Ausgabe 07/2020

Kollektive Hypochondrie?

Die Mixtur klingt apokalyptisch und geradezu prädestiniert, eine sensationsheischende Gesellschaft und ihre Medien zu verführen: Dunkle chinesische Märkte, Menschenmassen zusammengepfercht in Millionenstädten, schlechte Luft und verdreckte Viehmärkte, dazwischen allerlei Getier von Schlangen über Gürteltiere bis Fledermäuse als Delikatessen. Hier ist der Ursprung für einen Ausbund der Hölle zu suchen: Ein Krankheit, so gefährlich wie noch nie, lässt sich dort erschaffen. Erste Tote, woran gestorben? Ein Arzt warnt, stirbt selbst. Die Furcht wandelt sich in Panik.

Das ist die Chance für Heilsbringer, Experten, Sensationsreporter und Politiker, immer eilfertig mit Annahmen zugange und um Lösungen nicht faul. Flugs kommt die Kette in Gang. Ein neues Virus, ein Name, der binnen Tagen als Geißel der Menschheit um die Erde reist. Die Expertokratie schlägt kräftig
Schaum. Der eine warnt, der andere beschwichtigt. Wie grässlich sieht das Virus aus, das im Hintergrund jede Nachricht ziert. Giftig rot sind die Spikes. Wie Stacheln einer Seemine, jeden Moment zum Explodieren bereit.

So wird panische Furcht und Entsetzen geschürt. Die Wahrheit kommt scheibchenweise ans Tageslicht. Das Corona-Virus kann jeder bekommen und
mehr als wir ahnen, sind bereits infiziert. Das Virus ist in der Welt und wird auch nicht mehr gehen. Da die Viren vorne im Hals sitzen, können sie sich schnell verbreiten, sind ansteckend. Die Gefährlichkeit ist nicht größer als bei einer normalen Grippe. Nur leider besitzt die Welt keine Herdenimmunität. Alte und Kranke, seltener Junge, können daran sterben. 

Also ist Vorsicht angebracht. Distanz, ja bitte, aber mit Maß und Ziel. Vor allem muss die Verhältnismäßigkeit stimmen. Der jetzige Shutdown, der mehr als widersprüchlich geregelt ist, vernichtet zu viel. Die Gesellschaft wird ärmer. Handeln die Politiker, die die Exekutive repräsentieren, richtig, wenn durch Kollateralschäden mehr Menschen und Lebensjahre vernichtet, als auf der anderen Seite gewonnen werden?

Jeder Tote ist einer zu viel und jeder Einzelne ist bedauernswert, egal in welchem Alter. Aber Panikmache und Horrorszenarien sind fehl am Platz. Es muss unterschieden werden, ob jemand mit oder durch das Virus gestorben ist. Die Datenlage, räumen die Experten ein, ist dünn, fehlerhaft und von groben, manchmal auch irreführenden Annahmen geprägt. Die Folgen für Gesellschaft und Wirtschaft schwanken von tolerierbar bis katastrophal. Schwache werden untergehen, daraus entsteht Neues, ok.

Was mir wirklich Angst macht, ist etwas anderes. Es ist diese klammheimliche Lust am Untergang, die aus vielen Kommentaren und Stellungnahmen herauszuhören ist. Alle sind betroffen, alle müssen zu Hause bleiben. Niemand darf mehr reisen. Alle sind kaserniert, eingesperrt, kontrolliert und gleich gemacht. Gleicher geht gar nicht mehr. Wer vor Wochen noch erfolgreich war, muss jetzt betteln gehen. Das ist, was mich nervt, dieser spießige Mief einer gleichgeschalteten Gesellschaft. Allen geht es gleich schlecht, welch eine infame Freude bornierter Sozialutopisten.

Noch mehr fürchte ich mich jedoch vor der rasanten Talfahrt rechtsstaatlicher Prinzipien. Wie schnell hat die Gesellschaft die Grundsätze einer durch das Parlament kontrollierten Exekutive über Bord geworfen. Kontrollen, Ausgangssperren, Versammlungsverbote, demnächst ständiges Ausweisen. Was kommt als nächstes? Die elektronische Fußfessel, der totalitäre Staat, der uns Entmündigten Almosen in Form von Beihilfen und Zuschüssen zugesteht, was er uns vorher abgeknöpft hat? Wo ist das Aufbegehren gegen willkürliche staatliche Maßnahmen, die sich als grob fehlerhaft erweisen? Millionen Menschen in Handel, Dienstleistungsgewerbe aber auch in der Industrie bis hin zur Landwirtschaft werden ihre beruflichen Existenzen verlieren.

Übernehmen die Politiker dafür die Verantwortung? Können sie das Leid verantworten, das sie hier an der Jugend begehen?