WEINWIRTSCHAFT (14/2015): Leistungstest deutsche Genossenschaften

Es war ein Jahr für die Genossen aus Franken und Baden, die sieben der ersten zehn Plätze unter sich ausmachten. Württemberg und die Pfalz bleiben dran und auch viele Große überzeugten.

Bereits zum zwölften Mal galt es für Deutschlands Winzergenossenschaften, ihre besten und »richtigsten« Weine für den Leistungstest der WEINWIRTSCHAFT ins Rennen zu schicken. Setzte man auf den restsüßen Joker oder konzentrierte man sich ganz auf hochwertige trockene Weine? Traute man sich, auch gereiftere Premiumweine einzureichen oder verließ man sich eher auf den neuen Jahrgang? So vielfältig wie die 59 teilnehmenden Erzeuger waren auch ihre Herangehensweisen. Die Tendenz ging eindeutig in Richtung aktuelle Jahrgänge (239 der insgesamt 354 eingesendeten Weine stammten aus 2014 und 2013), doch beim Tasting fielen uns andererseits auch einige genial gereifte Weine auf. Betrachtet man die Anbaugebiete, so bietet sich ein gewohntes Bild: Die drei mit Abstand am stärksten vertreteten Anbaugebiete waren Baden (26 Betriebe, 157 Weine), Württemberg (14 Genos, 84 Weine) und die Pfalz (11 Betriebe, 67 Weine). Die schiere Menge bedeutete jedoch keinesfalls automatisch auch einen Platz auf den vorderen Rängen, denn vor allem die nicht unbedingt als Genossenschafts-Hochburgen bekannten Regionen Franken und Ahr demonstrieren mit ihren Ergebnissen, dass »weniger« viel mehr sein kann.

Sieger aus Sommerach

Zum zweiten Mal in der Geschichte unseres Leistungstests schafft der Winzerkeller Sommerach den Sprung an die Spitze. Sowohl damals (2006) als auch bei der 2015er-Ausgabe des Wettbewerbs führten hoch bewertete Silvaner den Winzerkeller auf die Siegerstraße. Doch in diesem Jahr bewies die Genossenschaft darüber hinaus eindrucksvoller als in den Vorjahren ihr feines Händchen für hochklassige Weißweine im Allgemeinen. So kamen zum 91-Punkte-Silvaner (eine enorm spannende, animierend-würzige 2012er Auslese) eine Weißburgunder Spätlese und der »Weinreich«-Traminer (beide aus 2013) mit jeweils 88 Punkten hinzu. Ein Klassiker (der übrigens schon 2006 mit zum Sieg verhalf ) ist der Silvaner aus der Serie »Edition St. Valentin« – auch in diesem Jahr lieferte er mehr als solide 86 Punkte. Man merkt, dass hinter dem Sortiment der rund 200 Hektar großen Genossenschaft ein klares Qualitätskonzept steht. doch darauf will man sich nicht ausruhen. Der Geschäftsführer und Vorstandsvorsitzende Frank Dietrich kündigt für die Zukunft Verschlankungen und Feintuning an: »Mit verfeinerten Erzeugungsprogrammen in unseren Weinbergsflächen legen wir aktuell bereits die qualitativen Grundlagen und werden im kommenden Jahr maßgeschneiderte Konzepte für die einzelnen Vertriebswege vorstellen.« Dietrich fügt im Hinblick auf die weitere Strategie an: »Wir konzentrieren unsere Budgets auf die Stärkung und die Steigerung des Bekanntheitsgrades unserer Marke Sommerach und die Kommunikation unseres Markenkerns. Damit positionieren wir uns als authentische, handwerkliche und darüber hinaus qualitativ hochwertige Alternative zu den etablierten Anbietern unserer Region, insbesondere für den Fachhandel und die Gastronomie.«

