Bunte Tacos sind einer der kommenden Foodtrends, die Andrew Fordyce für die Gastro prognostiziert (Foto: Food Trend Tours)
Bunte Tacos sind einer der kommenden Foodtrends, die Andrew Fordyce für die Gastro prognostiziert (Foto: Food Trend Tours)

Food Service-Trends 2023 by Andrew Fordyce: Das positive Morgen

Als Branchenexperte organisiert Andrew Fordyce seit Jahren internationale Trend-Touren für Gastro-Profis. In seinem neuen Trendreport stellt er die Top 5-Zukunftstrends aus den Bereichen F&B, Operating und People vor.

Text: Andrew Fordyce

Pandemie - Krieg - Inflation: Das sind die Themen, die 2023 beherrschen und die Gastro zusätzlich zu den Herausforderungen Gästebindung, Personalmangel, Kostenexplosion und unsicherem Supply beschäftigen. Sich dessen bewusst zu sein, ist eine Seite. Diese Themen Oberhand über den Alltag gewinnen zu lassen, ist eine andere. Der Glauben an die Zukunft ist, was Innovation, Investitionen und Wachstum antreibt. Vor diesem Hintergrund dürfen wir - ohne schlechtes Gewissen oder heuchlerisch zu erscheinen - willkommen heißen, was uns Lebensfreude schafft und damit letzlich wirtschaftlich stärkt. Optimismus und Schaffenskraft bringen uns auf den ökonomischen Stand, der uns am Ende befähigt, dort zu unterstützen, wo Hilfe gebraucht wird. So please: Let’s enjoy! Stay positive.

 

Die High Five im Morgen von Food & Beverage

Nachhaltig, ja – gesund, aber schon auch mal mit lustbedingter sündiger Ausnahme - und zeitsparend. So lassen sich die Food & Beverage-Trends, die Fordyce aus den USA und Europa mitgebracht hat, für 2023 zusammenfassen.

 

#1: Tacos - alles so schön bunt hier

Knackig außen – knackig innen und außen wie innen auch noch schön bunt. Tacos sind einfach Gute-Laune-Food. Mittlerweile gibt es die kleinen Kracher in allen Farben, die ebenso bunt, dazu frisch mit allem, was der Gemüsegarten hergibt, befüllt werden können. Ein ideales Vorspeisengericht zum Teilen für Veganer wie Fleischesser. Tacos als solche sind vegan. Die Befüllung ist jedem selbst überlassen. In den USA schießen die Taquerias vor allem in Miami und Texas aus dem Boden. Dort werden sie all-day-long gegessen als Frühstück bis zum Midnight-Snack nach einer langen Barnacht.

#2: Genussessen aus der Dose

Aus der Dose. Klingt erst mal schrecklich. Hat aber nichts mit den Ravioli-Dosen zu tun. Den Trend aus den Dosen kennen wir in Deutschland spätestens aus Gastro-Food-Konzepten à la Thomas Vetters mit seinen vielfältigen Sardinendosen, auf den Berliner ungebrochen stehen (www.sardinenbarberlin.com). Aktivistin und Food Autorin Jack Monroe aus den UK zeigt in Workshops sowie YouTube Videos und ihrem Buch, wie man einfache, leckere Gerichte aus dem Vorratsschrank zaubert. Als finanzschwache Alleinerziehende war sie oft auf das angewiesen, was sie von den Tafeln erhalten hat. Ihr Anliegen ist, aus Armuts- ein Genussessen zu schaffen. Die Sterne-Küche macht’s vor, die zum Beispiel das Arbeitergemüse Kohl aus Nachhaltigkeits- wie ernährungsbedingten Gründen zu kulinarischem Schick verhalf.

#3: Kelp – Power Grow Gemüse

Wer in der Bretagne oder vor der Küste Schottlands tauchen war, kennt Kelp. Es bildet im Meer einen dichten Tangwald – wie ein Regenwald, nur unter Wasser. Kelp ist definitiv ein Superfood: Es bietet wichtige Mineralstoffe wie Jod und Schwefel, A,B und E Vitamine sowie Zink. Plus: sein Kalzium-Gehalt ist zehnmal so hoch wie bei Milch. Außerdem: Unter idealen Bedingungen wächst er rund 45 Zentimeter pro Tag, ist also schnell reproduzierbar. Kelp gibt es im Brot, als Salat, fermentiert, in Tacos und und und…. (Rezepte? Hier entlang!)

