Foto: Richard Semik/Shutterstock.com
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"Lieu-dits" aus dem Elsass

 

 

Zwischen der generischen Appellation Alsace und den spezifischen Grands Crus klafft noch eine Lücke. Die könnten die zahlreichen nicht klassifizierten Lagen etwa als „Premier Cru“ ausfüllen. Wir haben knapp 100 potenzielle Kandidaten verkostet.

Eine Klassifikation „Premier Cru“ gibt es im Elsass noch nicht. Doch eine Adaptation an die burgundische Klassifizierungs-Pyramide mit Gebiets-AOP, Gemeinde-AOP, Premier Cru und Grand Cru drängt sich angesichts der vielen Hundert Einzellagen des Elsass geradezu auf. Ähnlich wie deutsche Winzer nennen viele elsässische Kollegen den althergebrachten Namen eines Gewanns, eines Flurstücks oder einer Einzellage auf dem Etikett. „Lieu-dit“, also eine namentlich bekannte Stelle oder Örtlichkeit, nennen unsere Nachbarn diese Lagen, die in der Regel historisch gewachsen sind und zum Teil schon vor Jahrhunderten für ihre besondere Qualität, manchmal sogar für ihren besonderen Charakter, bekannt waren.

So untergliedern viele Winzer ihr Sortiment in Alsace (oder „Rebsortenwein“), in Lieu-dit und Grand Cru. „Lieu-dit“ ist somit schon zu einem Segment im Sortiment geworden. Das macht durchaus Sinn: Diese Lagen sind zum Teil sehr klein, oft geologisch definiert, das weinbauliche Potenzial bekannt. Somit sind sie individueller als viele der großflächigen Grands Cru, die oft um die 20 Hektar groß sind, zwei Drittel sogar deutlich darüber, zehn der derzeit 51 Grands Cru umfassen sogar über 50 Hektar.

Bei den von uns verkosteten „Lieux-dits“ handelt es sich meist um kleine Parzellen von individuellem Charakter, der den Besitzern durchaus bekannt und bewusst ist. Auffallend viele Winzer, die ihre Weine zu unserer Verkostung anstellten, betreiben bio-dynamischen Anbau. Vielleicht liegt es an ihrem grundsätzlichen, meist größeren Engagement für ihre individuellen Weine, dass sie auch gewillt sind, ihre Erzeugnisse in dem aktuell stark diskutierten Segment der „Premiers Crus“ zu präsentieren. Die Biodynamiker schnitten in unserer Verkostung auch deutlich besser ab als die wenigen herkömmlich arbeitenden Betriebe.

So sind unter den im Folgenden vorgestellten Weinen (alle übrigens mindestens mit „sehr gut“ bewertet, viele als „herausragend“ eingestuft) viele spontan vergorene Gewächse, einige darunter auch mit biologischem Säureabbau. Sollten Sie sich für den ein oder anderen Tropfen entscheiden, dann bedenken Sie bitte: Diese Weine verlangen nach Luft; also möglichst einige Stunden vor dem Genuss öffnen, eventuell sogar dekantieren. Einige in die Verkostung eingeschmuggelte Grands Crus schnitten übrigens nicht besser ab als die „Lieu-dit“.