Antje Blumenbach
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Antje Blumenbach: New Business durch Corona – neue Wege in die Zukunft

Interview mit Antje Blumenbach, Lüneburg:

„Wenn ein Scherbenhaufen vor Dir liegt, ist das eine gute Gelegenheit, die Puzzleteile neu zusammenzusetzen.“

Mit Ihrer Veranstaltungs-Agentur und dem Wein-Concept Store „Provinzperle – Markt, Kultur, Catering“ stand Antje Blumenbach zu Beginn der Pandemie vor dem wirtschaftlichen Abgrund. Doch sie entschied sich zur Flucht nach vorne: Mit dem Aufbau der digitalen Sendung „Sonntagsperlen“, in der sie regelmäßig über die Kultur-, Politik- und Gastronomie-Szene ihrer Stadt Lüneburg berichtet, schuf sie ein neues Business-Tool, das ihr nun langsam wieder zum Leben erwachendes Unternehmen um zusätzliche Service- Angebote ergänzen kann. Als Event-Veranstalterin mit einem reichweitestarken Online- Format ist sie für hybride Veranstaltungen gerüstet.

 

Die Sendung „Sonntagsperlen“ ist eine digitale Bühne für die Stadt Lüneburg, ihre Kultur und ihre Gastronomielandschaft geworden. Wie ist Ihr Fazit als Beobachterin ihrer Branche, was hat sich in der Gastronomie getan?

Antje Blumenbach: „Die Gastronomen, die schon vor der Krise kreativ waren, haben neue Ideen entwickelt, Lüftungsanlagen eingebaut und ihre Terrassen renoviert, sich zu Werbezwecken mit Partnerunternehmen zusammengetan oder Ihre Spezialitäten im Supermarkt verkauft. Diejenigen, die vorher schon keine Ideen hatten, haben auch im Lockdown nichts gemacht. Da trennte sich die Spreu vom Weizen. Jetzt gibt es einen Zusammenschluss der örtlichen Gastronomie und überregional beachtete Aktionen wie die „Gelben Stühle“, mit der die Betreiber signalisieren, dass sie geöffnet haben.“

Wird sich das Business durch die neuen Aktivitäten nachhaltig ändern?

Antje Blumenbach: „Das wird sich erst zeigen, denn viele möchten das eigentlich nicht. Vorher war alles so einfach: Man hat die Tür des Restaurants aufgemacht und die Gäste kamen. Aber der Anspruch der Gäste ist noch einmal höher geworden – auch wenn sich jetzt erst einmal alle freuen, dass es wieder losgeht. Sich mit kreativen Ideen immer wieder neu zu erfinden, ist ganz wichtig.“

Wann wird das Business wieder so sein, wie vor der Krise?

Antje Blumenbach: „Die Kunden sind noch sehr zurückhaltend und kleine Events sind für einen Veranstalter meist nicht auskömmlich. Ein weiteres Problem ist die Besucherfrequenz in den Innenstädten, denn auch unser Weinstore hat viel Laufpublikum. Wir haben gelernt, dass der Einzelhandel nicht ohne die Gastronomie funktioniert. Die Menschen gehen nicht in die Stadt einkaufen, wenn sie nicht einen Kaffee trinken oder eine Kleinigkeit essen können. Ohne das Zusammenspiel funktioniert es nicht.“

Spüren Sie schon einen Stimmungsumschwung?

Antje Blumenbach: „Ja, die Stadt ist voll, kulturell passiert gerade viel. Aber Gastronomie, Kultur und Shopping müssen noch viel stärker miteinander verzahnt werden. Denn statistischen Vorhersagen zufolge wird es ein enormes Innenstadtsterben geben. Die Stadt Lüneburg ist daher sehr umtriebig: Wir haben einen Innenstadtkoordinator eingesetzt, der Kultur und Gastronomie miteinander verbindet. Es wurde ein Programm aufgelegt, bei dem sich potenzielle neue Pächter mit ihrem Konzept für Standorte bewerben können. Ein Gremium, in dem auch die Immobilienentwickler sitzen, wählen die besten Kandidaten aus und um ihnen den Start zu erleichtern werden die Mietkosten aufgeteilt: Ein Drittel übernimmt die Stadt, ein weiteres Drittel der Vermieter, das restliche Drittel zahlt der Gastronomiebetrieb, der neu einzieht. Man muss jetzt wahnsinnig schnell sein und Projekte auch umsetzen. Denn wenn die Innenstadt erst einmal verödet ist, wird ein Turnaround schwer.

Das ist ein spannendes Umfeld für die Sendung „Sonntagsperle“, denn es gibt ja sehr viel zu berichten. Werden Sie weitermachen, auch wenn das Veranstaltungsgeschäft zurück ist?

Antje Blumenbach: „Mit der Sonntagsperle haben wir zwar kein Geld verdient, aber wir waren sehr präsent, dafür ist das Live-Format ein großartiges Medium. Solange die Menschen uns sehen wollen und unser Technik-Partner Amphire, dem ebenfalls das komplette Veranstaltungsgeschäft weggebrochen war, weiter mitmacht, werden wir eine Lösung für eine Fortführung finden. Zudem planen wir die ersten Hybrid-Veranstaltungen. Die Sonntagsperle ist ja nichts anderes als ein Stadtmagazin, das über Kultur und Gastronomie berichtet. Damit verfügen wir inzwischen über eine interessante Reichweite. Diese zu monetarisieren, wäre nicht schlecht.“

Hat der Lockdown Sie selbst verändert?

Antje Blumenbach: „Die harte, anstrengende Zeit der letzten Monate lässt mich mit anderen Augen auf meinen Business-Alltag blicken. Wenn ein Scherbenhaufen vor Dir liegt, ist das eine gute Gelegenheit, die Puzzleteile neu zusammenzusetzen. Es muss nicht zwingend die alte Struktur wieder aufgebaut werden. Ich habe für mich gelernt, dass es Zeit wird, meine Aufgaben besser zu organisieren. Ich muss nicht mehr alles selbst machen.“

fizzz 04/2024

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