Der deutsche Getränkeeinzelhandel erzielt nun mehrere Jahre infolge neue Umsatzrekorde, wofür es viele Gründe gibt. (Logo: VDGE)
Der deutsche Getränkeeinzelhandel erzielt nun mehrere Jahre infolge neue Umsatzrekorde, wofür es viele Gründe gibt. (Logo: VDGE)

Getränkeeinzelhandel meldet Umsatzrekord für 2020

Die dem Verband des Deutschen Getränke-Einzelhandels (VDGE) angeschlossenen 25 operativ tätigen Mitgliedsunternehmen haben das Jahr 2020 eigenen Angaben zufolge mit ihren rund 2.350 Getränkefachmärkten überaus erfolgreich gemeistert. Unter dem Strich haben man mit einem Gesamtumsatz in Höhe 2,550 Milliarden Euro gegenüber dem bereits sehr guten Vorjahr um 17,7 Prozent zulegen können, was zugleich auch ein neues Umsatz-Allzeithoch bedeute. On top sei noch die 6-monatige Umsatzsteuerreduzierung um 3 Prozent-Punkte im 2. Halbjahr zu berücksichtigen.

Coronakrise als Wachstumstreiber

Laut Verbandsvorstand Andreas Vogel ließen sich diese erfreulichen Zuwächse neben den guten Witterungsbedingungen im zweitwärmsten Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen auch mit der weiter anziehenden Nachfrage nach ökologisch vorteilhaften Glasgebinden begründen. Diese, dem Trend zur Nachhaltigkeit folgende Entwicklung, sei auch durch die Ergebnisse einer gezielten Mitgliederumfrage bestätigt worden, wonach Mineralwässer im Mehrweg-Glasgebinde im ersten Halbjahr 2020 ein überproportionales Umsatzwachstum hätten verzeichnen können. Als wichtigsten Treiber des Getränkefachmarkt-Booms 2020 bezeichnet Vogel aber die Corona-Krise mit ihren ganz spezifischen Auswirkungen auf die Konsumgewohnheiten der Verbraucher, die so gut wie allen FMCG-Handelsformaten quasi automatisch Auftrieb verschafft hätte. Dabei hätten gemäß IRI-Handelstelegramm die Getränkefachmärkte das Pandemiejahr als zweitbeste Vertriebsschiene des Handels mit + 10,7 Prozent zum Vorjahr abgeschlossen. Nur die Verbrauchermärkte > 800 qm hätten noch besser abgeschnitten.

Unterschiedliche Wachstumszahlen der Marktforschungen

Diese erfreuliche Entwicklung spiegele sich auch in der erweiterten statistischen Umfeld-Betrachtung des Jahres 2020 eindrucksvoll wider, meldet der VDGE. So konstatiere das NielsenIQ-Handelspanel für die Getränkefachmärkte ein Umsatzplus zum Vorjahr von 10,4 Prozent und die Ergebnisse des Haushaltspanels der GfK fallen für die letzten 12 Monate sogar noch positiver aus: Demnach lägen die filialisierten Getränkefachmärkte bei einem stattlichen Plus von 28,7 Prozent im sogenannten Kaltgetränke-Segment und selbst die nicht filialisierten Getränkefachmärkte konnten gemäß GfK  mit + 8,2 Prozent erneut zulegen, was zu einem kumulierten Zuwachs von 19,4 Prozent zum Vergleichsjahr 2019 für den Bereich „GAM gesamt“ geführt hätte. Alexander Schwarz, Director GfK Consumer Panels & Services, sieht diesbezüglich auch die Pandemie als einen wichtigen Treiber der positiven Entwicklung und hebt bei der genaueren Betrachtung der überdurchschnittlichen Performance des Fachhandels folgende Ergebnisse hervor: „Fakt ist, dass dieser Kanal im Jahr 2020 von mehr Haushalten aufgesucht wurde, diese Shopper die Outlets zudem noch etwas frequenter aufgesucht und in Kombination mit höheren Bons damit zu einer sehr dynamischen Entwicklung der filialisierten Getränkefachhändler beigetragen haben.“ Die doch recht große Differenz der Jahreswerte von IRI und Nielsen IQ auf der einen sowie der GfK auf der anderen Seite erklärt er dabei wie folgt: „In Zeiten von Corona haben wir gerade während der Lockdown-Phasen festgestellt, dass sich unsere Zahlen generell positiver entwickelt haben als die Handelspanel-Zahlen von IRI und Nielsen. Demnach hat die starke Verlagerung des Konsums in den privaten Bereich durch die gestiegenen Ausgaben der privaten Verbraucher für den Inhome-Konsum unsere Zahlen überdurchschnittlich positiv beeinflusst, während die in den Handelspanel-Zahlen mit abgedeckten negativen Entwicklungen (Umsatzrückgang in den Bereichen gewerbliche Einkäufe/At Work, Eventausstattung/Vereinsaktivitäten, Einkaufs-Tourismus etc.) hier nicht zum Tragen gekommen sind. Die sehr positive GFM-Entwicklung des Consumer-Panels ist damit als deutliche Veränderung des Inhome-Konsumverhaltens der privaten Verbraucher im letzten Jahr zu interpretieren.“

