Text: Benjamin Brouër, Illus: Adobestock.com/Nina Hlupich/anastasianio/ABCreative
Tequila Sunrise – Keith Richards kann nicht irren
Die großen Erfolge des Tequila Sunrise mögen schon etwas zurückliegen – in den 1990ern kam man an dem simplen Drei-Komponenten-Drink kaum vorbei –, sein Ruhm jedoch hallt noch heute nach. Was auch damit zusammenhängen mag, dass sich der Ursprung recht klar zuordnen lässt – und dass der „Erfinder“ noch immer unter uns weilt. Selten genug bei Cocktailklassikern. In seiner heutigen und populär gewordenen Form, nämlich der Mischung aus Tequila (Blanco), Grenadine und Orangensaft, geht der Tequila Sunrise auf den amerikanischen Barmann Bobby Lazoff zurück, der Anfang der 1970er in der kalifornischen Stadt Sausalito in dem dortigen Restaurant „The Trident“ arbeitete. Es ist anzunehmen, dass es – wie meist bei der Evolution von Drinkrezepten – noch Vorläufer gab. So wird vermutet, dass Lazoff Anleihen an der Kategorie der Slings nahm und dass Tequila zuvor bereits mit Grenadine und Wasser gemixt wurde.
Für den weltweiten Ruhm des Tequila Sunrise ist Lazoff in jedem Fall verantwortlich – genauer gesagt eine Privatveranstaltung für die Band The Rolling Stones, die im Jahr 1972 den Auftakt ihrer Tournee im „The Trident“ begossen. Gitarrist Keith Richards, so Lazoffs Erinnerungen, kam zu ihm an die Bar und orderte eine Margarita, zeigte sich aber auch der Empfehlung des Barmanns gegenüber offen und mehr als begeistert von dem farbgewordenen Sonnenaufgang im Glas. Die Begeisterung sollte auch auf die anderen Bandmitglieder überspringen, und der Tequila Sunrise begleitete – auch dank der einfachen Herstellung - die Rolling Stones fortan auf der Tour, die als „The Cocaine And Tequila Sunrise Tour“ in die Musikannalen eingehen sollte. Für weiteren popkulturellen Ruhm sorgte zudem die Band The Eagles, die einen ihrer Songs „Just another Tequila Sunrise“ nannten. Auch wenn Bobby Lazoff heute zusätzlich zu Grenadine noch Crème de Cassis im Tequila Sunrise favorisiert (übrigens die Version, wie sie auch das wiedereröffnete „The Trident“ aktuell noch anbietet), so lautet das meistverbreitete (und simpelste) Rezept doch folgendermaßen:
Tequila Sunrise
1 Teil Tequila Blanco
2 Teile frisch gepresster Orangensaft
1 Barlöffel Grenadine
Tequila und Orangensaft in ein mit Eiswürfeln gefülltes Collins-Glas geben, Grenadine langsam in das Glas laufen lassen.
Margarita – war’s Margaret Sames mit den Partys in Acapulco?
Sicher ist: Die Margarita zählt zu den meistgetrunkenen Cocktails weltweit, insbesondere in den USA genießt der Drink einen Status als Drink-Ikone. Selbst einen eigenen „Feiertag“ hat die Margarita: der 22. Februar gilt als „International Margarita Day“. Gar nicht so sicher hingegen ist der Ursprung der flüssigen Legende, in der Tequila und ein Triple Sec, meist Cointreau, die Hauptrolle spielen. Etliche Entstehungsgeschichten wurden und werden unter Cocktailhistoriker:innen diskutiert. So kursierte die Mixtur bereits in den 1930ern als Tequila Daisy, später als Picador und Tequila Sour. Selbst für den heute gebräuchlichen Namen „Margarita“ (in den USA der 1930er bis 1950er ein äußerst populärer Mädchenname) lassen sich in den Cocktailannalen verschiedene Urheber finden. Eine (zumindest) weit verbreitete und häufig weitergetragene Story erzählt von einer wohlhabenden, lebenslustigen Prominenten namens Margaret „Margarita“ Sames, die im Acapulco der späten 1940er für ihre üppigen Partys bekannt war. Ihre Lieblingsspirituosen: Tequila und Cointreau. Ihr Signature Cocktail: „The Drink“, der fortan nur noch „Margarita“ genannt wurde.
