Chefredakteur Pierre Pfeiffer
Chefredakteur Pierre Pfeiffer

Es geht um viel mehr

Dass der Streit zwischen Lidl und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) neu entflammt ist, nachdem der Discounter mit seiner „ökologischen (PET-) Kreislaufflasche medial eine umfangreiche Kampagne gestartet hat, war abzusehen.

Viel relevanter ist der Auslöser der Auseinandersetzung. Nachdem die Europäische Kommission im Februar dieses Jahres den deutschen Bundesrat mit einem 176 Seiten starken „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Verpackungen und Verpackungsabfälle“ unterrichtete, dauerte es eine Weile, bis die Branche realisierte, was da auf sie zukommt. In dem Dokument schlägt das EU-Parlament vor, dass der komplette Einzelhandel, einschließlich der Discounter, dazu verpflichtet werden soll, ab 2030 eine Mehrwegquote bei Getränken von mindestens 10 Prozent, ab 2040 von mindestens 25 Prozent einzuführen. Dass ausgerechnet Lidl sein über die Jahre mit Millionen Aufwand installiertes PET-Kreislauf- und Recyclesystem bedroht sieht und es in aller Öffentlichkeit verteidigt, war erwartbar. Auch dass die DUH als Kopf der Mehrweg-Allianz für das Mehrwegsystem eintritt, war absehbar. Die ewig währende Frage, ob das bepfandete DPG-Einwegsystem oder die verschiedenen poolgesteuerten Mehrwegsysteme ökologischer sind, können bis heute diverse Studien aufgrund von lückenhaften Daten kaum belegen.

Beide Systeme funktionieren mit einer erfreulich hohen Rücklaufquote. Innerhalb der Getränkebranche herrscht darüber längst Konsens. Hierbei geht es um viel mehr. Nämlich darum, ob die Branche ihre gut funktionierenden Mehrwegsysteme auch künftig weiter betreiben können. Derzeit liegt der Anteil der Mehrwegquote über alle Getränkekategorien (außer Spirituosen und Wein) bei 41,2 Prozent. Die vorgeschlagene EU-Mehrwegquote von 10 bzw. 25 Prozent würde das deutsche Mehrwegsystem konterkarieren. Und welche Dimension dahinter steckt, wenn Hard-Discounter wie Lidl oder Aldi bei Mehrweg in den Preiseinstieg gehen, lässt ebenso nichts Gutes erahnen. Wir haben in unserer Titelgeschichte und in unserem „Kreisläufe-Spezial“ verschiedene Szenarien durchgespielt.

GZ 09/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Gleisanschluss

Industrie und Getränkefachgroßhandel nehmen die Schiene ins Visier. Dekarbonisierung und Personalmangel drängen zum Umdenken. 56 Organisationen haben zu Beginn des Jahres die „Charta für die Schiene“ unterschrieben. Die Zeit drängt, denn der Gesetzgeber verlangt bis 2030 eine CO2-Reduktion von 40 Prozent gegenüber 2018. Die Crux: eine marode Bahn.

Aktuelles Interview: Maximilian Huesch

Maximilian Huesch ist Logistikexperte, Beirat und geschäftsführender Partner bei Huesch & Partner. Im Interview mit der GZ macht der Profi deutlich, vor welchen Herausforderungen die Branche steht, den Verkehr aufzugleisen.

Gastkommentar: Marcus Vollmers

Marcus Vollmers ist Geschäftsführer der Get N GmbH & Co. KG in Langenhagen, einem bundesweiten Zusammenschluss regional marktführender Getränke-Fachgroßhandelsunternehmen. Im Gastkommentar erklärt der Geschäftsführer, welche Vorteile eine stärkere Nutzung des Schienenverkehrs in Bezug auf Nachhaltigkeit und Bewältigung des Fachkräftemangels bieten.