#4: Ice-Cream all day long & Kuchen aus dem Glas

Kuchen aus der Packung kennt jeder. Aber mit richtig leckeren Zutaten, aus jeder Schicht erkennbar, ist eben doch als Geschenk eine andere Nummer. Der Trend ist jetzt nicht mehr so neu, hält sich aber hartnäckig. Was mal als individualiserte Geschenkidee gedacht war, mutiert langsam zur Yummy-Single-Solution: ohne Aufwand portionsgerechter Kuchen, wann immer man süßes Soulfood braucht.

Hätten Sie’s gewusst? Seit den 1960er Jahren gibt es den Icecream for Breakfast Day, am ersten Samstag im Februar, initiiert von Hausfrau und Mutter Florence Rappaport aus New York. Größere Bedeutung hat er über die Jahre in Israel erhalten. Jetzt rückt Eis vom Sorbet als Zwischengang eines mehrgängigen Menüs im Tagesmenü an erste Stelle zum Frühstück: zum Beispiel auf Pancakes » Jeni's Splendid Ice Creams

#5: Dry Aged Fish

Nach dem Dry Aged Beef kommt jetzt der Dry Aged Fish. Fans der thailändischen Küche kennen ja bereits getrocknete Shrimps für den original Papaya-Salat. Die Portugiesen verwenden den getrockneten Kabeljau, den Bacalhau, für ihre leckeren Fischbällchen. Die Edelvariante, die jetzt IN ist, ist die Dry Aged Variante. Der Ursprung liegt in Japan. Richtig getrocknet, schmeckt Fisch nicht nur frischer als der frische, er gibt sogar mehr Geschmackskomponenten frei.

On Top: BBQ-Trend, der sich durchsetzt

Schon vor fünf Jahren bot Food Trend Tours BBQ und Smokin‘ Produkte als zukunftsweisende Thementour an. Der letzte Trip in die USA Anfang 2023 zeigt, in welchem Ausmaß der Trend Barbecue sich jetzt etabliert hat und noch lange nicht ausgereizt ist. Es gibt eigentlich nichts mehr, das vor Smoker und Grill noch sicher ist: vom Speiseeis bis zur Burrata, was als Show-Einlage effektvoll unterm Glas gesmoked wird. » Black‘s Barbecue

Die von Andrew Fordyce organisierten Food Trend Tours für Gastro-Profis sind legendär und immer am Puls der Zeit (Foto: Alexander Heinrichs)
Die von Andrew Fordyce organisierten Food Trend Tours für Gastro-Profis sind legendär und immer am Puls der Zeit (Foto: Alexander Heinrichs)

Die High Five im Food Service Operating

Im Operating wird deutlich, das sich Food Service Manager insgesamt deutlich mehr mit verschiedensten (digitalen) Technologien auseinandersetzen müssen, um sie angemessen bewerten und sinnvoll in ihren Betrieben einsetzen zu können. Aber auch analoge Tools zählen noch.

 

#1: Lasst Blumen sprechen

Es ist das Standard-Präsent bei Einladungen, Geburtstagen, Jubiläen und so weiter: der Blumenstrauß. Er macht Freude, solange er nicht einer von vielen ist, die langsam vergammeln. Die nützliche Alternative: Blumen aus Zucker auf einer Torte. Das Konditoren-Handwerk ist als Gastgeschenk total angesagt.

Blumen sind aber auch Teaser, die Gäste ins Restaurant einladen. Als Naturprodukt, aber auch - wie in Paris – aus Plastik oder Stoff, sehr instagramable. Die Umsatzsteigerung kann bei einer Neudekoration bis zu 30 Prozent ausmachen. Aber auch in Deutschland machen Blumen was her, wie bei Hans im Glück: Aufsteller, dekoriert mit frischen Blumen plus Fotos und Make-You-Feel-Easy Sprüchen: „Die Liebe, wenn sie sich in einer einzigen Blume entfaltet, ist unendlich.“ Antonio Pochia

#2: Roof Tops

Wir lechzen nach Frühjahr, Wärme und Freiheit – alle Jahre wieder, aber nach bzw. immer noch mit Corona umso mehr. Restriktionen sind aufgehoben und in Eigenverantwortung übergegangen. Außenbereiche haben gerade deswegen mehr denn je an Bedeutung gewonnen. Hier findet am ehesten unbeschwerter Gastrogenuss statt. Abstand halten bei so viel frischer Luft wie möglich, lässt verantwortungsvolle Sozialkontakte zu. Mehr als das geht nicht.