Bad Cannstatt Zweiter

Auch auf dem zweiten Platz reiht sich eine Genossenschaft ein, die in den letzten Jahren mit großer Konstanz punkten konnte. 2013 hatten die Weingärtner Bad Cannstatt den Leistungstest sogar gewonnen, im Vorjahr reichte es für Platz 7. Mit 60 Hektar ist Bad Cannstatt eine der kleinsten Genossenschaften mit eigener Kellerwirtschaft. Zukünftig firmiert die WG als Weinfactum und will damit sein Konzept unterstreichen, wie ein Weingut zu arbeiten, mit »kleineren Mengen, höchsten Qualitäten und entsprechenden Marktpreisen «, so Geschäftsführer Marc Nagel. Bei der Genossenschaftsverkostung überzeugte Bad Cannstatt insbesondere mit seinen roten Qualitäten. Dabei bewiesen sie, dass sie nicht nur Schwäbisch können, denn der am höchsten bewertete Wein war der 2011er »3*« Shiraz aus dem Cannstatter Zuckerle, der 90 Punkte erhielt. Dem stand der 2012er »3*« Lemberger, ebenfalls aus dem Zuckerle, mit 89 Punkten nur wenig nach. Der 2012 Pinot Noir »3*« mit 87 Punkten und der 2014er Riesling »1*« aus dem Zuckerle rundeten das Ergebnis ab.

Dagernova auf der Drei

Im vergangenen Jahr holte sich die Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr den ersten Platz, 2015 darf sich die Ahr über »Bronze « freuen. Die Medaille geht diesmal allerdings nicht an die älteste Winzergenossenschaft der Welt, sondern nach Bad Neuenahr-Ahrweiler. Die Weinmanufaktur Dagernova überzeugte dabei mit ihrer ganz traditionellen Kernkompetenz, den roten Burgundersorten – anders als der Vorjahressieger aus Mayschoß, dessen höchstbepunktete Weine 2014 zwei Rieslinge waren. Nun also lautete das Top-Trio bei Dagernova: Spätburgunder (2011 Dernauer Schieferlay Auslese trocken, 89 Punkte), Frühburgunder (2013 Dernauer Hardtberg, ebenfalls 89 Punkte) und nochmals Spätburgunder (2012 Bachemer Karlskopf FS, 86 Punkte). Wie in anderen Regionen, so gewinnt auch für die mit gut 150 Hektar größte Genossenschaft des kleinen Weinbaugebiets Ahr das Endverbrauchergeschäft an Bedeutung. Mit der Umwandlung des Dernauer Dagernova-Weinkellers zum Weinprobierraum (die Eröffnung fand im Oktober 2014 statt) macht man einen weiteren wichtigen Schritt in Sachen stärkere Direktvermarktung.

Das Verfolgerfeld

Genauso spannend wie die Betrachtung der vordersten Plätze ist einmal mehr der Blick auf das unmittelbare Verfolgerfeld. Auch 2015 war es wieder ein enges, abwechslungsreiches Rennen. Auf Platz vier positioniert sich Divino Nordheim Thüngersheim, und die Genossen liefern den Beweis, dass ihre Weine sehr gut reifen können: Je 89 Punkte gab es für den 2011er Barrique- Frühburgunder und die 2012er Silvaner-Spätlese aus der äußerst spannenden »Charakter F«-Serie, bei der zwar offensiv der Begriff »Sponti-Wein« auf dem Etikett prangte, die sich aber wunderbar gereift, fein-würzig und eben auch langlebig zeigte. Der fünfte
Platz ging nach Baden an die Winzergenossenschaft Rammersweier, die damit als badischer Regionalsieger hervorgeht und ihr bislang bestes Ergebnis im Wettbewerb feiern kann. Insgesamt fiel in diesem Jahr das hohe Qualitätsniveau der Genossenschaften Badens auf. So gingen neben dem fünften sogar noch drei weitere Plätze innerhalb der Top 10 in Deutschlands wärmstes Anbaugebiet: Die WG Durbach platzierte sich auf Rang 7, direkt gefolgt vom Kaiserstühler Winzerverein Oberrotweil (der immer für eine respektable Platzierung gut ist), auf Platz 10 beschließt die Winzergenossenschaft aus Bischoffingen-Endingen am Kaiserstuhl die Rangliste. Doch man darf auch nicht den Erfolg der Württemberger Nachbarn unterschlagen, die neben dem zweiten Platz ein weiteres Mal unter den besten Zehn auftauchen. Die Weingärtnergenossenschaft Dürrenzimmern-Stockheim legte mit vier Weinen jenseits der 85-Punkte-Marke (einmal 87, dreimal 86 Punkte) einen tadellosen Auftritt hin.

