Mit einem moderaten Absatzrückgang von 3,5 Prozent und einem Umsatzverlust von 4,7 Prozent beschließt die Veltins Brauerei das Pandemiejahr 2020. (Foto: Veltins)
Mit einem moderaten Absatzrückgang von 3,5 Prozent und einem Umsatzverlust von 4,7 Prozent beschließt die Veltins Brauerei das Pandemiejahr 2020. (Foto: Veltins)

Handel federt Gastroverluste bei Veltins ab

Mit einem rasanten Zuwachs beim Flaschenbier ist es der Brauerei C. & A. Veltins, Meschede-Grevenstein, gelungen, den historischen Ausfall im Fassbiergeschäft abzufedern. Dies gaben auf einer Pressekonferenz der Veltins-Generalbevollmächtigte Michael Huber und der Geschäftsführer für Marketing & Vertrieb, Dr. Volker Kuhl, bekannt.

Abflachende Pandemie soll spürbare Wende bringen

Mit einem pandemiebedingten Volumensverlust erreichte das Traditionsunternehmen einen Gesamtausstoß von 2,94 Millionen Hekotliter (-3,5%) und einen Umsatz von 342 Millionen Euro (-4,7%). „Wir agieren trotz der Biermarkt-Turbulenzen in einem ruhigen Fahrwasser und sehen in naher Zukunft wägbare Marktrisiken“, sagte Veltins-Generalbevollmächtigter Michael Huber. „Schon im Sommer 2021 erwarten wir eine umsatzstarke Freiluftsaison, weil sich die Menschen im Biergarten und daheim ihre Lebensnormalität zurückholen. Die Jahresmitte kann mit abflachender Pandemie schon eine spürbare Wende bringen.“ Die Gastronomie sei zwar krisengebeutelt, signalisiere aber vielerorts Durchhaltevermögen und einen engagierten Aufbruchswillen. In der Brauwirtschaft sei, so Huber, Zuversicht gefragt. Die Brauerei C. & A. Veltins kündigte an, über ein Dutzend Mitarbeiter neu einzustellen und ihr millionenschweres Investitionsprogramm unverdrossen fortzusetzen. 

Der Generalbevollmächtigte Michael Huber sieht den deutschen Biermarkt erst im Jahr 2023 wieder erholt. (Foto: Veltins)

Veltins-Brauerei entwickelt sich besser als der Gesamtmarkt

Die Privatbrauerei konnte sich nach eigenen Angaben mit ihrem Gesamtausstoß von 2,94 Millionen Hektoliter allen Widrigkeiten zum Trotz deutlich über Wettbewerbsniveau festigen. Nach einer ersten Prognose werde laut Veltins der gesamte Biermarkt 2020 um -6 Prozent und damit um rund 5,5 Millionen Hektoliter schrumpfen. Dies sei der größte Volumensverlust seit der Währungsreform. Deutschlands Gastronomie sei durch den Minderverkauf von Fassbier im zurückliegenden Jahr nach Unternehmensschätzung ein Gesamtumsatz von 5,4 Milliarden Euro verloren gegangen. Vor allem die veränderte Marktnachfrage der Verbraucher habe nach Aussagen Hubers 2020 das operative Geschäft der Brauerei C. & A. Veltins bestimmt. Während der Flaschenbierausstoß im zurückliegenden Geschäftsjahr um 7,3 Prozent zulegt habe, habe das gastronomieorientierte Fassbiergeschäft einen historischen Absatzeinbruch von 56,3 Prozent verbuchen müssen. Damit hätten die Verbraucher 2020 auf den flächendeckenden Ausfall von Ausgehgelegenheiten reagiert und für eine sprunghafte Verschiebung in der Gebindenachfrage gesorgt. „Mit den beiden Lockdowns erlitten die Fassbierabsätze für Wochen eine Vollbremsung“, so Dr. Volker Kuhl, Geschäftsführer Marketing/Vertrieb. „Die Gastronomie hat zwangsläufig durchgängig im Krisenmodus gearbeitet – wir haben mitgelitten.“ Die Verbraucher mussten sich laut Kuhl neu orientieren und fanden nach nur kurzer Zurückhaltung zum Biergenuss in den eigenen vier Wänden und auf der heimischen Terrasse zurück. Im nationalen Premium-Vergleich rangiere die Marke Veltins unverändert auf dem dritten Platz. Veltins Pilsener in der Mehrwegflasche habe im größten und hart umkämpften Sortensegment des deutschen Biermarktes sogar um 8,6 Prozent zugelegt. Dr. Volker Kuhl: „Gerade in Krisenzeiten entfalten starke Marken beim Verbraucher ihre Nachfragekraft, weil sie in unwägbaren Zeiten für Vertrauen und Zuversicht stehen.“ Der Veltins-Einwegbereich mit einem Ausstoß von 192.200 Hektoliter sei nur leicht gewachsen.

