„Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, wie verheerend sich die Schließung der Gastronomie gerade auf die Brauwirtschaft ausgewirkt hat“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele. (Foto: Stock Adobe / Mitch Shark)
„Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, wie verheerend sich die Schließung der Gastronomie gerade auf die Brauwirtschaft ausgewirkt hat“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele. (Foto: Stock Adobe / Mitch Shark)

Brauereien leiden unter Coronakrise

Die Coronapandemie hat dramatische Folgen für die deutsche Brauwirtschaft. 88 Prozent der Brauereien haben deshalb bereits Kurzarbeit angemeldet, ergab eine aktuelle Umfrage des Deutschen Brauer-Bundes (DBB). Mit Blick auf die ersten vier Monate des Jahres bis Ende April 2020 hatten die vom Verband befragten Brauereien mit mehr als 30 Mitarbeitern einen Einbruch des Bier-Absatzes um durchschnittlich 18 Prozent zu verbuchen. Im selben Zeitraum ging der Umsatz dieser Brauereien um 22 Prozent zurück. Bei kleineren Brauereien, Gasthausbrauereien und Craftbrauern mit weniger als 30 Mitarbeitern stürzte der Bierabsatz in den ersten vier Monaten des Jahres bedingt durch die Coronakrise sogar um durchschnittlich 32 Prozent ab, der Umsatz brach um mehr als ein Drittel ein (35 Prozent), ergab die Umfrage des DBB. Bundesweit gibt es mehr als 1.500 Brauereien, die meisten Betriebe sind handwerklich und mittelständisch geprägt und befinden sich in Familienbesitz.

„Die Ergebnisse der Umfrage zeigen, wie verheerend sich die Schließung der Gastronomie gerade auf die Brauwirtschaft ausgewirkt hat“, sagt der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, Holger Eichele. Nicht nur die wirtschaftliche Lage vieler Gaststätten, Restaurants, Kneipen, Cafés, Clubs und Bars sei nach wochenlanger Schließung katastrophal. „Unsere Brauereien sind durch die Krise doppelt hart getroffen, weil zum einen der Bierabsatz über die bundesweit mehr als 200.000 Gaststätten über Nacht auf null gefallen ist, zum anderen auch Kredite, Pachten und Mieten von Gastronomen häufig nicht mehr bedient werden können“, sagt Eichele. Die Brauereien seien Partner der Gastronomie, sie sicherten über Kredite Millionen-Investitionen im Gastgewerbe ab. Durch den Dominoeffekt geraten nun immer mehr Brauereien selbst in massive Probleme – zumal auch noch die Auslandsmärkte am Boden und die Bier-Exporte zum Stillstand gekommen seien. „Ich kann nur hoffen, dass die Bundesregierung ihre Ankündigungen wahr macht und an Hilfen arbeitet, die diesen Namen auch verdienen“, so der Hauptgeschäftsführer. Der Brauer-Bund sei in Kontakt mit Bund und Ländern, um Möglichkeiten zu prüfen, wie der Gastronomie und der Brauwirtschaft als direkt betroffener Partnerbranche in dieser Notsituation geholfen werden könne.

Staatlichen Hilfen für die Betriebe reichen bei weitem nicht aus

In der Beurteilung staatlicher Hilfen nannten 80 Prozent der vom DBB befragten Brauereien die Erleichterungen beim Zugang zu Kurzarbeitergeld hilfreich. 56 Prozent der Betriebe nutzen das Angebot von Steuerstundungen, 53 Prozent profitieren von Zuschüssen von Bund und Ländern. Liquiditätshilfen wie Bürgschaften und Überbrückungskredite bewerten 24 Prozent als hilfreich. Dass die von Bund und Ländern derzeit angebotenen Hilfen ausreichend sind, glauben aber nur 16 Prozent der Brauereien. Zwei Drittel der Unternehmen fordern mehr staatliche Unterstützung ein.

Die befragten Brauereien sind insbesondere angewiesen auf eine schnellere Umsetzung der Finanz-hilfen, längere Laufzeiten der staatlichen Programme und direkte Zuschüsse zur Liquiditätssicherung. Überdies drohten Existenzgründer und Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitern durch das Raster zu fallen. Mit Blick auf den Existenzkampf der Gastronomie werden Bürgschaften für neue Gastro-Finanzierungen angeregt, um das Gastgewerbe langfristig am Leben halten zu können. Überfällig seien zügige Lockerungsschritte der Länder für die gesamte Gastronomie und für Festveranstaltungen sowie eine dauerhafte Mehrwertsteuer-Reduzierung in der Gastronomie, die auch Getränke einschließt, so der Tenor der DBB-Umfrage.