#3: Neue Teammitglieder

„Ich bin Cecilia und begleite Sie heute durch den Abend.“ Cecilia ist ein Roboter, der nicht nur Empfehlungen ausspricht bzw. Bestellungen entgegennimmt, sondern auch mal ein Witzchen reißt, was für eine Stand-Up-Performance allerdings noch nicht reicht. Die Teilnehmer der „New Leader of Managers“-Tour in Miami, von Accelerating Leaders in Zusammenarbeit mit Food Trend Tours by Andrew Fordyce und MMU, Mastering Muti Units, Lee Sheldon, waren baff angesichts Roboter Cecilias Können und interaktiver Lernfähigkeit. Anwendungen für Roboter an stark frequentierten, zeitlich begrenzten Orten wie Flughäfen oder Konzerthallen liegen auf der Hand. Der Einsatz muss aber wohlüberlegt sein. Nicht alle Kunden sind bereit, sich auf neue Technologie einzulassen. Empfehlenswert ist, menschliche Bedienung als Option offenzuhalten.

#4: Bestellung und Bespaßung

Wer schon mal in den USA war, kennt das: In den meisten Restaurants werden Kids mit Wachsmalstiften und Papiersets zur Bemalung eingedeckt. Im Olive Garden in Miami gibt’s die Tablet-Variante: für Eltern zum Bestellen bzw. Bezahlen und zur Bespaßung der Kinder mit einer Auswahl an Videospielen auf diversen Apps.

#5: Artificial Intelligence

Mitunter ist es fast ein bisschen gruselig, welche Möglichkeiten Artificial Intelligence bietet. ChatGPT zieht zum Beispiel nicht nur je nach gesuchtem Thema Fakten aus verschiedensten internationalen Quellen heran, es fasst sie nahezu druckreif zusammen. Und mehr: AI kann Daten zu Kundenpräferenzen und Kaufmustern analysieren, um Restaurants dabei zu unterstützen, Preise und Werbeaktionen entsprechend anzupassen oder sogar ganze Businesspläne zu erstellen.

 

Die High Five im Food Service People

Hospitality findet - noch - auf allen Ebenen zwischenmenschlich statt und muss daher auch im Wandel wahrgenommen werden, was Ansprache und Ansprüche von Gästen und Mitarbeitern betrifft.

 

#1: Mitarbeiter first

Allein die Tatsache, dass Roboter in Richtung Interaktivität entwickelt werden, zeigt die Bedeutung menschlicher Kommunikation für die Hospitality. Eigentlich wollen wir nicht wissen, ob ein Roboter empathiefähig sein kann. Noch wird unsere Branche von - im wahrsten Sinne - des Wortes Menschlichkeit getragen, insbesondere in Hinblick auf Mitarbeitende. Angemessene und gleichberechtigte Bezahlung, familienverträgliche Arbeitszeiten und Förderung zählen ebenso, wie flache Hierarchien, in denen Führungskräfte einerseits kommunizieren, dass sie – auch gegenüber Gästen - hinter ihrem Team stehen und Erfolg immer als Gesamtleistung zählt.

#2: Attracting Generation Z

Die Zielgruppenansprache der Generation Z sieht ganz anders aus, als die der „Vorgeneration“, den Millenials, die meist die Führungskräfte im Food Service ausmachen. Die Generation Z verlangt nach individueller 1-zu-1-Kommunikation, die nicht auf einer Metaebene erfolgt. Hier müssen viele Manager umdenken, und sich auf oftmals immer noch belächelte Social Media Tools wie Instagram, TikTok & Co. einlassen. Die Generation Z ist mit der Technologie dieser Kanäle aufgewachsen, kann sie daher leichter bzw. auch intuitiver bedienen. Hier gilt es, die Macht dieser Kanäle anzuerkennen und Hemmschwellen im Umgang mit diesen Medien zu überwinden.

