Weinernte 2021 (Foto: iStock.com/ItalianFoodProduction)
Weinernte 2021 (Foto: iStock.com/ItalianFoodProduction)

Spannend bis zum Schluss

2021, EIN WEINJAHR VOLLER HÖHEN UND TIEFEN. Belohnt wurde die harte Arbeit der Winzer schließlich mit goldenen Herbsttagen und gesunden, aromatischen Trauben bei der Weinernte. Wir sind schon jetzt gespannt, wie sich dieser ganz besondere Jahrgang im Glas präsentieren wird … 

Text: Sophia Langhäuser

Verwöhnt von den warmen Temperaturen der letzten Jahre, hatte das Jahr 2021 ganz andere Pläne: Angefangen bei Frost im Frühjahr, über Hagel und Starkregen im Sommer bis hin zum Pilz- und Schädlingsbefall im Herbst, blicken wir zurück auf ein Jahr voller Ungewissheiten.

Laut der Internationalen Organisation für Rebe und Wein (OIV) verzeichnete die EU 2021 einen Ernterückgang von 13 Prozent. Die gesamte Erntemenge Deutschlands lag dagegen mit 8,8 Millionen Hektolitern zwar drei Prozent über dem Ertrag des vergangenen Jahres, jedoch immer noch leicht unter dem langjährigen Durchschnitt.

„Es war ein aufregendes Jahr“, so könnte man die Aussagen einiger Jungwinzer der „Jungen Pfalz“ gegenüber dem Pfalzwein e.V. sehr passend zusammenfassen. Dass daraus spannende Weine entstehen werden – vorprogrammiert!
Berichten des Deutschen Weininstituts (DWI) zufolge verzögerte sich die Reifeentwicklung der Trauben um gut zwei Wochen im Vergleich zum zehnjährigen Durchschnitt. Resultierend aus dem späten Austrieb der Reben verschoben sich die Blüte und damit auch der Erntebeginn in der Pfalz weit nach hinten, so dass die Hauptweinernte häufig erst Mitte bis Ende September starten konnte. In den vergangenen 20 Jahren hatte die Lese nur einmal, nämlich im Jahr 2013, später begonnen.

Eine Methode im Kampf gegen die Kälte: die Frostschutzberegnung; Foto: Aurélien Ibanez/stock.adobe.com
Eine Methode im Kampf gegen die Kälte: die Frostschutzberegnung; Foto: Aurélien Ibanez/stock.adobe.com

So galt es in diesem Jahr noch einmal mehr als sonst, Können und Geschick in Keller und Weinberg unter Beweis zu stellen. Diese Meinung vertritt auch Prof. Dr. Ulrich Fischer, Abteilungsleiter für Weinbau und Oenologie am DLR Rheinpfalz: „Der Jahrgang 2021 war für die Winzer ein kompliziertes Jahr, geprägt von kühlen Temperaturen und viel Nässe wurden sie vor viele Herausforderungen gestellt, vor allem was den Pflanzenschutz angeht.“ Der gebietsweise starke Regen im Sommer verwandelte die Weinberge nicht selten in unbefahrbare Schlammbecken, was die Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln mit dem Traktor häufig unmöglich machte. Pilz und Schädlingsbefall waren das Resultat.

Die verzögerte Vegetationsperiode sorgte andererseits auch für eine verlängerte Reifephase der Trauben, so konnten diese beispielsweise vermehrt wertgebende Aromastoffe bilden. Zusätzlich resultierten hohe Säurewerte und teils niedrige Mostgewichte aus der von kühlen Temperaturen geprägten Reifephase. Während in den vergangenen Jahren das Thema Säuerung meist zur Standardprozedur im Keller gehörte, standen 2021 Entsäuerung und Anreicherung häufig mit auf dem Tagesplan. Als zweitgrößtes Weinanbaugebiet Deutschlands, nach Rheinhessen, konnte die Pfalz bis zum Ende der Ernte Erträge von 2,23 Millionen Hektolitern einfahren und lag damit leicht über dem zehnjährigen Durchschnitt.

Bei ähnlichen Bedingungen fiel die Weinernte mit 2,59 Millionen Hektolitern im angrenzenden Weinanbaugebiet Rheinhessen noch etwas größer aus. Resultierend aus kühlen Temperaturen im Sommer und unverhofft warmen Herbsttagen vor der Ernte, werden dort besonders fruchtige und schlanke Weine mit einer natürlichen Säure erwartet.

FROST UND STARKREGEN PRÄGEN DAS WEINJAHR 2021

Auch die badischen Winzer waren von Spätfrost und einem nassen Frühling betroffen, das ging sogar so weit, dass es regional zu Ernteausfällen aufgrund von Frostschäden von bis zu 40 Prozent kam. Gleichzeitig erschwerte der regenreiche Sommer auch hier das Ausbringen von Pflanzenschutzmitteln. Nicht selten kam es in nicht ausreichend geschützten Anlagen zu vermehrtem Pilzbefall und Fäulnis. Besonders Bio-Winzer stellte dies vor eine große Herausforderung in puncto Traubengesundheit.

