Trollinger versus Vernatsch

>Schlank, frisch, fruchtig und bekömmlich – das passt eigentlich in unsere Zeit. Dennoch werden Trollinger und Vernatsch nicht für voll genommen. Dabei machen die süffigen Typen viel Spaß, gerade im Sommer.>Trollinger aus Württemberg gegen Vernatsch aus Südtirol – welcher der Zwillingsbrüder ist stärker? Dazu verkosteten wir 81 der unkomplizierten Vertreter, etwas mehr aus Deutschland (56 Prozent) als aus Italien. Das Niveau der angestellten Proben konnte sich durchaus sehen lassen: Ob Württemberg oder Südtirol, die Weine sind meist sehr gepflegt und ausgewogen gemacht. So erhielten rund 80 Prozent der Anstellungen überdurchschnittliche Bewertungen (ab 81 Punkte aufwärts). Man würdigte die gepflegte Machart der Weine, traute ihnen aber kein Entwicklungspotenzial zu. Trollinger und Vernatsch gehören halt nicht zum erlauchten Kreis vinologischer Hochkultur. Dafür kostet das Vergnügen auch nicht viel. Preislich bewegen sich die Weine zwischen fünf und zehn Euro. Dabei fangen die Südtiroler erst bei sechs Euro nach oben an, während beinahe die Hälfte der angestellten Württembergischen Vertreter unter sechs Euro zu haben sind. In den oberen Preisrängen ab zehn Euro jedoch waren beide Regionen etwa gleichauf vertreten. Das sind dann die ehrgeizigen Weine, bei denen durch Verschnitt mit strukturierteren Sorten (etwa Cabernet-Neuzüchtungen) und Barrique-Ausbau versucht wird, mehr Farbe und Gerbstoffstruktur in den süffigen Saft zu geben. Wir haben bei der Verkostung aber darauf geachtet, die sortentypischen, ehrlichen Typen in den Vordergrund zu rücken.>Dabei zeigten die herzhaften Südtiroler mehr Extrakt und meist auch mehr Konturen als die Württemberger. Das wird oft durch einen Schuss des kräftigeren Lagrein erreicht, die traditionell schon im Weinberg als gemischter Satz mit drin steht. Holzausbau ist in beiden Regionen durchaus geläufig und wurde bei mehr als einem Drittel der Proben angegeben. Heraus kommen dennoch meist leichte Weine. Während die Südtiroler meist international trocken (unter vier Gramm Restzucker) abgefüllt werden, sind beim „trockenen“ Trollinger schon mal ein paar Gramm mehr drin, die aber ganz gut passen und zumindest in der Verkostung nie übertrieben erschienen. Das alles passt gut in geselliger Runde, nicht nur zur Brotzeit. Man kann sich gut einen Vernatsch zum Südtiroler Speck, zu Speckknödel auf Blattsalat oder luftgetrockneten Alpenwürsten vorstellen – oder Trollinger zu geschmälzten Maultaschen oder Kässpatzen. Am besten schmeckt’s dann leicht gekühlt.>Michael Hornickel