Die Gewinner bei der Preisverleihung auf der Mainzer Weinbörse 2023; Foto: Peter Bender
Die Gewinner bei der Preisverleihung auf der Mainzer Weinbörse 2023; Foto: Peter Bender

Ausgezeichnete Weinkonzepte

Wer bietet die beste Auswahl deutscher Weine in der deutschen und internationalen Gastronomiewelt? Dieser Frage widmen sich der VDP.Die Prädikatsweingüter und die Redaktion von Meiningers Sommelier einmal im Jahr.
Text: Sascha Speicher

der Bogen wird bewusst weit gespannt: von der klassischen Weinbar bis zum mehrfach besternten Fine Dining Restaurant, vom vorbildlichen, in der Region verankerten Landgasthof bis zum internationalen Luxus-Ressort. Denn in jeder Form der Gastronomie ist es mit Einsatz und Engagement möglich, die Gäste mit einer exzellenten Selektion deutscher Weine zu begeistern. Genau darum geht es seit 2022 beim Ausgezeichneten Weinkonzept.

Wo immer eines der hochwertigen Messingschilder neben der Eingangstür eines Lokals angebracht ist, können sich die Gäste darauf verlassen, dass sie hier tief in die Vielfalt der deutschen Weinlandschaft eintauchen können.

Ausgezeichnetes Weinkonzept international:

Alex Koblinger, Döllerer Genießerhotel, Golling

Foto: Peter Bender
Foto: Peter Bender

Es ist schon ein Glücksfall, wenn sich ausge­rechnet die Kaderschmiede der österreichischen Sommelierszene mit Leidenschaft und Begeisterung dem deutschen Wein widmet. So wird die Botschaft zielgerichtet in die besten Wein- und Genussadressen der alpenländischen Restaurant- und Hotelwelt weitergetragen. Denn nicht nur der Kochnachwuchs tummelt sich in der Küche von Andreas Döllerer, um die Geheimnisse der Cuisine Alpine zu erlernen. Ebenso zieht Mastersommelier Alex Koblinger die besten jungen Sommeliers wie ein Magnet nach Golling bei Salzburg, um sich hier den letzten Schliff zu holen, und so sucht das Sommelierteam von Döllerer bundesweit seinesgleichen. Die gelisteten Weingüter sind weitgehend deckungsgleich mit den im Importprogramm vertretenen Betrieben, vielleicht der einzige leise Kritikpunkt, den Koblinger jedoch gekonnt dadurch ausgleicht, dass er bei nahezu jedem Betrieb eine große Breite und Tiefe aufbaut, gereifte Große Gewächse oder Versteigerungsweine inbegriffen, die dann auch noch im internationalen Maßstab sehr attraktiv bepreist werden. Speziell die Rieslingauswahl setzt auf internationaler Ebene Maßstäbe. Kurzum: Ein perfekter Botschafter für den deutschen Wein im Genussland Österreich.

 

Bernhard Holzer, Ritterhof zur Rose, Burrweiler

Foto: Peter Bender
Foto: Peter Bender

Die Botschaft ist eindeutig: Die ganze Vielfalt an Weinstilen soll abgebildet werden, mit einem Schwerpunkt auf biologischem und biodynamischem Weinbau, „auf junge, mutige Winzer, die auch mal neue Wege einschlagen und damit die Weinlandschaft bereichern.“ Zugleich möchten Gastgeberin Karin Winter und Sommelier Bernhard Holzer mit der Weinkarte des Restaurants Ritterhof zur Rose die qualitative Weiterentwicklung der deutschen Rotweine und nicht zuletzt die beeindruckende Renaissance des Flaschengärsektes in Deutschland ihren Gästen näher bringen. Die Auswahl an Pfälzer Weißweinen ist schon seit Jahren ausgezeichnet, originell gegliedert in Form einer Reise vom äußersten Süden in Schweigen bis in den Norden an die Grenze Rheinhessens. Doch erst, seit der österreichische Sommelier und die Inhaberin den Blick auch mutig über die Grenzen der Heimatregion schweifen lassen, wurde aus der herausragenden regionalen Karte eine der besten Auswahlen deutscher Weine in der bundesweiten Gastronomielandschaft. Ein Dutzend der besten deutschen Sektproduzenten sorgt zumindest für einen prickelnden Einstieg, wenn sich nicht sogar die einen oder anderen Gäste verleiten lassen, sich den ganzen Abend der pulsierenden Sektvielfalt hinzugeben. Neben der Pfalz sind auch Baden und der Rheingau in einer bemerkenswerten Vielfalt vertreten, die Auswahl wirkt an keiner Stelle zufällig oder wahllos. Sie folgt vielmehr den eingangs zitierten Grundsätzen, und das macht die Karte ungemein spannend und abwechslungsreich.