Neben unbeständiger Wetterverhältnisse hatte jedoch keiner mit der Flutkatastrophe im Juli gerechnet. Durch die Überschwemmung an der Ahr verloren zahlreiche Winzer ihre Wohnhäuser, Produktionsstätten und einen Teil ihrer Weinfläche. Es wurde zum Kraftakt der gesamten Weinwelt, die Menschen an der Ahr zu unterstützen und gemeinsam für den Wiederaufbau zu sorgen. Unternehmen aus ganz Deutschland stellten Maschinen für Weinberg und Keller zur Verfügung und dank vieler helfender Hände gelang es den Winzern, die Trauben aus den noch intakten Anlagen zu ernten. „85 Prozent der Ernte können direkt hier an der Ahr verarbeitet werden“, so Weinbaupräsident Hubert Pauly. Dass die Ernte 2021 überhaupt stattfinden konnte, hatte kaum ein Winzer an der Ahr zu glauben gewagt, dass es dann doch noch geklappt hat, sorgt für Hoffnung. Gemeinsam werden sie das zerstörte Tal wiederaufbauen und den Weinbau an der Ahr weiterführen …

Geringere Erträge, vergleichsweise zum Jahr 2021, verzeichneten laut Angaben des DWI die Anbaugebiete Baden mit einem Rückgang von elf Prozent, die Nahe mit einem Verlust von zehn Prozent sowie die Hessische Bergstraße mit einem Minus von acht Prozent, dicht gefolgt von der Mosel (- 6 %), dem Rheingau (- 4 %) und der Pfalz (- 3 %). Die Regionen Franken (+ 79 %), der Mittelrhein (+ 35 %), Württemberg (+ 34 %), Saale-Unstrut (+ 27 %), die Ahr (+ 24 %), Sachsen (+ 5 %) und Rheinhessen (+ 1 %) berichteten dagegen von einer größeren Erntemenge im Vergleich zum vergangenen Jahr. Gegenüber dem zehnjährigen Mittel konnten der Mittelrhein (+ 30 %), Franken (+ 12 %), die Mosel (+ 5 %), die Hessische Bergstraße (+ 5 %), Rheinhessen (+ 4 %), der Rheingau (+ 3 %) und die Ahr (+ 2 %) sowie Württemberg (+ 1 %) und die Pfalz (+ 1 %) von einem Anstieg der Erntemenge berichten. Geringere Erträge im Vergleich zum zehnjährigen Mittel verzeichneten lediglich Baden (- 20 %), Saale-Unstrut (- 15 %), die Nahe (- 19 %) und Sachsen (- 2 %).

Voller Aroma: Die Trauben 2021 profitierten von der langen Reifephase; Foto: pawle/stock.adobe.com
Voller Aroma: Die Trauben 2021 profitierten von der langen Reifephase; Foto: pawle/stock.adobe.com

EUROPA VERZEICHNET ALLGEMEINEN ERNTERÜCKGANG

Ein Blick über die deutschen Grenzen hinweg zeigt, dass die Winzer auch dort mit den diesjährigen Wetterverhältnissen zu kämpfen hatten: Schon zu Beginn des Jahres zerstörte eine Frostperiode etwa ein Drittel der französischen Weinernte. Da es im Frühjahr zunächst schnell sehr warm geworden war und die Reben rasch anfingen auszutreiben, traf der Frost vor allem die noch jungen, empfindlichen Triebe. Häufig setzten die Winzer im Weinberg platzierte Fackeln zum Schutz gegen die Kälte ein. Auch die sogenannte Frostschutzberegnung wurde vielerorts angewandt (dabei handelt es sich um eine Methode, bei der Wasser in Form von Sprühregen auf die Reben appliziert wird, dieses gefriert rund um den Trieb herum und schützt ihn durch die entstehende Erstarrungswärme vor den eisigen Temperaturen). Besonders stark betroffen, trotz zahlreicher Frostschutzmaßnahmen, waren die Regionen Burgund und Bordeaux, die Provence, das Rhône-Tal und auch das südlicher gelegene Anbaugebiet Languedoc. Entgegen der Hoffnung der Winzer zeigte sich auch der französische Sommer nicht von seiner besten Seite. Niedrige Temperaturen und Regen standen häufig auf der Tagesordnung und sorgten für erhöhten Pilzbefall im Weinberg. Insgesamt verzeichnete Frankreich eine mengenmäßig historisch schlechte Weinlese – mit geschätzten 34,2 Millionen Hektolitern lag die Ernte weit unter dem Mittel der letzten Jahre. Die Qualität der Trauben sowie das Süße-Säure- Verhältnis wurde hingegen von den französischen Winzern als sehr gut bewertet, man erwartet auch hier besonders fruchtige und leichte Weine. Verbraucher haben nun jedoch aufgrund der reduzierten Weinmenge mit steigenden Preisen auf dem französischen Weinmarkt zu rechnen.

