#5 Michéle Hengst

Teil 5 unserer Serie „Frauen & Bier“ aus der aktuellen CRAFT 3/20: Michéle Hengst; Foto: Berliner Berg Teil 5 unserer Serie „Frauen & Bier“ aus der aktuellen CRAFT 3/20: Michéle Hengst; Foto: Berliner Berg Brauerei

 

Die Bierbranche wird zwar von Männern dominiert. Aber es gibt auch längst erfolgreiche Frauen im Bier-Business. Nicht alle stehen im Rampenlicht, auf der Bühne, die sie gewiss verdienen.  Und so sagen wir: Spot an! Sieben Frauen, die sich auf ganz unterschiedliche Weise und mit großer Leidenschaft dem Thema Bier verschrieben haben.

Text: Regine Marxen

 

MICHÉLE HENGST
Geschäftsführerin der Brauerei Berliner Berg

Michéle Hengst (35) studierte Amerikanistik auf Magister und lebte ein Jahr in Kanada, bevor es sie vor acht Jahren nach Berlin zog. Nach diversen Stationen, u.a. als Pressesprecherin beim Großhändler Veganz, stieß sie vor knapp vier Jahren als Geschäftsführerin zur Crew von Berliner-Berg-Crew.

Michéle, seit wann bist du bierverliebt?
Spätestens seit dem Studium ist Bier die erste Wahl im Alkoholbereich. In Kanada habe ich das erste Mal die bunte Biervielfalt kennen- und lieben gelernt. Besonders die kleinen „dépanneur“ in der französisch sprechenden Provinz Quebec hatten es mir angetan. Am ehesten sind sie mit dem Berliner Späti vergleichbar; die Bierauswahl übertrifft aber häufig einen noch so gut sortierten Craftbier-Store. Da konnte man sich dann gut durchprobieren!

Was schätzt du am meisten an diesem Getränk?
Die Vielfältigkeit: Zu jedem denkbaren Moment kann ich das perfekte Bier servieren! Ich finde wahnsinnige Komplexität in dem Getränk, wenn ich sie möchte – etwa bei wilden Sauerbieren, wie wir sie in unserer Spezialitätenbrauerei brauen. Ich kann jede Menge entdecken und Biere wahnsinnig gut zu tollem Essen kombinieren. Ich kann aber genauso gut ein knackiges Pils zu einem geselligen Abend mit Freunden trinken, ohne dass es sich in den Vordergrund drängt und mich anstrengt. Es ist dann einfach nur ein guter Begleiter durch den Abend. 

Berlin und Bier – wie würdest du die Beziehung beschreiben?
Haha, na ohne Späti-Bier geht hier nix! Biertrinkend U-Bahn fahren, auf dem Tempelhofer Feld rumhängen und anstoßen, oder in der Warteschlage vorm Club noch schnell ein SpätiBier trinken – das Getränk prägt schon wirklich sehr das Stadtbild, wenn auch nicht immer in guter Weise.

Was motiviert dich, in dieser Branche zu arbeiten?
Ich arbeite mit den besten Leuten zusammen, die mich wahnsinnig antreiben. Wir lachen unglaublich viel zusammen und vor allem: Wir haben alle das gleiche Ziel! Das Lieblingsbier der Berliner zu werden! Dafür geben wir Vollgas. Das motiviert ungemein. Abgesehen davon macht es Spaß, sich in einer männerdominierten Branche zu behaupten. Solche Herausforderungen habe ich schon immer gern angenommen!

Haben es denn Frauen hier schwerer?
Kommt darauf an, wen man fragt. Wenn du mich fragst: geht so. Sicherlich kommt es sehr stark darauf an, in welchem Bereich der Branche du arbeitest. Wir haben bei uns im Team eine Frau, die mit ausliefert. Das ist sehr ungewöhnlich, da kommt auch mal ein dummer Spruch. Unsere liebe Kollegin ist aber mega tough und steckt jeden Kerl in die Tasche. Im Braualltag ist das sicherlich ähnlich. Auch hier hatten wir eine Frau als Head Brewerin, die sich wahnsinnig gut geschlagen hat! In meinem Bereich habe ich häufig festgestellt, dass man im ersten Moment vielleicht von den männlichen Kollegen unterschätzt wird, sobald die aber merken, dass man seine Sachen drauf hat, bekommt man sehr viel Wertschätzung und Respekt. Am Ende macht es das dann fast ein bisschen leichter. Es ist wichtig und notwendig, dass mehr Frauen in der Branche aktiv werden. Ich glaube aber auch, dass die Branche sich ob ihres Nachholbedarfs im Bereich Gleichberechtigung bewusst ist und dem offen gegenübersteht.

 

Die Autorin
Regine Marxen gehört zu den umtriebigen Frauen in der Bierbranche. Die freie Journalistin und Beerkeeperin schreibt nicht nur über Bier, sie spricht auch darüber: Die Hamburgerin ist einer der beiden Co-Founder des Interview-Bierpodcasts HHopcast, der seit 2017 Brauer, Bierverlage und Bierfans zu Wort kommen lässt.
www.hhopcast.de

 

 

Foto: Andrea Lang