Simi Berst feiert mit seinem Münchener „KvR“ (Kapitales vom Rind) den elften Geburtstag.
Simi Berst feiert mit seinem Münchener „KvR“ (Kapitales vom Rind) den elften Geburtstag.

Simi Berst: „Fleisch ist immer noch ein Thema – unter bestimmten Voraussetzungen!“

2011 eröffnet, feierte das Münchener „KvR“ (Kapitales vom Rind) nun seinen elften Geburtstag. Inhaber Simi Berst über Fleisch in der Gastronomie und Erfahrungen, die helfen, die schwierige Zeit erfolgreich zu meistern.

Wie lebt es sich zurzeit mit einem Restaurant, das Fleischspezialitäten in den Mittelpunkt stellt?

Simi Berst: „Fleisch ist immer noch ein Thema in der Gastronomie – aber nur unter bestimmten Voraussetzungen: Ganz wichtig ist die Tierhaltung. Es darf kein Massenprodukt sein, Qualität setzt sich durch. Regionalität ist auch wichtig und wird explizit nachgefragt. Zur Auswahl stehen bei uns neben bekannten Klassikern und Spezialsorten auch Dry Aged-Spezialitäten wie etwa Roastbeef, Rinderfilet oder Hochrippe. Das Dry Aged-Reifeverfahren von mindestens vier Wochen bei hoher Luftfeuchtigkeit intensiviert den Eigengeschmack des Fleisches und verleiht ihm eine besondere Note. Das Fleisch stammt von regionalen, nachhaltig arbeiteten Bauernhöfen, wie z. B. dem Buchberghof im Tegernseer Tal, der das Tegyu Rind aus artgerechter Haltung liefert. Preislich bewegen wir uns dabei natürlich auf einem Niveau, das sich nicht jeder leistet, das darf man nicht vergessen. Und die Kalkulation ist zurzeit nicht einfach, denn die Waren sind 20 bis 30% teurer geworden.

Aber mir war von Anfang an wichtig, etwas Neues zu schaffen. Ich wollte nicht nur ein außergewöhnliches Steak-Restaurant mit exzellenter Fleischqualität eröffnen, sondern auch besondere Akzente in der Einrichtung setzen. So haben wir die Fleischtheke und den Dry Aged-Reifeschrank eingeführt. Hier suchen sich die Gäste nach ihrem Geschmack das aus, was sie auf dem Teller haben möchten. Berechnet wird nach Gewicht, und zwar grammgenau. Neben der Standardkarte, die zwei Mal im Jahr aktualisiert wird, habe ich eine Tageskarte mit Angeboten aus dem unteren bis mittleren Preissegment, mit der ich auch Gäste aus der Nachbarschaft anspreche. Sonntags gibt es für diese Zielgruppe auch einen Sonntagsbraten, was sehr gut angenommen wird.“

Wie gehst Du mit den Preisschwankungen um?

Simi Berst: „Ein Vorteil ist, dass wir in der Auslage, in der sich die Gäste ihr Fleisch aussuchen, die 100 Gramm-Preise zeigen. Das kann man immer anpassen. Mein Küchenchef ist die wichtigste Person, die täglich die Preise vergleicht. Aber es geht ja nicht nur um das Fleisch, auch Dinge wie Rapsöl, das Bier und natürlich Energie sind teurer geworden. Die aktuell auf 7 % reduzierte Mehrwertsteuer ist für uns jetzt ein wichtiger Puffer, denn mein Food-Anteil liegt bei 70 %.“

Zu den Highlights des KvR - Kapitales vom Rind zählt der Dry-Aged-Reifeschrank.
Zu den Highlights des KvR - Kapitales vom Rind zählt der Dry-Aged-Reifeschrank.

Wird im KvR auch Fleisch für zuhause eingekauft?

Simi Berst: „Weniger, denn zuhause können es die Gäste nicht so zubereiten, wie wir das hier machen. Jedes Stück Fleisch wird von den Steak-Experten auf dem offenen Holzkohlegrill im Gastraum nach den Wünschen der Gäste gegrillt.“

Du hast jahrzehntelange Erfahrung in der Gastronomie. Was davon kommt Dir jetzt zugute?

Simi Berst: „Sicherlich kommt mir die Tatsache zugute, dass ich schon mehrere schwierige Phasen durchlebt habe und den Kopf nicht so schnell in den Sand stecke! Und meine Menschenführung: Ich bin immer extrem fair, und vielleicht hat auch deshalb kein Mitarbeiter in der Coronazeit das Unternehmen verlassen. Ich habe einen guten Ruf als Arbeitgeber, was die Akquise neuer Mitarbeiter erleichtert. Denn die Personalsituation ist eine große Herausforderung - auch was die Erwartungen der jungen Mitarbeiter betrifft: Vier Tage Woche bei nahezu gleichem Gehalt, Work-Life-Balance… Das Wichtigste sind Anerkennung, Respekt, das Arbeitsklima, der Teamgeist und das Geld.“

Du hast in deinem langen Gastronomen-Leben schon viele verschiedene Konzepte realisiert. Gibt es da noch ein Bedürfnis nach Expansion oder reicht ein Lokal zum Glück?