Welche Theorie auch immer stimmt – der Drink hat alles, was einen Klassiker ausmacht: eine einfache Rezeptur, einen spannenden Twist in Form des Salzrandes am Glas und einen spektakulären Auftritt, dank des charakteristischen Glases, das im Kern eine Variation der Champagnerschale ist, jedoch mit ihren zwei Ebenen optisch hervorsticht und direkt mit diesem einen Drink assoziiert wird. Eine der gängigsten Rezepturen lautet:
Margarita
50 ml Blanco Tequila
30 ml Triple Sec. (z.B. Cointreau)
20 ml frischer Limettensaft
Margarita-Glas mit Salzrand versehen. Zutaten auf Eis shaken und in das Glas abseihen. Auf Wunsch mit einem Limettenrad garnieren.
Wie alle guten Klassiker regte und regt die Margarita immer noch die Fantasie der Barprofis rund um die Welt an. Mit den im Laufe der Jahre entstandenen Margarita-Variationen (von Frozen bis Buttermilch) ließen sich ganze Cocktailbücher füllen. Die vermutlich erfolgreichste Variante, die „Tommy’s Margarita“, hat Julio Bermejo in den späten 1980ern in seinem gleichnamigen Restaurant in San Francisco erfunden. Bermejo ersetzte den Orangenlikör aus der Originalrezeptur durch Agavensirup und kreierte so einen leichteren Margarita-Twist, der zudem einen weiteren Schuss Agavenaroma erhält.
Doch so populär die Margarita und ihre Epigonen weltweit auch sein mögen, Nummer 1 im Heimatland des Tequilas scheint ein anderer Drink zu sein…
Paloma – das Gute liegt so nah
Auch wenn uns keine offiziellen Statistiken bekannt sind, die die These untermauern, so spricht doch einiges dafür, dass die „Paloma“ (spanisch für „Taube“) der beliebteste Tequila-Drink in Mexiko ist. Guckt man sich den Aufbau des Cocktails an, so leuchtet es durchaus ein, dass renommierte Cocktail-Autoren wie David Wondrich die Paloma als Nationalgetränk Mexikos bezeichnen.
Paloma
50 ml Blanco Tequila
10 ml frischer Limettensaft
Fill up Grapefruitlimonade
Auch hier sind es wieder die Simplizität und die Wandelbarkeit der Rezeptur, die den Erfolg auszumachen scheinen. In einigen Rezepturen taucht Reposado statt Blanco Tequila auf, andere wiederum verzichten sogar auf den Limettensaft und lassen die Paloma zum Zwei-Komponenten-Drink werden. Die Menge der Grapefruitlimonade ist ohnehin dem persönlichen Geschmack überlassen. Ein klassischer, süffiger, leicht und schnell herzustellender Longdrink also, was schon immer Garant für große Popularität war. Die Tatsache, dass bei der Paloma die Nationalspirituose Tequila auf die in Mexiko ebenso beliebte Grapefruitlimonade trifft, gestaltet die Suche nach der Quelle der Paloma nicht unbedingt einfacher – die Mischung liegt schlicht auf der Hand.
Dennoch wird in der einschlägigen Literatur immer wieder auf einen gewissen Don Javier Delgado Corona verwiesen, der in den 1950er-Jahren passenderweise in der Stadt Tequila im mexikanischen Bundesstaat Jalisco die Bar „La Capilla“ betrieben hat und dort den Drink unter dem Namen „Paloma“ eingeführt haben soll. Er soll zudem Urheber eines weiteren Crowd-Pleasers namens „Batanga“ (auch bekannt als „Charro Negro“) sein, der sich nur durch eine Zutat von der Paloma unterscheidet. Anstelle der Grapefruitlimo übernimmt hier Cola die Filler-Rolle. Vielleicht einmal eine zusätzliche Anregung für den 21. September. An diesem Tag wird nämlich jährlich der „World Paloma Day“ gefeiert.