Foto: stock.adobe.com/stevanzz
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Chianti Classico Gran Selezione

 

Die Gran Selezione soll als neues Flaggschiff des Chianti Classico eine Antwort auf moderne Supertuscans sein, dabei aber den Sangiovese und das Terroir nicht verleugnen. Wie gut das gelingt, zeigt unser Tasting-Überblick. Die bestbewerteten Weine finden Sie in »Ausgabe 1/21 von MEININGERS WEINWELT.

Text: Christoph Nicklas

Mit einer über 300 Jahre langen Historie zählt das Chianti Classico zu den großen Traditionsgebieten der Weinwelt. Als erste geschützte Weinregion überhaupt wurde es, kaum verändert zur heutigen Struktur, bereits 1716 abgegrenzt. Qualitativ und technisch hat sich seitdem viel getan, doch den Stolz und das Traditionsbewusstsein halten die Winzer auch heute hoch. Wenn es in den Statuten der DOCG dann doch einmal Veränderungen gibt, wird es also spannend. Zuletzt geschehen 2013: das Geburtsjahr der Chianti Classico Gran Selezione. Eine neue Kategorie, ganz an der Spitze der Klassifikationspyramide, noch über der Chianti Classico Riserva. Es ging damit aber nicht nur darum, qualitativ einen draufzusetzen, die Einführung der Gran Selezione war auch eine Antwort auf die lange geführte Diskussion um die sogenannten Supertuscans, die in der Vergangenheit nicht in das Schema des Chianti-Classico DOCG-Regelwerks gepasst hatten und daher als IGT-Weine vermarktet wurden. „Für das Image des Chianti Classico war es notwendig, dass wir die am besten bewerteten Weine der Toskana, die bisher als IGT verkauft wurden und in die internationale Rotweinsorten wie Cabernet Sauvignon, Merlot oder Syrah einfließen, in die DOCG zurückholen. Trotz der Verwendung dieser internationalen Sorten sind die Gran-Selezione-Weine durch den Charakter des Sangiovese bestimmt“, brachte es der Konsortiumspräsident Sergio Zingarelli in einem Interview mit unseren Kollegen von der Zeitschrift WEINWIRTSCHAFT auf den Punkt.

Die Eckdaten: ein Mindestanteil von 80 Prozent Sangiovese, nur eigene Trauben des Weinguts und kein Zukauf, Einzellagen oder eine Selektion des besten Leseguts verschiedener Lagen, mindestens 30 Monate Reife (inklusive drei Monaten auf der Flasche) und hervorragende sensorische Qualitäten. Innerhalb dieses Rahmens sind die Handschriften jedoch vielfältig, denn im hügeligen Chianti Classico fließen außerdem folgende Faktoren ein: kühle, hohe Lagen, Lesezeitpunkt, Bio- oder Biodyn- Ansatz in der Bewirtschaftung und die Frage nach dem Gebinde (Beton, Terracotta großes oder kleines beziehungsweise altes oder neues Holz).

Entsprechend facettenreich gestaltete sich daher unser Tasting. Mit rund 60 verschiedenen Gran-Selezione-Weinen konnten wir das Gros dieser Kategorie im direkten Vergleich unter die Lupe nehmen. Klare Erkenntnis: Der stilistische Fächer ist in diesem Zusammenhang riesig! Von der traditionellen, hellfruchtigen, wenig neuholzlastigen und erdig-würzigen Ausprägung reinsortiger Sangiovese über dunkle, konzentrierte und holzgeprägte Macharten im Stil der Supertuscans (mit Cabernet, Merlot & Co. im Blend) bis hin zu schotig-kühlen, straffen und schlanken Weinen oder wilderen Vertretern mit Natural-Touch war so ziemlich alles dabei. Und auch wenn viele Supertuscans weiterhin an ihrer IGT-Klassifizierung feshalten und manche Riservas der Gran Selezione ebenbürtig sind: Das Verkosten der Gran Selezione lohnt sich!