Interview: Peter Jauch
In Eurem Konzept steht Gin ganz weit vorn, wieso ist eine Fokussierung auf die Wacholder-Spirituose heute für Eure Gäste noch spannend?
„Den Gin-Hype gibt es in Deutschland schon seit einiger Zeit. Währenddessen hat sich die Gattung des Gins derart verändert, dass die Spirituose nun einiges mehr zu bieten hat als den klassischen Geschmack. Das führt auch dazu, dass nach wie vor viele Gäste den Gin erst jetzt für sich entdecken. Das Bild, dass er immer wacholderlastig und ein bisschen bitter sein muss, hat sich bei vielen eingeprägt, aber wir wissen ja, dass das so schon lange nicht mehr so ist. Und eine unserer Spezialitäten ist, einige home-infused Gin-Produkte anzubieten.“
Das mit den home-infused Themen habe ich gesehen und finde es sehr spannend. Ich stelle mir jetzt ganz viele Badewannen voller Gins vor. Aber im Ernst: Wie seid Ihr auf das Thema gekommen und welche Geschmacksrichtungen gibt es?
„Als ich damals die Bar übernommen habe, wusste ich noch nicht genau, welches Konzept ich dem Laden geben sollte. Zusammen mit einer Freundin besuchte ich Madrid und sah dort unzählige Gin-Bars. Viele von ihnen führten auch eigene Infusions auf ihren Bar-Karten. Zurück in Köln wollte ich genauso ein Konzept umsetzen, denn es gab zu diesem Zeitpunkt in der Stadt kein reines Gin-Bar-Konzept.
Gin an sich bietet schon eine breite Geschmacksrange, und mit den Infusionen können wir das noch erweitern. Wir sind mittlerweile bei über 30 Rezepten angekommen. Dabei nehmen wir die aktuellen Geschmackstrends wie Beere oder Minze mit auf, sind aber auch experimentierfreudiger geworden und haben schon Rezepte mit Speck, Kakaobohnen, Chili, Veilchen oder Rosen umgesetzt. Insgesamt gibt es bei uns florale, scharfe, fruchtige, würzige oder süße Infusionen.“


Welche Gin-Basis nehmt Ihr für die Home-Infusionen?
„Das ist unser kleines Geheimnis. Doch so viel sei verraten, es handelt sich um einen klassischen London Dry Gin. Es dauerte einige Zeit, bis wir die richtige Basis für unsere Home-Infusionen gefunden hatten.“
Du hast von den unterschiedlichen Botanicals erzählt, die Du für die Infusionen verwendest. Das ist es aber gar nicht so einfach, denn Du kannst ja nicht einfach alles gleich lang im Gin mazerieren. Schließlich schmecken gewisse Botanicals nach einiger Zeit bitter. Wie lange lässt Du die Home-Infusion jeweils stehen?
„Das ist unterschiedlich und abhängig von den Zutaten. Auch bei Früchten muss man ein bisschen vorsichtiger sein, denn durch den Fruchtzucker kann es anfangen zu gären. Bei uns dauern die kürzesten Infusionen drei Tage, die längsten bis zu sieben Tagen.“
Gut, lass uns das Thema der Home-Infusionen weglegen und wieder hinter den Tresen gehen. Wie viele Gin-Produkte stehen hinter Dir?
„Aktuell stehen hier zwischen 300 und 350 Gins. Letztes Jahr hatten wir sogar auf 400 aufgestockt. Aber aufgrund der aktuellen Situation haben wir die Auswahl nicht weiter ausgebaut.“
Wie stellt ihr Euer Portfolio zusammen? Und auf welche Punkte legt Ihr dabei Euer Hauptaugenmerk?
„Die Neugierde auf ein Produkt treibt uns an. Wir wollen unseren Gästen immer wieder die neuesten Produkte anbieten. Schließlich sollen sie sie erst bei uns verkosten können, bevor sie sich eine Flasche davon zu Hause hinstellen. Aber wir stellen uns auch andere Fragen, bevor wir ein Produkt kaufen: 'Wie gut ist ein Gin hergestellt?' oder 'Welches Geschmacksprofil bringt er mit?' Und dabei spielt nicht unser Geschmack die Hauptrolle, denn sonst wäre es schnell mal langweilig – und das wollen wir unseren Gästen definitiv nicht bieten. Sie sollen bei uns einen interessanten Abend verbringen.“
Welche Produkte sind aktuell bei Euren Gästen gerade angesagt?