Shootingstar, das helle "Pülleken"

In den rund 14.000 Gastronomiebetrieben verlor die Brauerei C. & A. Veltins eigenen Angaben zufolge im Fassbiergeschäft aufgrund der betrieblichen Reglementierungen 56,3 Prozent des Ausstoßes, sodass zum Jahresende ein Fassbiervolumen von 228.400 Hektolliter bilanziert worden sei. Die Privatbrauerei lässt trotz der folgenschweren Auswirkungen der Pandemie im Gastronomiegeschäft keinen Zweifel daran, ihren traditionellen Kurs mit Engagement fortzusetzen. Neben der Marke Veltins unterstreiche Kuhl die Marke Grevensteiner ihre Bedeutung als feste Konstante im hart umworbenen Spezialitätensegment. Das Trio mit Original Landbier, Hellem und Natur-Radler habe insgesamt 244.500 Hektoliter (+1,3 %) zum Gesamtausstoß beigetragen und habe die eigenen Fassbierverluste komplett ausgleichen können. Überdies habe das Sortenportfolio der Fassbrause sogar um 48,7 Prozent zugelegt und vom gewachsenen Heimbedarf der Haushalte profitert. Während das Biermix-Quintett V+ laut Kuhl 285.800 Hektoliter erreichte, habe sich die Neueinführung des hellen Püllekens "als Glücksgriff" erwiesen und 44.400 Hektoliter zum Gesamtergebnis beigesteuert. Dr. Volker Kuhl: „Wir waren im Sommer 2020 zur richtigen Zeit am richtigen Ort und haben mit dem Pülleken den Verbraucherwunsch nach unbeschwertem Biergenuss getroffen.“ Das milde, süffige Helle in der 0,33-Liter-Flasche mit der bekannten Euro-Optik habe von Beginn an für einen spaßvollen, süffigen Biergenuss gestanden, so Kuhl.

„Wir waren im Sommer 2020 zur richtigen Zeit am richtigen Ort und haben mit dem Pülleken den Verbraucherwunsch nach unbeschwertem Biergenuss getroffen", sagt Dr. Volker Kuhl, Geschäftsführer für Marketing & Vertrieb der Veltins Brauerei. (Foto: Veltins)

Nach Pandemiejahr Konsolidierung auf Ausstoßniveau von 2017

Ungeachtet des jüngsten, schon historischen Markteinschnitts habe die Traditionsbrauerei seit der Jahrtausendwende ein Wachstum von 24,6 Prozent erreicht und sich nach dem Pandemiejahr auf dem soliden Ausstoßniveau von 2017 konsolidiert. Damit erweise sich die Marktdynamik des Unternehmens nach eigener Auffassung "im letzten Jahrzehnt als Garant" dafür, auch mit einem Mengenverlust gut umgehen zu können. Der Blick nach vorn verspreche nach Veltins-Einschätzung schon mittelfristig gute Chancen auf eine sichtbare Marktentspannung. „Wir gehen davon aus, dass wir im Sommer in den Biergärten langsam zur Normalität zurückkehren, weil die Menschen die Einschränkungen hinter sich lassen wollen“, so Veltins-Generalbevollmächtigter Michael Huber. Entgegen vielerlei fragwürdiger Prognosen gehe man davon aus, dass sich das Konsum- und Genussverhalten recht schnell entspannt. Laufe alles nach den Erwartungen, könne man im zweiten Halbjahr auch wieder mit Veranstaltungen rechnen. Dennoch werde es nach dem Ende der Pandemie mindestens 30 Monate benötigen, um die marktseitigen Unwuchten hinter sich zu lassen. Erst 2023 werde der Biermarkt wieder mit ganzer Kraft durchstarten, glauben die Verantwortlichen der Veltins Brauerei.