Leergut wird knapp – bei Logistik, Supply und Sortierung gibt es Engpässe

Der Anteil der Brauereien, bei denen die Auswirkungen der Coronakrise auf die betrieblichen Abläufe durchschlagen, ist in den vergangenen Wochen deutlich gewachsen: Während nur noch 31 Prozent der Betriebe keine Auswirkungen feststellen, macht sich in 28 Prozent der Brauereien eine zu-nehmende Leergutknappheit bemerkbar. 24 Prozent sehen Engpässe bei der Materialbeschaffung, 21 Prozent melden Engpässe bei der Logistik. 17 Prozent der Betriebe berichten über Konflikte mit dem Handel, der z.B. Außendienstmitarbeiter abweise oder sich nur noch „auf Panik-Sortimente konzentriert“. Personalmangel (5 Prozent) und Engpässe bei der Rohstoffversorgung (4 Prozent) spielen aktuell eine untergeordnete Rolle.

Ergänzend weisen die Brauereien auf drohende Kostensteigerungen etwa bei der CO2-Beschaffung hin, den sich abzeichnenden Personalmangel bei der Sortierung von Leergut, die Kurzarbeit bei Zulieferern und gestörte Lieferketten im grenzüberschreitenden Warenverkehr.

Initiativen der Brauer für Gastwirte, GFGH und Hopfenbauern

Trotz der historischen Herausforderungen für die Betriebe und ihre Belegschaften unterstützen viele der bundesweit 1.500 Brauereien seit Beginn der Krise die Gastronomie, das Gesundheitssystem, soziale Einrichtungen und vergleichbare Institutionen mit unterschiedlichsten Initiativen. Die Brauereien und Braugruppen haben bereits früh Solidaritätsaktionen für die Gastronomie und die Hotellerie gestartet, Pachten ausgesetzt, Stundungen veranlasst, Zinsen und Tilgungen reduziert. Aktionen wie „Mein Lieblingslokal“, „Kochen für Helden“ oder „Freibier for Future“ werden in der DBB-Umfrage genannt sowie Getränke- und Geldspenden an Klinikpersonal, an Behörden oder Hilfsdienste. Auch kulante Regelungen und finanzielle Unterstützungen für den Getränkefachgroßhandel, der in der Krise auf unzähligen Fässern sitzen geblieben ist, sind zu erwähnen. Mit der Herstellung und Abgabe von Alkohol für die Herstellung von Desinfektionsmitteln haben viele Brauereien aktiv den Kampf gegen die weitere Ausbreitung der Coronapandemie unterstützt. Tatkräftige Unterstützung leisteten die Brauereien auch auf den Hopfenfeldern, wo Auszubildende aus der Brauwirtschaft den durch die fehlenden Saisonarbeitskräfte unter Druck geratenen Hopfenbauern unter die Arme greifen.

Über die Umfrage

Der Deutsche Brauer-Bund hatte von 30. April bis 6. Mai 2020 seine zweite Branchenumfrage zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Coronakrise auf die deutsche Brauwirtschaft durchgeführt. Es beteiligten sich eigenen Angaben zufolge fast 90 Brauereien aller Größen. Knapp ein Drittel der teilnehmenden Betriebe hat weniger als 30 Mitarbeiter, ein weiteres knappes Drittel bis zu 60. Jeweils etwa 15 Prozent der befragten Brauereien haben zwischen 60 und 100 sowie zwischen 100 und 300 Mitarbeiter, knapp 11 Prozent mehr als 300 Mitarbeiter. Damit spiegelt die Zusammensetzung ungefähr die Größenrelationen der deutschen Braubranche wider, gleichwohl kann es sich bei der Befragung nur um ein Stimmungsbild handeln. // ja

GZ 09/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Gleisanschluss

Industrie und Getränkefachgroßhandel nehmen die Schiene ins Visier. Dekarbonisierung und Personalmangel drängen zum Umdenken. 56 Organisationen haben zu Beginn des Jahres die „Charta für die Schiene“ unterschrieben. Die Zeit drängt, denn der Gesetzgeber verlangt bis 2030 eine CO2-Reduktion von 40 Prozent gegenüber 2018. Die Crux: eine marode Bahn.

Aktuelles Interview: Maximilian Huesch

Maximilian Huesch ist Logistikexperte, Beirat und geschäftsführender Partner bei Huesch & Partner. Im Interview mit der GZ macht der Profi deutlich, vor welchen Herausforderungen die Branche steht, den Verkehr aufzugleisen.

Gastkommentar: Marcus Vollmers

Marcus Vollmers ist Geschäftsführer der Get N GmbH & Co. KG in Langenhagen, einem bundesweiten Zusammenschluss regional marktführender Getränke-Fachgroßhandelsunternehmen. Im Gastkommentar erklärt der Geschäftsführer, welche Vorteile eine stärkere Nutzung des Schienenverkehrs in Bezug auf Nachhaltigkeit und Bewältigung des Fachkräftemangels bieten.