„Das hängt immer sehr stark vom Marketing der Gin Brands ab. Man merkt hinter der Bar immer, bei welchen Marken gerade größere Werbeaktionen laufen. Die Gäste bestellen diese Produkte, denn sie wollen sie auch probieren. Und nach und nach werden wieder vermehrt Spirituosen-Messen für Endverbraucher umgesetzt. Wenn in der Region gerade ein Gin Festival stattgefunden hat, kommen einige Gäste mit neuen Produkt-Wünschen ums Eck.“
Welches waren Eure zuletzt eingekauften Gins?
„Lass mich kurz überlegen. Zu den letzten gehören beide Produkte vom Berto Gin aus Italien oder der Bud Spencer Gin aus der Lantenhammer Destillerie in Bayern. Aber auch lokale Kölner Produkte, wie der Gin 70, kamen neu in unsere Auswahl. Und natürlich sind uns auch einige Produkte ausgegangen, die wir nachgekauft haben, so der Old Tom Gin von Citadelle oder der klassische von Kyrö. Und es kommen jede Woche neue Bestellungen dazu.“

„Wir nehmen die Gäste während des Abends sprichwörtlich an die Hand und zeigen ihnen ihren eigenen Gin-Geschmack.“
Bei Euch werden ja nicht nur Gin Tonics serviert, sondern auch ganz viele Cocktails. Was trinken Eure Gäste am liebsten?
„Einige bestellen sich einen Basil Smash, obwohl wir diesen nicht auf der Karte haben. Natürlich bekommen die Gäste ihn trotzdem. Kleine Randnotiz: Aktuell gibt es nur leider nicht so viel Basilikum auf dem Markt wie sonst. Klassische Gin-Cocktails, wie der Martini, Tom Collins oder der Gin Sour sind recht gefragt. Wobei den Martini schon eher Gäste bestellen, die gut damit umgehen können. Man nennt ihn ja nicht umsonst den König der Gin Cocktails.“
Wie ist das Verhältnis von bestellten Gin Cocktails zu Gin Tonics bei Euren Gästen?
„Das hält sich schön die Waage bei 50:50. Wir haben in der Tat viele Gäste, die wegen der Cocktails kommen, und andere mögen kein Tonic Water. Wir bieten ihnen dann an, den Gin mit Soda aufzugießen. Und witzig ist, dass immer mehr Gäste einen Gin Soda bestellen.“
Wie viele Tonic Waters stehen bei Euch hinter dem Tresen?
„Im Pouring haben wir zwei Produkte, eines von Schweppes und das andere von Thomas Henry. Als Upgrade bieten wir das Tonic Water von Fever Tree an. Über einige Zeit hatten wir noch Produkte von Fentimans. Sie sind aktuell aber schwieriger zu bekommen, so dass wir sie aus dem Sortiment genommen haben. Wir verzichten auf Produkte, die schwierig zu bekommen sind, denn hat sich der Gast einmal an eine Gin Tonic-Kombination gewöhnt, möchten wir ihm nicht sagen müssen, dass es das Tonic Water heute nicht gibt. Deswegen setzen wir auf klassische und gut verfügbare Produkte.“
Fentimans ist in seit Kurzem neu bei Columbus Drinks, dies als Info. Das heißt, bald kannst du dieses Produkt wieder ins Sortiment nehmen. Du bietest den Gästen 350 verschiedene Gin-Produkte an. Gibt es da besonders beliebte Sorten bei den Kölnern Gästen?
„Unser Publikum ist international und daher kann ich die Frage, welche Produkte besonders der Kölner bevorzugt, nicht zu 100% beantworten. Es freut mich, dass wir von vielen Kölnern, Touristen, Messebesuchern und Gästen aus dem Großraum Köln frequentiert werden. Unsere Gäste sind prinzipiell sehr experimentierfreudig. Und doch sind einige zu Beginn etwas überrascht, wenn wir sie fragen, was sie geschmacklich bevorzugen. Wir nehmen die Gäste während des Abends sprichwörtlich an die Hand und zeigen ihnen ihren eigenen Gin-Geschmack. Aber man kann es nicht auf einzelne Produkte herunterbrechen, eher auf Geschmacksausprägungen wie florale, würzige, klassische oder eben fruchtige Gins. Und wir haben in der Regel jeweils 5-6 Produkte für die Gäste zur Auswahl.“
Gut, dann halten wir uns hiermit nicht auf und tauchen in die Art und Weise ein, wie der Gin bei Euch getrunken wird. Gibt es inzwischen Gäste, die einen Gin nur pur bestellen?