Simi Berst: „Mein Sohn ist ein sehr guter Koch in Wien und könnte nochmal ein Partner für ein neues Konzept werden, wenn er nach München zurückkommt. Ich lasse das aber gerne offen, denn ich bin ein leidenschaftlicher Gastgeber und bekomme immer mal Angebote, die mich in Versuchung führen könnten. Allerdings habe ich maximalen Respekt vor Kollegen, die in der aktuellen Personalsituation und mit all der wirtschaftlichen Ungewissheit Läden aufmachen. Wenn Menschen befragt werden, wo sie bei Bedarf sparen würden, wird häufig die Gastronomie genannt. Die nächsten eineinhalb Jahre geht es darum, zu überleben.“

Das Restaurant KvR - Kapitales vom Rind hat seine Heimat im historischen Rolandseck in München.
Das Restaurant KvR - Kapitales vom Rind hat seine Heimat im historischen Rolandseck in München.

Siehst du noch Spielraum für Preiserhöhungen? Welche Tipps kannst Du geben?

Simi Berst: „Um Preiserhöhungen kommt man jetzt nicht herum, das muss sein. Der Einkauf ist das A und O. Früher hat man vor dem Komma kalkuliert, heute muss man mit zwei Stellen hinterm Komma kalkulieren und mit spitzem Bleistift rechnen. Rückvergütungen interessieren mich nicht, die preist der Lieferant ja ohnehin mit ein. Ich will gleich den besten Preis haben. Wenn ich Bankeinzug erlaube, kann ich noch 2-3 % Skonto rausholen. Das sind Feinheiten, die übers Jahr viel bringen. Darüber hinaus sollte man am besten in einem brauereifreien Objekt seinen Betrieb haben. Bier ist beim Wareneinsatz mit das teuerste Produkt im Betrieb, und wenn man vertraglich nicht gebunden ist, hat man einen Verhandlungsspielraum von bis zu 50 %. In München ist das allerdings schwierig.“

KvR- Kapitales vom Rind
Viktoriastraße 23
80803 München
www.kvr.de

Über Simi Berst: Vollblutgastronom - Pfälzer – Wahl-Münchener

Geboren in Speyer, zur Schule gegangen in Neustadt an der Weinstraße, zog es den Vollblutgastronom nach dem Abitur in die große weite Welt. Zunächst begann er eine Ausbildung zum Restaurantfachmann im Brenners Parkhotel in Baden-Baden, doch nach bestandenem Abschluss ging es als Steward auf der MS Berlin auf See. Das „Traumschiff“ prägte ihn nachhaltig und erweckte den Wunsch, auch weiterhin international tätig zu sein. Seine nächste Station war daher als Commis de Rang das Hotel Le Bristol in Paris. Nach einem Zwischenstopp im Brenners Parkhotel in Baden-Baden ließ sich Berst zum Hotelbetriebswirt an der Hotelfachschule in Heidelberg ausbilden. Den Horizont weiten und wieder auf Reisen gehen, waren die Motivation für einen längeren Aufenthalt in den USA. Danach zog es den Rheinland-Pfälzer nach München, wo er seit 1994 lebt und seine Karriere in der Gastronomie startete. In den folgenden fünf Jahren übernahm Berst verschiedene Positionen im Grand Hotel Rafael, im Wirtshaus in der Au und in der Geschäftsführung der Käfer’s Theater Gastronomie GmbH.

1999 erfolgte dann der Schritt in die Selbständigkeit. Gemeinsam mit Partner Marc Uebelherr wurden unterschiedliche Konzepte in München gegründet und betrieben, die bereits nach kurzer Zeit zu Szene-Hotspots avancierten. Darunter waren das Zoozie’z, das Gast im Gasteig, das Oskar Maria im Literaturhaus, das Ocui, der Ksar Bar Club sowie der Löwengarten. 2010 gründete Simi Berst die KVR GmbH und eröffnete ein Jahr später im historischen Rolandseck das Restaurant KvR - Kapitales vom Rind. Seit mittlerweile elf Jahren ist das KvR fest verankert in Schwabing und über Münchens Grenzen hinweg bekannt als Treffpunkt für Fans einzigartiger Cuts und Steaks.

Schlagworte

fizzz 04/2024

Themen der Ausgabe

Juliane Winkler, Berlin

Juliane Winkler, die Restaurantleiterin des „Nobelhart & Schmutzig“ in Berlin liebt ihren Beruf. Und setzt sich mit
#proudtokellner dafür ein, dass er mehr Wertschätzung erhält.

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