 

  Jens Pietzonka, Weinzentrale, Dresden

Foto: Peter Bender
Foto: Peter Bender

Er ist seit Jahren eines der Aushängeschilder der Sommelierszene im Osten der Republik und er ist zweifellos einer der besten und wohl auch treuesten Botschafter des VDP.Die Prädikatsweingüter. Höchste Zeit also, dass auch Jens Pietzonka den Eingang seiner Weinzentrale mit der edlen Messingplakette schmücken darf. Seine Weinbar wurde an dieser Stelle bereits vor fünf Jahren ausgezeichnet, damals für ihr herausragendes Offenweinkonzept. In der Zwischenzeit hat sich der Wettbewerb bekanntlich verändert. Und auch bei Jens Pietzonka hat sich einiges getan. Mit Jana Schellenberg, der langjährigen Sommelière der Bülow Residenz, hat die Weinzentrale weinkompetente Verstärkung erhalten. Was die Weinzentrale auszeichnet, ist, dass sie sich konsequenter als andere herausragende Weinbars auf den deutschen Wein fokussiert. Das gilt besonders für die zahlreichen Events mit Winzern oder besondere Themenkarten, bei denen sehr häufig Aspekte rund um den deutschen Wein und die Qualitätspyramide des VDP aufgegriffen und damit den Gästen vor Augen geführt werden. Mehr als 50 deutsche Weingüter sind auf der regulären Karte vertreten, zehn Weinbaugebiete sind zumindest doppelt besetzt. Jens Pietzonka und sein Team legen größten Wert darauf, die Vielfalt der Winzerwelt abzubilden. Lieber verzichtet er darauf, bei einzelnen Produzenten stärker in die Tiefe, auch in die Jahrgangs­tiefe zu gehen. Auf diese Weise bietet die Weinzentrale sehr vielen Erzeugern eine gut sichtbare Plattform.

 

Iiro Lutter, Essenz, Das Achental, Grassau

Foto: Peter Bender
Foto: Peter Bender

Ohne den SpitzenköchInnen des Landes zu nahe treten zu wollen. Aber zwei Sterne sind in einem neu eröffneten Lokal schneller erkocht, als eine erstklassige Weinkarte aufgebaut. Umso erstaunlicher ist, dass dies Iiro Lutter innerhalb von gerade einmal anderthalb Jahren gelungen ist. Möglich wird dies nur mit einem ausreichenden Maß an Erfahrung und auf diese kann Iiro Lutter ohne Zweifel verweisen. Spitzenadressen in der Pfalz oder an der Mosel haben ihn bestens vertraut gemacht mit den Vorzügen des deutschen Weins und so nehmen insbesondere die Weißweine aus den deutschen Anbaugebieten einen breiten Raum ein. Seine Erfahrung half ihm auch zu wissen, bei welchen Weingütern er anläuten musste, um ungeachtet des Eröffnungszeitpunkts im Juni 2021 zumindest punktuell eine gewisse Jahrgangstiefe offerieren zu können. Riesling in allen Varianten, von trocken bis restsüß, vom Gutswein bis zum Großen Gewächs, hier bleiben keine Wünsche unerfüllt. Doch auch Silvaner oder den Burgundersorten wird eine entsprechende Bühne geboten. Von wenigen Ausnahmen wie Lassak, Seckinger, Frank John oder Wasenhaus abgesehen, die sich allesamt zumindest qualitativ und als potenzielle künftige Beitrittskandidaten den Gremien des Spitzenverbands aufdrängen, dominieren die Adler-Weingüter in bemerkenswertem Maße die Auswahl. So wird kein Gast des Fünf-Sterne-Ressorts im Chiemgau die Heimreise antreten, ohne mit den flüssigen Botschaftern des VDP nähere Bekanntschaft gemacht zu haben.

 

Alina und Philipp Stein und Maria Vizsnyai, Steins Traube, Mainz

Foto: Peter Bender
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Drei Namen auf der Bronzetafel – das gab es noch nie und das zeugt davon, dass diese Weinkarte als echtes Gemeinschaftsprojekt von Alina und Philipp Stein und ihrer Sommelière Maria Vizsnyai anzusehen ist. Das spricht auch sehr stark dafür, dass Wein und speziell deutscher Wein für alle drei eine Herzensangelegenheit ist. Die schaumweinbegeisterte Sommelière und eine Gastronomiefamilie in der 6. Generation, tief verwurzelt in Mainz und der Region Rheinhessen. Nur in dieser Konstellation konnte vermutlich eine derart komplexe und an Höhepunkten reiche Weinauswahl entstehen. Dazu gehört eine kleine Raritätenkarte, die laut Maria Vizsnyai von der Weingeschichte der letzten 100 Jahre erzählt. Doch auch in der regulären Weinkarte punktet das Trio mit einer exzellenten Jahrgangstiefe. Nur selten sind Zahlen geeignet, die Qualität einer Weinkarte zu verdeutlichen. Hier vielleicht schon: 382 Rieslinge von 29 Winzern, davon allein 172 aus Rheinhessen. Jedoch auch 96 von der Nahe und 71 Moselweine, die keinen Zweifel daran lassen, dass in der Traube der Horizont über die rheinhessische Hügellandschaft hinaus reicht. Stattliche 63 deutsche Rotweine, übertroffen nur durch Burgund, weisen auf die steigende Bedeutung des heimischen Spätburgunders hin. Bei der erfreulich umfangreichen Schaumweinauswahl hinkt Deutschland mit elf Positionen von acht Winzern noch deutlich hinter der Champagne her. Hier sind angesichts der Dynamik in der deutschen Sektlandschaft noch Ergänzungen vorstellbar. 

01-24

Themen der Ausgabe

PANORAMA

Wie schmeckt die Zukunft Frankens?

PROFILE

Bibraud - kreativ und innovativ in Ulm

PROBE

Bairrada und Dão - Portugals feinste Rote