„Nur den Gin pur kommt nach wie vor nicht oft vor. Was aber immer häufiger passiert, ist, dass Gäste den Gin erst pur mit Eis verkosten und danach ihr Tonic Water dazu gießen. Einige bestellen sich eine Tasting-Portion und bekommen 2 cl puren Gin in einem Tasting-Glas serviert.“
Ist fassgelagerter Gin bei Euren Gästen ein Thema?
„Ja ist es, aber natürlich nie so großes Thema wie der restliche Gin mit seiner Vielfalt. Aber gerade Gäste, die nicht so gerne Gin trinken und eher zu den Whisky-Liebhabern gehören, erreichen wir mit unserem Angebot an fassgelagerten Gins. Häufig entdecken sie, dass sie doch ganz gerne Gin mögen, denn die Fässer geben viele ähnliche Aromen an den Gin ab, die sie vom Whisky kennen und mögen. Oder Gäste, die generell offen sind, probieren fassgelagerte Gins aus, weil sie sie nicht kennen.“
Was sind eure besten fassgelagerten Produkte?
„Der Kyrö Dark Gin und der Dictador aus Kolumbien kommen bei unseren Gästen supergut an. Auch der Citadelle Old Tom ist ein fassgelagerter Gin und bringt dadurch eine weitere Würze ins Spiel, die sich sehr gut kombinieren lässt.“
Die letzten zwei Jahre waren für Gastronomen eine große Herausforderung. Und es geht direkt weiter mit Krieg, Rohstoffmangel, Preiserhöhungen und Energiekrise. Wie schlägt sich das auf Eure Gäste nieder? Sind sie preissensibler geworden?
„Bisher merken wir es nicht. Was man aber merkt, ist, dass die Leute vorsichtiger geworden sind. Wobei ich glaube, dass die Vorsicht auch auf Grund der aktuell steigenden Corona-Zahlen aufkommt. Unser Publikum ist sehr gemischt. Von 18 bis 82 Jahren kommen alle gerne zu uns.
Bezüglich der Preise merken wir nichts. Ich habe eher das Gefühl, dass die Gäste, die zu uns kommen, eine schöne Zeit haben möchten. Viele beschäftigen sich natürlich mit den aktuellen Themen; sie fahren nächstes Jahr vermutlich nicht in den Urlaub oder können sich nicht viele neue Dinge leisten. Dafür leisten sie sich einen schönen Abend, und das Gute dabei ist, dass sie zu Hause noch nicht mal die Heizung anstellen müssen. Diese Aussage habe ich schon das eine oder andere Mal mit einem Augenzwinkern von Gästen gehört.“
Wie viele Plätze habt ihr im Laden?
„66.“
Und wie oft seid ihr ausgebucht?
„Am Wochenende eigentlich immer. Unter der Woche ist es in der Regel ein wenig ruhiger. Im Sommer sind wir auch während der Woche ein bisschen besser gebucht, weil wir eine kleine Terrasse haben. Die wird während unserer Vier-Tage-Woche sehr gut besucht.“
Was kostet bei Euch ein Gin Tonic und ein Cocktail?
„Ab 8,50€. Das Mittel ist so bei 9,50€. Unsere Home-Gins gehen bei 8€ los. Unsere Cocktails kosten 9,50€. Wir versuchen die Preise so zu gestalten, dass wir nicht für jeden Drink einen separaten Preis haben. Deswegen haben die Cocktails alle den gleichen Preis.“
Welcher ist der teuerste Gin Tonic, den ihr serviert?
„Das ist ein Gin von der Cambridge Distillery für 30€.“
Wie viele Drinks oder Gin Tonics trinkt ein Gast an einem Abend?
„Zwischen 4 und 5.“
The Bär
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