Ausgabe 03/2021

Cover Meiningers Sommelier

Themen der Ausgabe

Fernbeziehung

Johannes Schellhorn und der Seehof in Goldegg

Weißes Burgund

Bezahlbarer Nachschub für die Weinkarten

Panorama

Ruwer – das leise Seitental der Mosel

Profile

Kreative Ideen – Tante Fichte in Berlin

Kuhhörner überall

Ganz schön viel Biodynamie. Das war der Gedanke, als Christoph Nicklas und ich am Ende die (fast) druckfertige Ausgabe durchblätterten, um letzte Schönheitskorrekturen vorzunehmen. Absicht? Fehlanzeige. Zufall? Wohl ebensowenig. Eher eine Art Automatismus, wenn man versucht, das Magazin mit spannenden und für Sommeliers relevanten Themen zu füllen. Für die erste große Panorama-Strecke in dieser Ausgabe machte sich André Dominé auf den Weg ins Mâconnais. Schließlich bietet der Ritterschlag für Pouilly-Fuissé mit Einführung der Premier Crus einen guten Grund, sich wieder einmal genauer im Süden von Burgund umzusehen. Die herausragenden Betriebe, auf die er dort stieß, arbeiten mehrheitlich biodynamisch.

Die Pairing-Story dieser Ausgabe war Anlass für einen Abstecher nach Goldegg am See, ins Reich der Familie Schellhorn. Dort vollzieht sich gerade ein Generationswechsel. Die Weinkarte hat Johannes Schellhorn aufgebaut und er pflegt und entwickelt sie von Berlin aus weiter. Die digitale Zeit macht‘s möglich. Biologisch oder biodynamisch erzeugte Weine werden auf der Karte nicht mehr deklariert, weil „ohnehin fast alle Weine, die wir führen, so erzeugt werden“, merkt Johannes Schellhorn lapidar an. Für seine Sommelier-Generation quasi eine Selbstverständlichkeit.

Die Idee zur Verkostung weißer Burgunder hat mit den Folgen des Klimawandels zu tun. Profitieren die kühleren Rand-Appellationen wie Auxey-Duresses, Pernard-Vergelesses oder die Hautes-Côtes? Qualitativ eindeutig ja. Dennoch haben beim Blick auf die Top Zehn die klassischen Appellationen noch immer die Nase vorne. Allerdings stammt auch hier die Mehrheit der Weine aus biologischorganischer oder -dynamischer Bewirtschaftung. Gewinnen die Weine dadurch auch in warmen Jahren wie 2018 an Frische und Spannung?

Einer ähnlichen Hypothese wollten wir bei der Verkostung von Bioweinen aus Bordeaux nachgehen. Dort ist in den letzten drei Dekaden die Merlot-Fläche explodiert, weil Weinkritiker und Händler die geschmeidigen Jungweine beharrlich besser bewerteten als die kantigeren Cabernet-Cuvées. Diese Herren nähern sich (mit wenigen Ausnahmen) dem Rentenalter. Die Sommeliers, die heute die Weinkarten gestalten, sind ein bis zwei Generationen jünger und haben einen gänzlich anderen Geschmack. Weniger Alkohol ist mehr und ein Mehr an Frische ist auch von Vorteil. Kann biologische oder biodynamische Bewirtschaftung den Merlot-Effekt kompensieren?