MEININGERs WEINWELT (06/2010): Südamerikas Rote Leitsorten

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Natürlich gibt es grandiose Cabernet Sauvignons, Merlots und Cuvées aus Südamerika, keine Frage. Aber jedes Land hat ja auch irgendwo eine Sorte, die als Stellvertreter gilt. So haben wir in Deutschland beispielsweise den Riesling, für Australien steht der Shiraz. In den südamerikanischen Ländern haben sich alte französische Sorten etabliert, die in ihrer ehemaligen Heimat rebsortenrein kaum eine Rolle mehr spielen, die in der neuen Heimat aber zu Höhenflügen ansetzen. Die Rede ist von Malbec, Carmenère und Tannat. Malbec war – vor der Zerstörung fast ihrer gesamten Rebfläche – eine wichtige Sorte in Bordeaux, heute wird sie dort nur noch auf wenigen Hektar angebaut, ist aber im Cahors als Auxerrois und Côt bekannt und integraler Bestandteil des “schwarzen” Weins von Cahors. Typisch ist eine dunkelviolette Farbe, viel Würze, Holunderbeeren und Pflaumensaft, unterlegt mit kräftigen Tanninen, die für ein großes Alterungspotenzial sorgen.
 
In Argentinien kam die Sorte an, lange bevor die Reblaus in Europa zu wüten begann, und so gibt es hier etliche verschiedene alte Klone, die es sonst nirgends auf der Welt gibt. Auch Carmenère war lange Jahre ein fester Bestandteil in den Rotweinen aus Bordeaux, wo sie übrigens auch heute noch als Cuvéepartner zugelassen ist, aber kaum mehr angepflanzt wird. In Chile (Foto) wird die Sorte seit Mitte des 19. Jahrhunderts angebaut und wurde lange Jahre fälschlicherweise für eine besonders würzige Variante des Merlot gehalten. Heute steht die oft nach getrockneten Kräutern, schwarzen Oliven und dunklen Beeren duftende, nicht allzu tanninige Sorte für viele als das autochthone Aushängeschild des Landes. Als Cuvée-Partner für Cabernet Sauvignon und Merlot ist sie in den besten Cuvées Chiles fast immer mit dabei. Zu guter letzt der Tannat, eine schier unerschöpfliche Quelle für Tannine. Wer schon immer mal wissen wollte, warum ein guter Madiran fast unsterblich und in der Jugend untrinkbar ist, der solle mal Tannat- Trauben probieren. Tannin, Tannin, Tannin! In Brasilien und Uruguay hat die aus dem französischen Südwesten stammende Sorte eine zweite Heimat gefunden und wird hier, anders als in Frankreich, fast immer auf dem Etikett erwähnt. So ist der Name der Sorte Weintrinkern erst über den Umweg Südamerika geläufig geworden, denn im Madiran steht selten auf der Flasche, wie die Sorte heißt, aus der dieser schwarze, würzige, unglaublich tanninbissige Wein gekeltert wird.
 
In Südamerika ist die Sorte meistens nicht ganz so bissig und ruppig und in der Regel auch früher zugänglich. Auf den folgenden Seiten haben wir Ihnen die spannendsten Weine der jeweiligen Sorten in akribischer Verkostungsarbeit herausgefiltert und sind dabei nicht nur auf Spitzenweine, sondern auch auf ein paar enorm spannende Schnäppchen gestoßen. Soviel Rotwein, wie sie manche chilenische und argentinische Produzenten für vernünftiges Geld bieten, muss man in anderen Ländern lange suchen!