Ihringer Winklerberg; Foto: www.deutscheweine.de
Ihringer Winklerberg; Foto: www.deutscheweine.de

Lagen-Verkostung Baden

Achkarrer Schlossberg vs. Ihringer Winklerberg: Baden ist Burgunderland, die kuriose Vulkanerhebung Kaiserstuhl sein Epizentrum. Doch statt Lava fließt heute exzellenter Rebensaft aus dem Berg, am heißesten wird er aus den Top-Lagen Schlossberg und Winklerberg gehandelt.

Text: Michael Hornickel

Der Kaiserstuhl dürfte, vom Schwarzwald mal abgesehen, eine der bekanntesten Landschaften Badens sein. Dabei handelt es sich um ein gerade mal 100 Quadratkilometer großes Mittelgebirge, das mitten in der ansonsten endlos flachen Oberrheinischen Tiefebene, zwischen Vogesen und Schwarzwald, herausragt. So wirkt die maximal 377 Meter über dem Rhein liegende Erhebung vulkanischen Ursprungs ein bisschen verloren, wie ein Unfall der Natur – wenn auch ein sehr reizvoller. Der Kaiserstuhl war einst der größte Vulkan des Oberrheingrabens, das ist jetzt allerdings 15 Millionen Jahre her. Von Kratern ist durch Erosion allerdings nichts mehr zu sehen, auch die einstige Höhe von vermutlich 1 000 Metern wurde über die Jahrmillionen längst abgetragen.

Nichts erinnert am Kaiserstuhl übrigens an eine Sitzgelegenheit, allenfalls von der Rhein-Seite und aus der Luft betrachtet lässt sich mit viel Phantasie ein Sessel ausmachen. Daher soll der Name auch nicht kommen, sondern vielmehr auf König Otto III. zurückgehen, der 994 in Sasbach zu Gericht „saß“, woraufhin das ganze Mittelgebirge „Königsstuhl“ getauft wurde, zwei Jahre später, nachdem Otto III. zum Kaiser gekrönt wurde, wurde daraus dann schließlich der „Kaiserstuhl“. Belegt ist das aber nicht.

Der Wein ist heute jedenfalls der wichtigste Wirtschaftszweig des Kaiserstuhls. Der gleichnamige Bereich beherbergt etwa ein Viertel des Badischen Weinbaus. Seine Rebflächen wurden über drei Jahrzehnte hinweg in Klein- und Großterrassen flurbereinigt, was nicht immer gelungen aussieht, wirken manche hohen Stützmauern doch wie Teile einer Festung. Dennoch bleibt der Kaiserstuhl eine einzigartige Kulturlandschaft, bekannt als einer der wärmsten Flecken Deutschlands.

Mit den Lagen Achkarrer Schlossberg und Ihringer Winklerberg haben wir die zwei renommiertesten Lagen des Kaiserstuhls gewählt, die beide benachbart an der Süd-Südwest-Ecke des Kaiserstuhls liegen. Ihnen gemeinsam ist vor allem der Vulkanverwitterungsboden mit unterschiedlichen Lössschichten.

Achkarrer Schlossberg

Der beschauliche Weinort Achkarren liegt mitten drin im Vulkangebirgszug. Der Schlossberg ist der Stolz der Gemeinde, in der fast jeder zweite Bewohner Winzer ist. Sie alle bewirtschaften den Schlossberg, verschieden große Rebflächen, zum Teil in kleinen Terrassen, oft in großen Hanglagen, ein bisschen kreuz und quer zusammengewürfelt und doch wohl geordnet durch das allen Rebzeilen gemeinsame Ziel: Das Streben zum leicht bewaldeten Gipfel, auf dem allerdings kein Schloss mehr steht. Im Laufe der Geschichte wurde es zerstört und schließlich, bis auf ein paar Mauerreste, abgetragen. Burgundersorten, allen voran der Grauburgunder, sind hier, wie überhaupt im gesamten Weinanbaugebiet Baden, der absolute Trumpf.

Ihringer Winklerberg

Ihringen liegt am südlichen Ende des Kaiserstuhls und bezeichnet sich selbst als der „wärmste Ort Deutschlands“. Westlich der Gemeinde steigt der Winklerberg auf, sicherlich eine der spannendsten Weinlagen Deutschlands. Spektakulär präsentieren sich die einzelnen Steil- und Hanglagen auf verschiedenen Ebenen wie ein zufällig zusammengewürfeltes Mosaik von Kleinterrassen, von zum Teil beeindruckenden Stützmauern gefestigt. Eine einzigartige, beeindruckende Weinkulturlandschaft.

Mit der Flurbereinigung wurde die Lage in die Ebene erweitert, wodurch genau genommen zwei Lagen verschiedener Niveaus entstanden sind.

Die Verkostung

Wir verkosteten 70 Weine aus beiden Lagen, vor allem Grau-, Weiß- und Spätburgunder, die absoluten Klassiker der Region. Dabei standen alle Qualitätsstufen und Preisklassen (von 6,20 Euro bis 60,00 Euro) auf unseren Probentischen, im Wesentlichen aus den jüngeren Jahrgängen 2014 und 2013. Bei den Spätburgundern auch einiges aus dem Jahrgang 2012 und älter.

Etwa drei Viertel der verkosteten Weine wurden mindestens als „sehr gut“ eingestuft (ab 85 Punkte aufwärts), genau ein Viertel sogar als „herausragend“ (ab 89 Punkte aufwärts), was das hohe Qualitätsniveau dieser Herkunft beweist. Neben den Klassikern fielen übrigens auch ein paar ausgezeichnete Chardonnays auf. Wesentliche Lagenunterschiede ließen sich derweil nicht herausschmecken, beide Lagen sind sich von der Bodenbeschaffenheit her ja auch sehr ähnlich.

Bei den vorgestellten Weinen wurde Schlossberg manchmal mit „ß“ und manchmal mit „ss“ geschrieben. Wir haben uns dabei stets nach den Angaben der Winzer auf deren Etikett gerichtet. So halten etwa die Genossenschaften und der Adel gerne am alten „ß“ fest, „ss“ wäre heute richtig, auch international verständlich.

Außerdem: Falls nicht anders angegeben, handelt es sich immer um Qualitätsweine ohne Prädikat.