Sowohl die pfälzischen als auch die württembergischen Genossenschaften mussten der Stärke der Ahr und Frankens sowie der badischen Renaissance etwas Tribut zollen. Sie waren weniger prominent in der Top 10 vertreten als in der Vergangenheit. Innerhalb der Gebiete beweisen sich bekannte Größen. So stehen in der Pfalz die Vier Jahreszeiten Winzer aus Bad Dürkheim an der Spitze, gefolgt von den Wachtenburg Winzern, Wachenheim, die im Vorjahr die Gebietsspitze besetzten. Auch der dritte Platz bleibt mit der Winzergenossenschaft Herrenberg-Honigsäckel aus Ungstein in der direkten Nachbarschaft der Bad Dürkheimer. Die Ungsteiner setzten in der Verkostung übrigens ungewöhnlich auf Viognier, Cabernet Sauvignon und eine Cuvée aus Scheurebe und Gewürztraminer.

In Württemberg kamen die Weingärtner Cleebronn-Güglingen erneut unter die besten drei Genossenschaften des Gebiets und reihen sich hinter Bad Cannstatt sowie Dürrenzimmern-Stockheim ein. Der 2011er »Emotion CG« Riesling bewies mit 88 Punkten einmal mehr die Riesling-Kompetenz aus Cleebronn, die sich sowohl in der Spitze wie in der Basis wiederfand.

Generell erreichten die Rotweine in diesem Jahr bessere Höchstnoten als die Weißweine. Hier konnte Baden seine starken Jahrgänge 2011 und 2012 ins Rennen schicken. Nicht ganz so stark wie in der Vergangenheit war das Ergebnis bei den süßen Weinen. Dies lag auch daran, dass wir aus Gründen der Wettbewerbsfairness die Teilnahme auf Prädikate bis maximal Auslese beschränkten, sodass man nicht mit außergewöhnlichen Trockenbeerenauslesen oder Eisweinen das normale Ergebnis nach oben ziehen konnte. Dennoch kamen viele bekannte Gesichter an die Spitze.

Christoph Nicklas & Clemens Gerke

Top 25 Deutschland

1. Winzer Sommerach – Der Winzerkeller
2. Weinfactum Bad Cannstatt
3. Dagernova Bad Neuenahr-Ahrweiler
4. Divino Nordheim Thüngersheim
5. Winzergenossenschaft Rammersweier
6. Winzergemeinschaft Franken
7. Durbacher Winzergenossenschaft
8. Kaiserstühler Winzerverein Oberrotweil
9. Weingärtnergenossenschaft Dürrenzimmern-Stockheim
10. Winzergenossenschaft Bischoffingen-Endingen am Kaiserstuhl
11. Vier Jahreszeiten Winzer
12. Weingärtner Cleebronn-Güglingen
13. Felsengartenkellerei Besigheim
14. Weinmanufaktur Untertürkheim
15. Wachtenburg Winzer
15. Winzergenossenschaft Sasbach am Kaiserstuhl
17. Pfaffenweiler Weinhaus
18. Winzergenossenschaft Mayschoß-Altenahr
19. Alde Gott Winzer
20. Lauffener Weingärtner
21. Weingärtner Stromberg-Zabergäu
22. Winzergenossenschaft Bickensohl
23. Heuchelberg Weingärtner
24. Winzer Herrenberg-Honigsäckel
25. Winzergenossenschaft Herxheim am Berg

Top Anbaugebiete

Pfalz
1. Vier Jahreszeiten Winzer
2. Wachtenburg Winzer
3. Winzer Herrenberg-Honigsäckel
4. Winzergenossenschaft Herxheim am Berg
5. Deutsches Weintor

Baden
1. Winzergenossenschaft Rammersweier
2. Durbacher Winzergenossenschaft
2. Kaiserstühler Winzerverein Oberrotweil
4. Winzergenossenschaft Bischoffingen-Endingen am Kaiserstuhl
5. Winzergenossenschaft Sasbach am Kaiserstuhl

Württemberg
1. Weinfactum Bad Cannstatt
2. Weingärtnergenossenschaft Dürrenzimmern-Stockheim
3. Weingärtner Cleebronn-Güglingen
4. Felsengartenkellerei Besigheim
5. Weinmanufaktur Untertürkheim

Franken
Winzer Sommerach – Der Winzerkeller