Ausgabe 06/2022

Erhältlich ab 14.9.2022: Die Seckinger-Brüder im Portrait // Neuseeland und Australien // Trendgetränk Whisky und weitere Themen
Ausgabe 06/2022

Themen der Ausgabe

Jeden Tag eine gute Tarte

Kunterbunt und superlecker: unsere vegetarische Spiral-Gemüsequiche. Passend zu den sich einstellenden Herbstgefühlen präsentieren wir ein Wohlfühlrezept aus Mürbeteig, Petersilienwurzel, Möhren, Zucchini und Ei. Sommelier Gerhard Retter empfiehlt dazu einen maischevergorenen Silvaner aus dem fränkischen Hause Horst Sauer. » Zu Rezept und Weintipp

Hoch hinaus

Australien und Neuseeland haben schon lange deutlich mehr zu bieten als pummelige Shiraz und primärfruchtdominierte Sauvignon Blancs. In den Höhenlagen der beiden Länder untersuchte unser Autor Christoph Raffelt die Rebsorten Chardonnay und Pinot Noir, deren Kultivierungsgeschichten und Entwicklung. » Zum Artikel

Die drei Musketiere

Undogmatisch und trotzdem traditionsbewusst, innovativ und geerdet. Jonas, Philipp und Lukas Seckinger gehen in der Pfalz kompromisslos ihren Weg und sind damit zu Repräsentanten einer zukunftsweisenden jungen Bewegung geworden. Das bedeutet: den Weinen Zeit geben, keine Zusätze, nachhaltige Weinbergsarbeit.

Hunger auf Spanien

Die spanische Ess- und Trinkkultur kann deutlich mehr als Paella und Sangria – das wissen inzwischen die meisten. Exzellente spanische Küche in Deutschland zu finden, erweist sich trotzdem als gar nicht so einfach. Zusammen mit der ICEX und der Zertifizierung Restaurants From Spain stellen wir die neun ausgezeichneten Restaurants vor, für die Authentizität und Qualität Maxime der Gastronomie-Philosophie darstellen. » Zum Artikel

Nicht nur Whisky

Schottland steht in erster Linie für seine weltbekannten Hochprozentigen und man will an diesem Thema auch gar nicht vorbeikommen, wenn man schon zu Besuch ist. Dennoch hat das Land mehr zu bieten: Cider steht im Trend, die moderne und lokale Gastronomie wächst und die ikonischen Landschaften sprechen für sich selbst.

Wir Weinliebhaber werden oft nach denkwürdigen Weinmomenten gefragt, nach Weinen, die uns besonders berührt haben. Da kommt für mich unweigerlich das Thema Zeit ins Spiel und ich nehme das zum Anlass, mal wieder ein Plädoyer für gereifte Weine zu halten.

Neulich durfte ich gemeinsam mit internationalen Weinexperten an einem Tasting der Cantina Terlan in Südtirol teilnehmen. Für die Terlaner spielt das Thema Zeit seit vielen Jahren eine große Rolle. Seit 1979 werden für ihre Sonderedition Terlaner Rarität die besten Jahrgänge für zehn bis 30 Jahre auf der Feinhefe gereift, bevor sie abgefüllt werden.

Zunächst lagern die Weine für 12 Monate in großen Holzfässern, bevor sie für mindestens ein Jahrzehnt auf die Feinhefe kommen. Derzeit ruhen 18 Jahrgänge in den liegenden Stahltanks im Keller und warten auf das perfekte Timing zur Abfüllung. Das erfordert Geduld. Wenn der Oenologe dann den richtigen Zeitpunkt definiert, werden die Weine abgefüllt und reifen weitere vier bis fünf Jahre auf der Flasche. Klar, dass es von dieser besonderen Rarität nur eine begrenzte Stückzahl gibt. Wer davon probieren darf, kann sich glücklich schätzen. Der Wein hat es definitiv in sich. Wir durften die Jahrgänge 2008, 1991 und aus der Schatzkammer die Terlaner, die übrigens traditionell aus den Rebsorten Weißburgunder, Chardonnay und Sauvignon Blanc vinifiziert werden, aus den Jahrgängen 1971, 1966 und 1955 verkosten. Was für eine unglaubliche Frische, Vielschichtigkeit, Vitalität, Salzigkeit und Komplexität da im Glas strahlte – das erlebt man nur selten. Und – wenn man den Jahrgang 1955 separat betrachtet – wird einem plötzlich bewusst, dass über die Jahrzehnte drei Kellermeister über den Wein gewacht haben. Das zum Thema Zeit. Und man lernt, dem Wein im Allgemeinen mit mehr Ehrfurcht zu begegnen. Wein ist nie ein schnelllebiges Produkt, sondern eins, das auf Langfristigkeit angelegt ist.

Einen gereiften Wein zu öffnen ist immer spannend, quasi eine Abenteuerreise in die Vergangenheit. Und Vertikalproben sind immer auch lehrreich. Nirgendwo sonst hat man die Möglichkeit, den individuellen Fingerabdruck einer Lage, Jahrgangsschwankungen und das Können des Winzers so deutlich zu sehen wie bei einer Vertikale. Trinkreife lässt sich nicht mathematisch berechnen, sie variiert von Wein zu Wein und manche Weine brauchen Jahre, um ihre Komplexität voll zu entfalten.

Auch wenn Projekte wie solche der Cantina Terlan selten sind, lernt man von diesen Tastings vor allem eins – Demut. Und Respekt vor der Arbeit des Winzers. Viele Weine, die eigentlich etwas Reife vertragen könnten, werden viel zu jung getrunken. Deshalb meine Bitte an Sie: Geben Sie den Weinen Zeit zum Reifen, denn wirklich große Weine erkennt man oft erst Jahrzehnte später. Und dann erlebt man auch einen solchen Weinmoment, den man so schnell nicht mehr vergisst.

Ilka Lindemann, Chefredakteurin [email protected]