Andreas Heim, Senior Analytic Consultant bei NielsenIQ, weist in Bezug auf das skizzierte Delta zu den GfK-Daten bestätigend darauf hin, dass die Handelspanel-Daten seitens IRI und Nielsen IQ im Unterschied zum Haushaltspanel der GfK (eingescannte Einkäufe) die über die Scanner-Kassen gelaufenen Umsätze heranziehen würden. Zudem lasse man bei NielsenIQ auch gezielt sogenannte Auditdaten aus Geschäften mit einfließen, die keine Scanner-Kassen haben oder solche Daten nicht kommunizieren wollen. Somit decke das Nielsen GAM Universum alle Getränkefachmärkte in Deutschland ab, egal welcher Größe. Last but not least vergleiche man im Hause Nielsen auch immer jeweils 52 Wochen, obwohl manche Jahre – wie z. B. 2020 – durchaus einmal 53 aufweisen würden. 

Getränkefachmärkte erleben einen anhaltenden Boom

„Unabhängig davon, welches exakte Umsatzplus dem Getränkeeinzelhandel im Pandemiejahr 2020 nun tatsächlich zuzuschreiben ist, bleibt insgesamt festzuhalten, dass die Getränkefachmärkte aktuell einen anhaltenden Boom erleben, dessen Gründe wir im Rahmen einer vom VDGE initiierten Studie
‚Markenstatuserhebung Getränkefachmärkte 2020‘ mit der Marken-Agentur ‚K & A Brand Research AG‘ gezielt herausarbeiten wollten“, erläutert Vogel. Die Ergebnisse seien den eigenen Mitgliedsunternehmen zwischenzeitlich im Rahmen zweier Videokonferenzen vorgestellt worden und seien mit großem Interesse aufgenommen worden. Details zu den Studienergebnissen werden demnächst auch an die Fachpresse kommuniziert. Weiterführende interne Workshops zur nachhaltigen Stärkung des Images der einzelnen Mitgliedsunternehmen sind laut Verbandsangaben in Planung. //pip

GZ 09/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Gleisanschluss

Industrie und Getränkefachgroßhandel nehmen die Schiene ins Visier. Dekarbonisierung und Personalmangel drängen zum Umdenken. 56 Organisationen haben zu Beginn des Jahres die „Charta für die Schiene“ unterschrieben. Die Zeit drängt, denn der Gesetzgeber verlangt bis 2030 eine CO2-Reduktion von 40 Prozent gegenüber 2018. Die Crux: eine marode Bahn.

Aktuelles Interview: Maximilian Huesch

Maximilian Huesch ist Logistikexperte, Beirat und geschäftsführender Partner bei Huesch & Partner. Im Interview mit der GZ macht der Profi deutlich, vor welchen Herausforderungen die Branche steht, den Verkehr aufzugleisen.

Gastkommentar: Marcus Vollmers

Marcus Vollmers ist Geschäftsführer der Get N GmbH & Co. KG in Langenhagen, einem bundesweiten Zusammenschluss regional marktführender Getränke-Fachgroßhandelsunternehmen. Im Gastkommentar erklärt der Geschäftsführer, welche Vorteile eine stärkere Nutzung des Schienenverkehrs in Bezug auf Nachhaltigkeit und Bewältigung des Fachkräftemangels bieten.