Apfel, Birne, Kirsche, Rhabarber oder Moltebeere, schäumend, fortifiziert oder aus dem Barrique: Die Szene für Obstwein sprüht vor Kreativität und Dynamik. Wir haben für »Ausgabe 05/2022 von MEININGERS WEINWELT mit 130 Proben gecheckt, was alles geht und wo die Messlatte liegt.
Text: Christoph Nicklas
Deutschland, Dänemark, Estland, Finnland, Frankreich, Italien, Lettland, Luxemburg, Norwegen, Österreich, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechien und die USA: Noch nie war das Teilnehmerfeld der Erzeugerländer bei einer redaktionellen Verkostung so bunt wie beim Thema Obstwein. Diese Vielseitigkeit zog sich auch im Glas durch. Von kristallinen, reintönigen fast „nur“ nach der jeweiligen Frucht schmeckenden Weinen über im Holz ausgebaute oder oxidative Spezialitäten und aromatisierte Obstweine bis zu – und das darf man nicht verschweigen – teilweise sehr rustikalen oder sogar fehlerhaften Produkten. Speziell flüchtige Säuren (in Form von Essigsäure, stark nach Balsamico duftend) und Ethylacetat (Uhu und Lack), teilweise auch störend laktische Diacetylnoten tauchten bei zehn Prozent aller Proben auf. Zahlenmäßig am stärksten vertreten war die Kategorie mit der längsten Tradition: sehr trockene schäumende Weine aus Apfel oder Birne (Cidre/Cider/Sidra oder im Fall von Birnen als Perry oder Poiré bezeichnet).
Highlights waren hier die komplexen Apfel- und Birnen-Schäumer von Éric Bordelet, die etwas wilderen Vertreter von Jacques Perritaz und die neuen Sparklings von Niko Brandner. Die für uns bisher kaum bekannten Top-Überraschungen: Cidrerie de Reillon und Andreas Schneiders Obsthof am Steinberg. Mehr als probierenswert sind auch diverse Beerenweine aus skandinavischen und deutschen Gefilden, wobei es hier wesentlich süßer zugeht. Viel Spaß mit unseren Tipps zur sensorischen Horizonterweiterung jenseits des vergorenen Traubensaftes!
