Tiefgang und Geschmack ohne Prozente – das ist die Herausforderung bei alkoholfreien Cocktails. Barmeister Michael Elter kreiert im neu eröffneten „Rays“ in Köln die alkoholfreie Menübegleitung. Er weiß, worauf es ankommt, wenn die Prozente fehlen. Von Süße-Säure-Balance, Fett als Aromaträger und Alkohol im alkoholfreien Drink.
Interview: Emmelie Öden
Herr Elter, wie kamen Sie überhaupt dazu, alkoholfreie Drinks zu kreieren?
Wir hatten im „Bayleaf“ (Schwesterrestaurant des „Ox & Klee“, wo Elter fünf Jahre lang als Barchef tätig war, Anm. d. Autorin) eine alkoholische Getränkebegleitung. Irgendwann kam ich auf die Idee, dass wir das Ganze auch alkoholfrei anbieten. Und das hat sich dann so durchgesetzt, dass ich auch für das „Ox & Klee“ die alkoholfreie Getränkebegleitung kreiert habe. Meistens habe ich dann einen alkoholfreien Twist aus der Originalversion nachgebaut.
Wenn Sie einen alkoholfreien Cocktail kreieren: Wo fangen Sie da überhaupt an?
Das kommt ganz auf den Drink an. Teilweise baue ich ihn wie eine Limonade auf, teilweise auch komplett anders. Grundsätzlich gelten die Mix-Prinzipien von Basis, Geschmacksgeber und Modifier. Aber das Problem bei alkoholfrei ist: Aromaträger sind sonst Fett, Zucker und Alkohol – und da kann man sich ausrechnen, was bei alkoholfrei bleibt. Fett funktioniert in Form von Kokosnussmark gut, aber ansonsten kann man es vergessen, mit Fett an einen alkoholfreien Drink heranzugehen. Und Zucker macht den Drink schnell zu süß.
Wie lösen Sie das Problem?
Damit der Drink nicht zu süß wird, muss man aufpassen, wie man ihn ausbalanciert. Dazu braucht man Aromastoffe oder Trägerflüssigkeiten, die nach Möglichkeit keinen Zucker enthalten und trotzdem Eigengeschmack haben. Ich setze gerne Tees ein als Basis für die Getränke. Zum Beispiel Earl Grey, Roiboos, Grüner Tee oder Zitronenverbene. Darauf baue ich dann den Drink auf. Auch ein klarer, weißer Traubensaft eignet sich dafür gut – der ist zwar auch süß, aber nicht so auffällig.
Wenn der Drink nun doch noch zu süß ist – Wie schafft man da Abhilfe?
Es geht darum, die richtige Süße-Säure-Balance zu finden. Ich arbeite gerne mit Verjus als Säuerungsmittel. Das ist ein sehr gelungenes Produkt für alkoholfreie Getränke. Die Menge hängt dann vom Drink und seinen Bestandteilen ab. Ich habe zum Beispiel aktuell einen Cocktail mit Roter Bete. Der enthält fünf Teile Rote-Bete-Saft, zwei Teile Kokosnussmark, drei Teile Verjus und drei Teile Traubensaft, weil er sonst doch zu sauer wird. Abgerundet wird der Drink durch Basilikum und Yuzu.
Wie bekommen Sie Tiefgang in den alkoholfreien Drink?
Da arbeite ich zum Beispiel mit selbst hergestellten Essigen, etwa ein Tannennadelessig. Dazu nehme ich einen weißen Balsamico mit sehr hoher Säure, lege die Tannennadeln hinein und lasse das Ganze im Sous-Vide-Becken ziehen. Auch mit schwarzem, gemörsertem Pfeffer funktioniert das gut. Teilweise gehe ich auch mit einem Tropfen Angostura an den Drink, um etwas mehr Tiefe zu bekommen. Der ist zwar alkoholisch, aber in solch geringer Menge nicht messbar und gilt immer noch als alkoholfrei, also unter 0,5 %. Und Angostura liefert einfach diesen kleinen Kick, den ein Drink braucht. Ich nutze auch gerne Sodawasser. Das verstärkt den Geschmack dank des geringen Salzgehalts.
Auch wenn bei alkoholfreien Getränken erst einmal vieles wegfällt: Eröffnen sich auch neue Möglichkeiten?
Ja, ich muss ja anders an den Drink herangehen. Das verstärkt schon die Kreativität. Ich schaue immer wieder nach außergewöhnlichen Komponenten, die ich in einen Drink einbauen kann.

Mal nüchtern betrachtet: Alkoholfreie Drinks sind inzwischen wortwörtlich in aller Munde. In diesem Buch werden gängige Lieblinge wie Gin Basil Smash oder Aperol Spritz in vollmundige und alkoholfreie Drinks verwandelt, die nicht nur dem Original ähnlich kommen, sondern auch noch gesünder sind. In den Shaker darf dabei alles an Geschmack, was die Natur so hergibt – würzige Kräuterdestillate mischen sich mit fruchtigen Säften und erfrischendem Tee, herb-süße Gewürze mit den besten
Gemüseessenzen.
Brandstätter Verlag, 184 S., 28€
Rezept-Ideen von Michael Elter
Beet, Basil and Coconut
- 5 Teile Rote Beete Saft
- 0,5 Teile Yuzu
- 2 Teile Kokos Mark
- 3 Teile Verjus
- 3 Teile weißer Traubensaft
- Basilikum
Fresh Rhubarb
- 2 Teile Rhubarb Sirup
- 10 Teile Zitronenverbene Aufguss
- 3 Teile Grapefruit Saft
- 1 Teil Martini Floreale
Currywood
- Madras Curry
- 1 Teil Pinienwald Sirup
- 1 Teil Apfel Sirup
- 1 Teil Martini Floreale
- 4 Teile Fenchel Saft
- 3 Teile Verjus