#3: Gamification

In den USA zeichnet sich der Trend ab, Gastronomie weitreichender mit Erlebniswelten zu verknüpfen – zum Beispiel in Gaming Halls. Jüngstes Beispiel ist die gerade eröffnete, rund 1.220 Quadratmeter große Food Hall im Fremont Hotel & Casino in Las Vegas. Der Gastro- befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Spielbereich. Es gibt In- und Out-Angebote, das bedeutet der Gast kann vor Ort essen oder seine Bestellung mitnehmen. In anderen Food Halls wird das Essen sogar direkt am Spieltisch serviert. Zu den Vorboten dieser Entwicklung gehört zum Beispiel McDonald’s. Das Unternehmen begann bereits vor fünf Jahren in Deutschland, seine Sponsoringaktivitäten vom realen Sport in den E-Sport zu verlagern.

#4: Sinneserfahrung teilen

Im Grunde sind wir nach wie vor nicht allzu weit von der Mund-zu Mund-Werbung entfernt. Kundenbindung entsteht nach Dr. Sherry Andre, Leiterin des Osher Lifelong Learning Institutes der FIU und Lehrbeauftragte der Chaplin School of Hospitality & Tourism Management über erfahrungsbasiertes Marketing und einfache Kaufprozesse. Das geschieht über Maßnahmen, die Gäste über einprägsame Sinneserfahrungen in Markenerlebnisse einbinden.

Einfach gesagt: Soll französischer Wein promoted werden, wird das Kauferlebnis durch französische Musik zum Beispiel versinnlicht. Die Erfahrung ist so signifikant, dass sie geteilt werden möchte. Das individuelle Erleben wird heute nicht mündlich, sondern über soziale Medien geteilt. Nach einer Untersuchung von Pew Research 2021 nutzen 84 Prozent der 18 - 29 Jahre alten Amerikaner die sozialen Kanäle. Bei den über 65-Jährigen sind es immerhin noch 45 Prozent. Insgesamt nahmen 75 Prozent der US-Internet-User soziale Medien in Anspruch, um Markenartikel zu recherchieren (Data Reportal 2022).

#5: Stand by me

Förderung ist bei treugebliebenen, zurückgekehrten und neuen Mitarbeitern wichtig, damit sie dem Unternehmen langfristig erhalten bleiben, aber auch mehr einbringen, was wiederum durch ein besseres Gehalt honoriert werden sollte. Eine Win-Win-Situation. Auch hier ist Umdenken angesagt. Es geht primär nicht um die Promotion der Marke, des Produkts oder Betriebs.

Ungewohnt: im Mittelpunkt steht zunächst der Mitarbeiter, ggf. das Team. Motivation entsteht über Mentoring, darüber Mitarbeiter in ihren Stärken zu erkennen und ihnen das Zutrauen zu vermitteln: Du schaffst, was du dir vornimmst, und ich helfe dir dabei. Mitunter ist es der Mitarbeiter, der seinen Arbeitsplatz durch seine besonderen Qualitäten in einer Weise formt, wie sie gar nicht angedacht war - aber so sehr viel mehr Effizienz bringt. Daher gehört eine Bestandsaufnahme über Wünsche und Ziele dazu, bevor eine Fortbildung angeboten oder sogar für ein Team maßgeschneidert wird. Abschließend: Learning by Doing ist die beste Art zu lernen. Eine theoretische Anleitung, wie man ein Menü schreibt ist gut. Es mit neuen Ideen selber umzusetzen, schafft sehr viel mehr Motivation und macht dauerhaft den größeren Lerneffekt aus - egal ob Top oder Flop.

 

The New Leader of Managers

Manager im Food Service brauchen die Fähigkeit, ihre Branche aus der 360 Grad-Perspektive zu betrachten. Der Blickwinkel hat sich nicht verändert, sehr wohl aber der Facettenreichtum. Im April diesen Jahres kommt Prof. Dr. Chris Mullers, Dozent an der Florida International University Buch “The New Leader of Managers” heraus, die überarbeitete Fassung des Ersttitels “The Leader of Managers”, in der sich der immense Wandel des Anforderungsprofils spiegelt.

 

Weitere Infos: foodtrendtours.de
Kontakt: [email protected]

Schlagworte

fizzz 04/2023

Themen der Ausgabe

Dominik Mohr, Felix Engels und Dominique Simon, Köln

Barbetreiber und Netzwerker - das Kölner Dreigestirn prägt die Barszene der Stadt, nicht zuletzt mit dem Education-Format „Bar Symposium Cologne“.

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Tel-Aviv-Fieber in New York: Die israelische Küche erobert mit ausgelassenen, innovativen Konzepten die Stadt.

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