Pandemie wird für die Bauwirtschaft langfristig folgenreich bleiben

Für die Brauwirtschaft werde der Eintritt ins neue Jahrzehnt auf lange Sicht folgenreich bleiben. Michael Huber: „Schon jetzt ist absehbar, dass es für viele Anbieter langfristig wirtschaftlich schwierig, für manchen existenzbedrohlich wird.“ Zwar habe der Bund mit Steuerstundungen und Ausgleichsmaßnahmen für angeschlossene Gastronomiebetriebe umfassend Sorge getragen, dass die wirtschaftlich schwierige Situation abgefedert wurde, doch sei die Ertragserosion in ihren Auswirkungen für die Familiengesellschafter vielerorts noch gar nicht erkennbar. Für viele Unternehmen sei augenfällig geworden, wie instabil sich ihre Marktposition mit schwindender Liquidität entwickelt habe. „Betriebsaufgaben werden uns als Folge der Pandemie noch das ganze Jahrzehnt begleiten“, prognostizierte der Veltins-Generalbevollmächtigte.

Bis 2024 rund 420 Millionen Euro investiert

Die Brauerei C. & A. Veltins setze nach einen Aussagen weiterhin auf Kontinuität. „Gerade jetzt brauchen wir keine Schwarzmalerei, sondern unternehmerischen Mut, um die eigene Zuversicht zu beweisen“, sagte Michael Huber. So werde die Belegschaft noch 2021 um ein Dutzend Mitarbeiter erhöht, sodass man zum Jahresende die Zahl von mehr als 700 Beschäftigten erreichen werde. Seit der Jahrtausendwende sei die Belegschaft der Brauerei C. & A. Veltins um rund 200 Personen gewachsen und stieg damit um rund +34 Prozent an (2020: 690 Beschäftigte). Genauso unverdrossen treibe die Brauerei ihr Investitionstempo voran. Schon im Frühjahr soll das neue Logistiklager mit einem Gesamt-Projektvolumen von 30 Millionen Euro ans Netz gehen, zugleich befinde sich das neue Abfüllzentrum noch im Bau. Es gehöre ebenfalls zur mehrjährigen Investitionsoffensive von 420 Millionen Euro, die 2024 zum 200-jährigen Jubiläum abgeschlossen sein werde. //pip

GZ 07/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Markt-Macher Tilman Ludwig-Munzig

Mit der Bierkiste wagt Tilmans Biere, mit Gründer und Braumeister Tilman Ludwig-Munzig, den für München untypischen Mix aus Getränkemarkt, Kiosk und Kneipe. Aus der Idee vom bezahlbaren Bier mit Freunden haben Ludwig-Munzig und sein Team ein Erfolgskonzept gemacht.

Gastkommentar: Uwe H.F. Hölzer

Uwe H.F. Hölzer, Co-Founder und CEO der Magaloop GmbH, sieht den unabhängigen Handel stärker denn je. Kioske, die den Generationenwechsel geschafft sowie risikofreudiger und innovativer agieren, seien am erfolgreichsten. Spätestens seit Corona und der Schließung der Gastronomie haben nahezu alle FMCG-Hersteller den Impulshandel Absatzkanal (wieder-) entdeckt, sagt Hölzer.

Aktuelles Interview: Anne Mantel, Danone Deutschland

Anne Mantel ist Head of Away From Home (AFH) bei Danone Deutschland. Vor drei Monaten nahm das Unternehmen die Akquise von Imbissen, Kiosken in die eigene Hand. Im Interview mit der GZ berichtet Mantel, wie Danones AFH-Start gelang und welche Ziele sich das Unternehmen gesetzt hat.