder ein Abendlokal mit osmanischer Küche, mit ausgewählten Weinen. Ein Laden mit frischer, selbst gemachter türkischer Pizza würde auch gut funktionieren – das schmeckt viel besser als die aufgewärmten Pizzen, die man in den Dönerläden bekommt. Oder ein Street Food-Stand im Istanbul-Stil, ein richtig cooler Imbiss mit Hot Dogs, mit geräucherter Zunge und selbstgemachten Limonaden. Das fehlt mir persönlich am meisten.