Marc Frederick Leuwer, TTR Services (Foto: Dennis Dorwath)
Marc Frederick Leuwer, TTR Services (Foto: Dennis Dorwath)

Marc Frederick Leuwer: „Für uns zählt die Persönlichkeit“

Mit sechs Objekten – vom Restaurant bis zur Cocktailbar – prägt Marc Frederick Leuwer die Gastronomie-Szene in Karlsruhe. Im Interview spricht der Geschäftsführer der TTR Services über aktuelle Veränderungen im Personalbereich: Von der 4-Tage-Woche über Teambuilding bis zum Online-Test.

Sie sind in Karlsruhe mit zahleichen Gastronomiekonzepten aktiv und gerade tut sich wieder eine Menge, insbesondere bei Ihrer Top-Bar „Guts and Glory“. Sie möchten das Konzept weiter aufwerten, was sind hier mögliche Ansätze?

Richtig! Wir haben uns kürzlich von unserem Geschäftsführer Mo Kaba einvernehmlich getrennt, mit dem wir das „Guts & Glory“ gemeinsam aufgebaut haben. Wir wollen die aktuell schwierige Zeit nutzen, um uns für die Zeit danach gut aufzustellen. Wir hinterfragen immer wieder, wo wir stehen und wo die Reise hin geht. Nach einigen Jahren am Markt sind wir der Meinung, dass man sich konzeptionell wieder fokussieren muss. Qualität, Kundenorientierung und Guest Experience sind Themen, die uns aktuell beschäftigen. Aber vor allem auch im Bereich Personal denken wir, dass die Bar der Zukunft neue Wege gehen muss. Wir diskutieren gerade neue Ansätze wie eine 4-Tage-Woche. Außerdem wollen wir in Sachen Personalentwicklung und Teambuilding neue Wege gehen. Unser Ziel ist es, Mitarbeiter langfristig zu binden und zu entwickeln. Unser Personal soll für die Marke stehen.

Worauf achten Sie bei der Auswahl geeigneter Mitarbeiter und welche Positionen sind aktuell zu vergeben?

Wir suchen aktuell in all unseren Objekten nach qualifizierten Mitarbeitern. Die aktuelle Phase sehen wir auch als Chance. Es ist viel Bewegung im Markt. In den letzten Jahren haben wir ehrlich gesagt oftmals zu schnell eingestellt. Sicherlich war dies auch der angespannten Situation auf dem Personalmarkt geschuldet. Mittlerweile investieren wir deutlich mehr Zeit und Geld in Recruiting. Wir haben gemerkt, dass es sich auch lohnt national Stellenanzeigen zu schalten. Die kleineren Städte wie Karlsruhe sind für Mitarbeiter durchaus attraktiv geworden. Zum einen sind die Lebenshaltungskosten hier deutlich geringer und zum anderen hat sich die Gastronomie auch außerhalb der Metropolen sehr gut entwickelt. 

Bei der Mitarbeiterauswahl führen wir sehr ausführliche Interviews. Natürlich wollen wir den Kandidaten kennenlernen, aber auch der Bewerber soll wissen, was ihn erwartet. Die Wünsche, Vorstellungen und Erwartungen beider Seiten klar zu kommunizieren ist besonders wichtig. Für Schlüsselpositionen arbeiten wir zusätzlich mit einem motivbasierten Online-Test. Dieser wertet aus, was den Menschen motiviert, was er für ein Arbeitsumfeld benötigt, um sich voll zu entfalten. Zeugnisse und Lebensläufe schauen wir auch an, aber für uns zählt die Persönlichkeit und unser individueller Eindruck. Im „Guts & Glory“ suchen wir aktuell eine(n) stellvertretende(n) Barchef(in), der(die) auch administrative Aufgaben übernimmt, sowie Bartender(innen) in Festanstellung. Prinzipiell suchen wir Gastgeber. Menschen mit hohem Qualitätsanspruch, die Gastronomie aus Leidenschaft betreiben. 

Guts & Glory, Karlsruhe (Foto: Paul Gärtner)
Guts & Glory, Karlsruhe (Foto: Paul Gärtner)

Wie läuft es aktuell mit den verschiedenen Konzepten und wie ist die TTR für die Zukunft aufgestellt?

Es wäre gelogen, wenn wir sagen würden, dass bei uns aktuell alles rosig läuft. Die letzten Monate waren auch für uns – wie für die gesamte Branche – sehr hart. Und wir haben großen Respekt vor den kommenden Monaten. Aber alles in allem sind wir bisher ganz gut durch die Pandemie gekommen. Wir erleben, dass unser Team geschlossen zusammenhält. Das gibt uns Mut und Motivation. Anfänglich kam uns zugute, dass wir unsere Zahlen immer gut im Griff haben. Wir konnten schnell reagieren und innerhalb weniger Tage im Lockdown alle Objekte in eine Art Winterschlaf versetzen. Wir waren auch nicht die ersten, die wieder aufgemacht haben und Themen wie Lieferdienst haben wir uns auch gespart. Aber als wir dann wieder hoch gefahren sind, da waren die Umsätze überraschend gut. Die Gäste sind ab Tag eins wiedergekommen und wir haben sehr viel Unterstützung erfahren. 

Unsere beiden Bars „Venus“ und „Guts & Glory“ (Bild oben, Credits: Paul Gärtner) trifft es aktuell noch am härtesten. Wir können aufgrund der Auflagen einfach sehr viel weniger Gäste bewirten. Wobei wir auch hier gemerkt haben, dass weniger nicht immer schlechter sein muss. Die Pro-Kopf-Umsätze waren durchweg höher und wir konnten uns gerade im Guts & Glory wieder mehr um jeden Gast kümmern. Seit dieser Woche haben wir auch in Karlsruhe ab 23 Uhr Sperrstunde. Wir müssen sehen, wie wir damit umgehen. 

Ein großes Glück war, dass wir im Februar unsere Beteiligung am „La Louve“-Club in Karlsruhe veräußert haben. Das war für uns sicherlich ein „lucky punch“. Die Nachtgastronomie trifft es gnadenlos und hier werden wir sicherlich weltweit die größte Veränderung erleben. Die Zukunft sehen wir trotz allem positiv. Es gilt, sich neu aufzustellen und an die Situation zu adaptieren. 

Haben Sie weitere Objekte in Planung? Oder ist jetzt erst einmal Zeit für eine Konsolidierung?

Wir haben im Juli, mitten in der Pandemie unser bisher größtes Objekt, das „Tawa Yama“ eröffnet. Und auch das hat glücklicherweise ganz gut funktioniert. Wir beobachten den Markt. In Krisenzeiten entstehen immer auch wieder neue Chancen. Aber natürlich fokussieren wir uns aktuell darauf, unsere Läden und unsere Mitarbeiter gut durch diese schwierige Zeit zu bringen. Parallel haben wir den Lockdown genutzt, um sehr viele interne Prozesse zu überdenken, zu optimieren und zu digitalisieren.

fizzz 04/2024

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