iStock.com/CasarsaGuru
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Pinot Family

Es war eine echte Mammut-Probe: Auf den Tischen standen fast 700 Weine aus Burgundersorten aus Deutschland und der ganzen Welt, von alltagstauglich bis individuell. Unsere Favoriten finden Sie in Ausgabe 3/20 von MEININGERS WEINWELT.

Text: Christoph Nicklas

Die Flut von Anmeldungen zeigt eindeutig: Burgundersorten liegen in Deutschland ungebrochen im Trend. Schon der Blick auf die reinen Zahlen ist beeindruckend, denn Grauburgunder, Weißburgunder und Chardonnay hatten in den letzten Jahren die größten Zuwächse innerhalb der deutschen Rebflächenstatistik:

Zwischen 1995 und 2017 verzeichnet das Deutsche Weininstitut eine Zunahme der Fläche um über 3.800 Hektar beim Grauburgunder und rund 3.500 Hektar beim Weißburgunder. Bei der Chardonnay-Fläche kommen pro Jahr bis zu 100 Hektar hinzu. Der Grauburgunder hat inzwischen die 6.000-Hektar-Marke überschritten und der Weißburgunder mit über 5.000 Hektar den Silvaner überholt. Die beiden Sorten stehen heute nach Riesling und Müller-Thurgau auf dem dritten und vierten Platz der Weißwein-Anbaustatistik.

Ähnlich sieht es für den Spätburgunder aus: Seit Beginn der 1990er Jahre legte er um mehr als 5.000 Hektar zu, und auch wenn seine Rebfläche in jüngster Vergangenheit weitgehend konstant blieb, führt er mit knapp 12.000 Hektar das rote Sorten-Ranking an. Weit weniger verbreitet, aber qualitativ sehr spannend, ist der Schwarzriesling (auch als Pinot Meunier oder Müllerrebe bekannt). Bei ihm lohnt es sich genauer hinzusehen, denn mit dem richtigen Händchen des Winzers überzeugt er als würziger, nicht zu opulenter Roter und immer mehr auch als vielversprechender Grundwein für hochwertige Sekte aus traditioneller Flaschengärung.

Ein klares Resultat unseres Tastings lautet: Top-Burgunder, die sich lange einprägen, haben Ecken und Kanten. Nur „nette“ Fruchtaromen und ein charmanter Eindruck am Gaumen reichten im Vergleich nicht; denn die besten Weine waren von ihrer Herkunft und der Handschrift des Winzers geprägt. Gut dosierter Holzeinsatz gehörte dabei für alle Sorten dazu. Ob in der rassig-schlanken und säurefrischen Variante mit genialer Reduktion wie bei Julian Hubers Chardonnay oder der üppig-cremigen Stilistik des Juliusspital-Weißburgunders – ohne Barrique oder Tonneau wurde es hingegen schnell langweilig.

Bei den Spätburgundern war die Holz-Thematik ebenfalls zentral, das Spitzenfeld bietet einige dunkle, kräftige Pinots mit markanten Röstnoten und solche, die sich eher auf der helleren, filigranen Schiene bewegen. Tendenziell überzeugte uns dieser feinere Stil etwas mehr – er sorgt für Trinkfluss und macht Lust auf den nächsten Schluck.

Pinot Family international

Der Fokus lag zwar klar auf den deutschen Vertretern aus der Pinot-Familie, nichtsdestotrotz hatten unterm Strich gut 100 Proben einen internationalen Absender.

Neben dem Über-Klassiker Burgund als Heimat und ewige Referenz für Pinot Noir und Chardonnay sammelten sich Flaschen aus Argentinien, Chile, Italien, Kalifornien, Neuseeland, Österreich, Rumänien, Spanien und Südafrika auf den Tischen. Und die Stilvielfalt, die sich schon innerhalb der deutschen Pinot-Charaktere zeigte, stieg dabei noch mal exponentiell.

Sowohl beim Pinot Noir als auch bei Chardonnay und seinen weißen Cousins lässt sich zunächst eine grundlegende Unterscheidung treffen – jene zwischen der eleganten, schlanken, feinen, frischen, etwas leiseren Stilistik und der kräftigen, reiferen, offeneren und etwas lauteren Art. Beides kann überzeugen und spannend sein, wenn der Weinmacher das richtige Händchen beweist. Beides kann aber auch für Spaßverlust im Glas sorgen, wenn die Weine einerseits zu dünn und sauer oder andererseits zu üppig und alkoholisch geraten. Wie so oft ist das passende Maß gefragt.