MEININGERs WEINWELT (06/2011): Rotweinland Deutschland

ichard Grosche 

 

Lemberger:

Zweifellos hat die unter anderem auch als Blaufränkisch oder Blauer Limberger bekannte Sorte enormes Potenzial. Das hat sich auch längst über die Grenzen der beiden wohl bekanntesten klassischen Lemberger- Herkünfte Württemberg und Burgenland hinaus herumgesprochen. In Ungarn steht längst stolz der dortige Name Kékfrankos auf dem Etikett und bei einem Besuch in der aufstrebenden Rotweinregion Ronda im spanischen Andalusien wurde ich mit einem sensationellen Lemberger überrascht – gepflanzt vor fast dreißig Jahren vom Auswanderer Friedrich Schatz aus Württemberg (www.f-schatz.com). Auch in Australien, so Schatz, sei Lemberger mittlerweile ein echtes Thema, auch wenn sich die Pflanzungen noch im Zaum halten. Manche sprächen gar von der perfekten Sorte für all jene Weinbauzonen, die unter der Klimaerwärmung leiden, auch wenn die Sorte eher frühreif ist. Mit einer entsprechenden Laubwand könne man da sehr effektiv arbeiten. Diesen internationalen Ansatz wollten wir mit unserer Probe aber gar nicht aufgreifen. Vielmehr ging es uns darum, die heimische Produktion unter die Lupe zu nehmen. Aus knapp über 100 Lembergern konnten wir uns so ein gutes Bild des aktuellen Qualitätsniveaus deutscher Lemberger machen. Erwartungsgemäß hoch war der prozentuale Anteil Württemberger Weine und auch in der Spitze führt kein Weg daran vorbei: Neun von zehn Weinen in der Top-10 entstammen Württemberger Kellern, drei von Ihnen aufstrebenden Genossenschaften. Ein paar der Weine finden Sie auch in den Top-10 der Genossenschaften ab Seite 84. Lassen Sie sich aber bitte nicht beirren, wenn Sie teilweise leichte Punktunterschiede bei den gleichen Weinen feststellen. Der große Vergleichstest der Genossenschaften unserer Schwesterzeitschrift WEINWIRTSCHAFT fand bereits Anfang Mai statt und es waren quasi alle Rebsorten und Weinstile zugelassen, die reine Lembergerverkostung für die WEINWELT hingegen fand erst drei Monate später statt. So kommen dann doch teilweise marginale Unterschiede zustande. Empfehlenswert sind aber natürlich alle Weine, die Sie auf unseren Marktplatzseiten finden, denn sie haben sich in ihren jeweiligen Verkostungen durchgesetzt. Das aber nur am Rande. Zurück zum Lemberger. Auch wenn dessen tatsächliche Herkunft nicht klar belegt ist, wird der Ursprung im Fränkischen Reich zur Zeit Karls des Großen vermutet. Erste urkundliche Belege finden sich im 18. Jahrhundert in Österreich. Dort hat Lemberger mit rund 3 300 Hektar auch seine größte Verbreitung, gefolgt von Deutschland mit 1 700 Hektar, 1 500 davon in Württemberg. In Baden sind knapp 60 Hektar im Ertrag (ein Wein schaffte es sogar in die sonst rein württembergische Top-10), in der Pfalz etwa 40 Hektar. Viele Jahre lang war Lemberger meist als gefällige Alltagssorte verschrien, zurückzuführen auf die oft viel zu hohen Erträge. Seit ein paar Jahren hat sich für die besten Lemberger Ertragsreduzierung, längere Maischestandzeiten und der Ausbau im Barrique durchgesetzt, was der Weinqualität einen Schub gegeben hat. Auch die früher fast unumgänglichen Barrique- und Konzentrationsexzesse werden immer weniger. Es geht voran mit deutschen Lembergern! 

Richard Grosche