Ausgabe 11/2020

Die Eisheiligen machen ihrem Namen alle Ehre!

ddw11/2020

Nach den Spätfrösten Mitte April sanken die Temperaturen
in den Nächten der vergangenen Woche
erneut unter den Gefrierpunkt. Waren die
Schäden vor einem Monat noch überschaubar,
so ist zu erwarten, dass die aktuellen Frostereignisse
der Anbaugebiete Baden, Württemberg, Franken,
Saale-Unstrut und Sachsen – zumindest in Teilen der Gebiete –
größere Schäden verursacht haben könnten. Valide Aussagen
über das tatsächliche Ausmaß werden erst später im Jahr
getroffen werden können. Es ist zwar nicht außergewöhnlich,
dass zu dieser Zeit des Jahres Spätfröste auftreten; problematisch
ist in diesem Zusammenhang jedoch, dass wir seit einigen
Jahren beobachten können, dass die Vegetationsentwicklung
im April und Mai im Vergleich zu früheren Zeiten weiter
fortgeschritten ist. Größere Triebe haben mehr Wasser im
Gewebe und sind daher schon bei weniger
tiefen Temperaturen anfällig. Bereits 2017
hat der frühe Austrieb dafür gesorgt, dass
durch Spätfrost erhebliche Schäden an den
Reben entstanden und im Ergebnis eine erheblich
kleinere Ernte erzielt wurde.
Seit Jahren ist zu beobachten, dass eine
frühere Reifeentwicklung oder häufigere
Extremwetterereignisse – regional oder lokal
mit unterschiedlichen Intensitäten – auftreten.
Experten und die gesamte Weinbaubranche
sind sich einig, dass es sich hierbei
um Folgen des Klimawandels handelt und die Weinbaubetriebe
angesichts des Anstiegs der Temperaturen und den damit
verstärkt auftretenden Wetterphänomenen immer größer
werdenden Herausforderungen ausgesetzt sind. Möglichkeiten
des Risikomanagements im Weinbau werden daher seit
Jahren diskutiert, praktiziert und weiterentwickelt. Neben
dem Schutz vor Spätfrösten betrifft dies auch den Erosionsschutz,
die Hagelabwehr, aber auch den Schutz vor neuen
Pflanzenkrankheiten, Bewässerung, Entwicklung neuer Rebsorten
oder neue Erziehungssysteme für Reben. Wichtig ist
in diesem Zusammenhang insbesondere, dass der Staat bzw.
die EU die Entwicklung und die Umsetzung von präventiven
Maßnahmen der Weinbauunternehmen gegen Witterungsrisiken
entsprechend unterstützt. Die in diesem Zusammenhang
existierenden Versicherungsmöglichkeiten möchte ich
an dieser Stelle nicht unerwähnt lassen.
Natürlich wollen wir auch diesmal einen Blick auf die neusten
Entwicklungen im Zusammenhang mit der Corona-Krise
werfen. Die ersten Gastronomiebetriebe haben in der letzten
Woche mit strengen Auflagen wieder geöffnet. Auch für
den Weinausschank und die Weinverkostungen wurden zumindest
in einigen Bundesländern konkrete Regelungen getroffen.
Für unsere Erzeuger bleibt zu hoffen, dass diese
Öffnungen möglichst schnell zu einer umfassenden Wiederbelebung
dieses Absatzkanals führen. Ich mahne hier dazu,
die derzeitige Handhabung nicht durch eine Nichteinhaltung
der Vorgaben zu gefährden. Ich habe in diesem Zusammenhang
auch wenig Verständnis für Gruppierungen, die Demonstrationen
gegen Einschränkungen von Grundrechten
für ihre Zwecke missbrauchen.
Abzuwarten bleibt, ob neben den Lockerungen
für das Gastronomie- und Hotelgewerbe
die Lockerungen der Reisebestimmungen
eine Belebung des Tourismus,
auch des Oenotourismus, in den Sommermonaten
ermöglichen. Das wäre sehr wichtig
für unsere Anbaugebiete!
Wichtig
wäre auch, dass
der europäische Berufsstand
bei seinem
Kampf in Brüssel, ein
zusätzliches Budget für die Finanzierung
eventueller Krisenmaßnahmen
durchzusetzen, von allen Seiten – auch
von der deutschen Politik – unterstützt
wird. Diesen Appell richten wir daher
noch einmal an Berlin! F