MEININGERs WEINWELT (05/2011): Riesling Jahrgang 2010

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Was war nicht alles schon über den Jahrgang 2010 geschrieben worden, bevor die ersten Weine überhaupt die Gärung abgeschlossen hatten: zu säurelastig, unreif, wenig Menge, keine großen Weine möglich und so weiter ... Wir hatten uns bewusst diskret zurückgehalten mit der qualitativen Bewertung, bis wir dann auch wirklich einen aussagekräftigen Überblick erhalten hatten. Nach 1 106 Rieslingen aus allen deutschen Anbaugebieten steht eins fest: 2010 ist in der Breite schwächer als der von der Natur bevorzugt behandelte Jahrgang 2009. Dafür gibt es bei den besten Weinen mehr Frische und Brillanz, sicherlich auch das bessere Lagerungspotenzial. Aber eben nur bei den besten Weinen. Aus Angst vor zu hohen Säurewerten haben viele Winzer entsäuert. Das hat in vielen Fällen gut geklappt, ist aber auch recht häufig gehörig danebengegangen.
 
So hatten wir doch einige Rieslinge mit deutlich laktischen Noten oder solche, die irgendwie kastriert wirken. Das andere Extrem gab es natürlich auch: brachiale Säure, die einfach nur unharmonisch wirkt und ohne eine große Portion Saumagen auch sicherlich schwer verdaulich sein wird. Fingerspitzengefühl war angesagt – und gute Weinbergslagen! Deutlich mehr als im Vorjahr haben sich etablierte Spitzenlagen von normalen Lagen absetzen können. Und kalkreiche Böden scheinen in diesem Jahr die Nase vorne zu haben, wie alle Weine auf unserem Siegertreppchen beweisen: Escherndorfer Lump, Kallstadter Saumagen und die Sinsheimer Lagen des Durbacher Winzers Alexander Laible machten in unserer Verkostung das Rennen um die ersten Plätze.
 
Die Pfalz hatte als weltweit größtes Anbaugebiet für Riesling in dieser Probe wieder erwartungsgemäß die meisten Anstellungen, 362 genau genommen. Und qualitativ untermauerte die Region nochmals nachdrücklich ihren Anspruch als beste Herkunft für trockene Rieslinge – auch wenn der Siegerwein aus Franken kommt. In keinem anderen 83 Anbaugebiet gibt es in diesem Jahrgang eine vergleichbare Dichte an sehr guten und herausragenden trockenen Rieslingen! Und es kommen immer mehr junge Winzer hinzu, die uns in den Proben auffallen. Unser Best-Buy kommt von so einem jungen Winzer – aber aus Rheinhessen –, das Anbaugebiet, das mit 229 Weinen am zweitstärksten vertreten war. Die Mosel konnte in ihrer ureigenen Disziplin punkten: restsüße Rieslinge, die dann teilweise zu sensationellen Preisen verkauft werden.
 
A propos Preis: Auch wenn die Preise in den vergangenen Zeiten doch merklich gestiegen sind, muss doch ganz klar betont werden, dass man nirgends in der weiten Weinwelt ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bei Weißweinen findet. Schauen Sie sich nur mal bei den Top- 10 unter 5 Euro, bei den Literweinen und in der Kategorie 5 bis 8 Euro um, das ist nach wie vor sensationell! Und so möchten wir Sie ganz gezielt ermuntern, unseren Empfehlungen zu folgen und sich die Keller zu füllen. Der Jahrgang 2011 wird nämlich, bedingt durch teilweise erhebliche Frostschäden und stellenweise deutliche Einbußen durch Hagel, ebenfalls ein mengenmäßig kleiner Jahrgang werden, der zweite dann in Folge.