Italiens Weinregionen hatten dagegen unter starken Stürmen und Hagel im Sommer zu leiden. „Angesichts der wiederholten außergewöhnlichen klimatischen Ereignisse in diesem Jahr rechneten wir mit einem Rückgang zwischen neun Prozent und zehn Prozent und dieser hat sich bestätigt“, erklärte der Vorsitzende des italienischen Verbandes der Oenologen (Assoenologi), Riccardo Cotarella. Neben der verringerten Erntemenge wurde auch die Qualität der Trauben stark beeinflusst. Laut Copa und Cogeca (der vereinten Stimme der Landwirtinnen und Landwirte sowie der landwirtschaftlichen Genossenschaften in der EU) waren vom Frost vor allem Regionen im Zentrum sowie im Norden Italiens stark betroffen. So verzeichnete die Toskana einen mengenmäßigen Ernterückgang von 25 Prozent und die Lombardei eine 20 Prozent niedrigere Ernte als im letzten Jahr. Ganz anders verlief das Jahr im Süden Italiens: Hitze und Trockenheit sorgten dafür, dass die Ernte zwei Wochen früher als 2020 begann, auf Sizilien konnten sich die Winzer zudem über neun Prozent mehr Trauben als im Vorjahr freuen.

TROTZ ALLEM: EINE ERFOLGREICHE WEINERNTE

Die Winzer Südtirols können auf eine gelungene Weinernte, gerade im Weißweinbereich, zurückblicken. Da die Reben aufgrund der verzögerten Vegetationsperiode etwas später als gewohnt austrieben, konnte der Frost dort kaum Schäden anrichten. Die Südtiroler Weinwirtschaft beschreibt den Jahrgang als konzentriert, komplex und anspruchsvoll. Mit einem Minus von fünf bis zwanzig Prozent (je nach Region) aufgrund erhöhter Niederschlagsmengen, lag das Erntevolumen nur leicht unter dem jährlichen Durchschnitt.

Im Weinberg platzierte Fackeln dienen dem Schutz vor Frostschäden; Foto: Aurélien Ibanez/stock.adobe.com
Im Weinberg platzierte Fackeln dienen dem Schutz vor Frostschäden; Foto: Aurélien Ibanez/stock.adobe.com

Auch Österreich konnte in diesem Jahr eine mengenmäßig im Durchschnitt liegende Weinernte von 2,3 Millionen Hektolitern einfahren. Austrieb und Blüte fanden zwar ähnlich wie in Deutschland verspätet statt, jedoch sorgte ein feuchter und heißer Sommer für gute Reifebedingungen, wodurch die Trauben in einem ähnlichen Zeitraum wie im letzten Jahr geerntet werden konnten. Tiefere Temperaturen in den Abendstunden und Nächten gegen Ende des Sommers begünstigten zudem ein ausgewogenes Zucker- und Säureverhältnis in den Beeren.

Spaniens Winzer verzeichneten ebenfalls, mit 35 Millionen Hektolitern, eine geringere Ernte als im letzten Jahr, als rund 46,5 Millionen Hektoliter gelesen wurden. Schon zu Beginn des Jahres hatte es die spanische Weinbauregion Kastilien mit einem starken Schneesturm zu tun. Zusätzlich sorgten Trockenheit und Hagel im Sommer für einen Ernterückgang. Da die Qualität der Trauben allerdings in den meisten Fällen nicht beeinflusst wurde, konnten die spanischen Winzer schließlich innerhalb einer sehr kurzen Weinlese eine erfolgreiche, wenn auch kleine Ernte mit großem Potenzial einfahren. Portugal berichtete allen voran von einem leichten Anstieg im Vergleich zum Vorjahr mit einer Erntemenge von 6,5 Millionen Hektolitern. Während es in einigen Teilen des Landes zwar zu leichten Ernterückgängen kam, konnten diese durch ansteigende Erträge in Regionen wie dem Douro, Porto und Terras de Cister wieder ausgeglichen werden.

Das Weinland Kalifornien konnte mit einer mengenmäßig nur leicht reduzierten Ernte von sehr guter Qualität zufrieden sein. Dabei sank die Menge des Lesegutes in diesem Jahr von einem Durchschnittswert von vier Millionen auf 3,6 Millionen Tonnen Trauben. Die geringeren Erträge waren gebietsweise auf einen starken Wassermangel zurückzuführen. Dieser stellte die kalifornischen Winzer nicht selten vor schwerwiegende Entscheidungen, denn häufig konnte nur ein Teil der Weinbergsfläche mit dem verfügbaren Wasser versorgt werden.

2021, ein herausfordernder Jahrgang für die Winzer weltweit. Geprägt von zahlreichen Wetterextremen wird er in die Geschichte des Weinbaus eingehen.


»Wie die Weinernte im Jahr 2021 außerdem in Südafrika, Australien und Co. verlief, lesen Sie in »Ausgabe 2/22 von MEININGERS WEINWELT. 

Harte Arbeit wird belohnt: dann werden gesunde Trauben geerntet; Foto: Lafoudre/stock.adobe.com
Harte Arbeit wird belohnt: dann werden gesunde Trauben geerntet; Foto: Lafoudre/stock.adobe.com

Ausgabe 03/2024

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