Statt Cocktails zu schicken, verkauft Marian Krause mit seinem „The Grid Bar“-Team derzeit Eiscreme. Was das trotzdem mit Drinks zu tun hat und warum die „Kölsche Kugel“ keine Eintagsfliege bleiben soll, verrät er im Interview.
Nicht wenige Passanten, die dieser Tage im Kölner Friesenviertel an der beliebten „The Grid Bar“ vorbeischlendern, reiben sich verwundert die Augen. Die Front ist komplett neu beklebt im pastellfarbenen Look der 50er und 60er. Der Schriftzug „Kölsche Kugel“ schmiegt sich um einen bunten, stilisierten Eisbecher. Ein prominentes Corona-Opfer? Eisdiele schlägt Cocktailbar? Das Team rund um den preisgekrönten Bartender Marian Krause (aktuell Diageo World Class Sieger Germany) jedoch ist dasselbe geblieben, scheint Shaker gegen Eisportionierer getauscht zu haben. Was ist hier los…?
Marian Krause: Als sich Anfang des Jahres abgezeichnet hat, dass der Gastro-Lockdown noch bis ins Frühjahr anhalten wird, haben wir überlegt, was wir stattdessen machen können. Wir mussten etwas unternehmen, denn unsere Mitarbeiter waren angesichts der Perspektivlosigkeit ziemlich demotiviert. Was läuft im Sommer gut, haben wir uns gefragt? Und waren schnell beim Eis.
Eisdielen gibt es sicherlich auch in Köln ausreichend. Wo hast du eine Lücke gesehen?
Bei uns in der Ecke im Friesenviertel gibt es tatsächlich keinen guten Eisladen. Und eines war klar: Wenn wir Eis machen, dann richtig, mit einer sehr guten Qualität und einer besonderen Idee. Die besteht darin, dass wir einige unserer beliebten Drinks aus der „The Grid Bar“ aromatisch als Eisbecher dekonstruieren.
Das musst du näher erläutern…
Angelehnt an den Gin Basil Smash gibt es bei uns zum Beispiel einen Eisbecher mit Basilikumcreme-Eis, Zitronensorbet und Wacholder-Espuma. Wir greifen also die wichtigsten Aromen des Drinks auf und übersetzen diese in Eissorten. Ein weiteres Beispiel ist unser Topseller-Drink „Summersolt“, basierend auf Gin, Lavendel, Pfirsich und Jasmintee. In den „Summersolt Cup“ kommen Pfirsich-Lavendeleis, Cassis-Wacholdereis und Zitronensorbet. Wichtig bei den Cups ist, dass sie mindestens drei Eiskugeln beinhalten und zudem schön ausdekoriert werden. Ein Highlight auf den Bechern ist das hausgemachte Waffelblatt, welches mit Zimt und Vanille verfeinert wird. Natürlich gibt es zudem noch ein paar Eisklassiker wie Schokolade, Stracciatella und Vanille. Wir können in der Auslage pro Tag sieben Sorten anbieten und variieren die Themen von Woche zu Woche.
Klingt spannend, aber wie wird man vom Bartender zum Eismacher?
Um in das Thema reinzukommen, haben wir uns eine kleine Eismaschine gekauft und mit ein paar Sorten experimentiert. Es war aber von Beginn an klar, dass wir mit der kleinen Eismaschine nicht weit kommen, wenn das gut läuft. Auf der anderen Seite wollte ich auch keine 15.000 Euro für ein professionelles Gerät investieren. Überhaupt: Wo soll die stehen? So haben wir uns nach Eisproduzenten umgeschaut und unseren heutigen Partner gefunden, der teilweise nach unseren Rezepturen Sorten herstellt. Zudem greifen wir auf Geschmacksrichtungen aus seinem Sortiment zurück – und ein, zwei Sorten machen wir weiterhin selbst. Wir können zwar aromatisch gut arbeiten, aber natürlich haben die Eisprofis viel mehr Erfahrung und Kompetenz in der Produktion als wir. Wenn ein Drei-Sterne-Koch zu mir kommt, weiß der auch nicht unbedingt, wie man einen Cocktail macht.


Das Ganze lohnt sich, auch wenn Ihr das Eis zum großen Teil selbst einkauft?
Das Eisgeschäft lohnt gleich in mehrfacher Hinsicht. Erstens haben unsere Mitarbeiter wieder etwas zu tun – und dabei auch richtig Spaß. Zweitens erreichen wir ein ganz neues Publikum, das uns das erste Mal als Eisdiele und so dann auch als Bar kennenlernt. Wir haben zum Beispiel erstmals die Möglichkeit, etwas an Familien und Kinder zu verkaufen. Zudem stärkt das Eisgeschäft die Bindung zu unseren normalen Bar-Gästen. Die kommen jetzt auch vorbei, um einfach mal „Hallo“ zu sagen und sich eine Kugel Eis oder einen Slushy zu holen.
Slushy – das Kindergetränk?
Nicht ganz, bei den Slushys fahren wir einen ähnlichen Ansatz wie beim Eis. Auch hier liefern unsere Drinks aus der Bar die Vorlage. Die bieten wir – allerdings inklusive der alkoholischen Zutaten – als Slushy-Version an, heißt etwas frischer, größer und to-go geeignet.
Was muss man bei den Slushys beachten?
Für die Slushy-Variante muss man die Drink-Rezepturen anpassen, wichtig ist dabei das Süße-Säure-Spiel inklusive eines gewissen Gehalts an Zucker, damit die gewünschte Konsistenz erreicht wird. Das funktioniert gut mit Daiquiris, etwa Bananen- oder Erdbeer-Daiquiris, und auch mit Margaritas. Von unserer Barkarte setzen wir unter anderem den „Summersolt“, den „Suffering Bastard“ und den „Blue Monday“ als Slushy um. Zeitgleich können wir momentan drei verschiedene Slushys anbieten. Dank Kooperationen mit Diageo, Schweppes und Jägermeister haben wir bald noch zwei weitere Slushy-Maschinen zur Verfügung und können das Angebot erweitern. Das Thema kommt sehr gut an, sodass wir wohl ganz darauf setzen und auf übliche Cocktails im To-go-Format verzichten.
Was wird aus der „Kölschen Kugel“, wenn die „The Grid Bar“ wieder richtig loslegen darf?
Sobald wir wieder normal öffnen können, wird es den Eisladen in der jetzigen Form erst einmal nicht mehr geben. Aber die Resonanz der ersten Wochen war so gut, dass wir das Eisgeschäft nächstes Jahr auf jeden Fall wieder auflegen werden. Denn seien wir ehrlich: Bars sind im Sommer immer schwierig, und Eisläden sind im Sommer immer voll. Deshalb werden wir auch unseren Außenbereich mit gut 60 Sitzplätzen tagsüber für das Eisgeschäft nutzen. Wir wären dumm, wenn wir das Potenzial brachliegen lassen würden, zumal sich die Erstinvestition mit knapp 10.000 Euro für eine Eisvitrine und ein paar Drucke sehr in Grenzen gehalten hat.
Ihr habt mit „Kölsche Kugel“ direkt eine starke Marke kreiert, ähnlich wie auch mit Euren Bottled Drinks, die Ihr im vergangenen Jahr unter dem Namen „Time Flies“ erfolgreich positioniert habt. Wie läuft das Geschäft mittlerweile?
Bottled Drinks waren im vergangenen Jahr extrem stark. Der erste Verkauf funktioniert immer gut, aber dann muss der Konsument eben auch erneut kaufen. Solange wir Geld in die Hand nehmen und Marketing dafür betreiben, zum Beispiel in Form gesponsorter Beiträge, läuft das Geschäft über unsere Website immer noch gut. Aber das Endkundengeschäft ist eben sehr kommunikationsbedürftig. Was sich mittlerweile als deutlich lukrativer herausgestellt hat, sind die B2B-Kunden, individuelle Pakete für Mitarbeiter beispielsweise. Da setzen wir allerdings auch sehr aufwändige Konzepte um, packen Cocktailboxen mit Drinks, die wir extra für den Kunden entwickeln. Ich denke, dass Bottled Drinks auch nach der Pandemie im Business-Bereich eine große Rolle spielen werden. Bei Messen etwa könnte es sein, dass sich die Firmen keine Bar mehr auf den Stand stellen, sondern stattdessen einen Kühlschrank voller Bottled Drinks vorhalten. Zudem wird der Trend stärker in Richtung karbonisierte Ready-to-Drink-Cocktails in Flasche und Dose gehen. In anderen Märkten ist das schon ein großes Thema, auch im alkoholfreien Bereich.
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