Der Schein trügt: Zwar gab es bis September dieses Jahres weniger Unternehmensinsolvenzen. Was daran lag, dass die Insolvenzantragspflicht für zahlungsunfähige Unternehmen vom 1. März bis zum 30. September 2020 ausgesetzt wurde. Hinzu kommt, dass die die Antragspflicht für überschuldete Unternehmen weiterhin zunächst bis Jahresende ausgesetzt wird. (Foto: Pixabay)
Der Schein trügt: Zwar gab es bis September dieses Jahres weniger Unternehmensinsolvenzen. Was daran lag, dass die Insolvenzantragspflicht für zahlungsunfähige Unternehmen vom 1. März bis zum 30. September 2020 ausgesetzt wurde. Hinzu kommt, dass die die Antragspflicht für überschuldete Unternehmen weiterhin zunächst bis Jahresende ausgesetzt wird. (Foto: Pixabay)

Bis September weniger Insolvenzen

Von Januar bis September 2020 meldeten die deutschen Amtsgerichte 12 491 Unternehmensinsolvenzen. Das waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) 13,1 Proeznt weniger als im entsprechenden Zeitraum 2019. 

Antragspflicht für überschuldete Unternehmen bis zum Jahresende ausgesetzt

Die wirtschaftliche Not vieler Unternehmen durch die Corona-Krise spiegele sich laut Destatis somit bislang nicht in einem Anstieg der gemeldeten Unternehmensinsolvenzen wider. Ein Grund dafür sei, dass die Insolvenzantragspflicht für zahlungsunfähige Unternehmen vom 1. März bis zum 30. September 2020 ausgesetzt wurde. Dagegen bleibe die Antragspflicht für überschuldete Unternehmen weiterhin zunächst bis Jahresende ausgesetzt. Insgesamt wurden von März bis September 15,8 Prozent weniger Unternehmensinsolvenzen beantragt als im gleichen Zeitraum 2019. 

Meisten Insolvenzen im Nonfood-Handel

Die meisten Unternehmensinsolvenzen habe es in den ersten neun Monaten 2020 im Wirtschaftsbereich Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) mit 2 020 Fällen (Januar bis September 2019: 2.475) gegeben, so Destatis. Damit ist vor allem der Nonfoodhandel gemeint, der vor allem unter der starken Zunahme des Onlindehandels zu leiden hat. Unternehmen des Baugewerbes stellten laut Desttis 1.987 Insolvenzanträge (Januar bis September 2019: 2.386). Im Gastgewerbe wurden 1.405 (Januar bis September 2019: 1.688) Insolvenzanträge gemeldet. Rückläufige Zahlen verzeichnen auch alle übrigen Branchen. 

Forderungen der Gläubiger gestiegen

Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus beantragten Unternehmensinsolvenzen von Januar bis September 2020 beliefen sich laut Destatis auf 39,3 Milliarden Euro. Im entsprechenden Vorjahreszeitraum hätten sie noch bei 15,5 Milliarden Euro gelegen. Dieser Anstieg der Forderungen bei gleichzeitigem Rückgang der Zahl der Unternehmensinsolvenzen sei darauf zurückzuführen, dass von Januar bis September 2020 mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen Insolvenz beantragt hatten als in den ersten neun Monaten 2019. Maßgeblich setze sich der Anstieg aus der gesamtschuldnerischen Haftung mehrerer Tochtergesellschaften eines in die Insolvenz geratenen Großunternehmens zusammen. Dabei hafte jede der zur Insolvenz angemeldeten Tochtergesellschaften des Großunternehmens in Höhe der voraussichtlichen Forderungen des gesamten Großunternehmens, sodass es zu einer Mehrfachzählung komme.

Weiterhin deutlich weniger eröffnete Regelinsolvenzverfahren

Auch für den November 2020 zeigten nach Angaben der Wiesbadener Statistiker die vorläufigen Angaben zu den eröffneten Regelinsolvenzen wie bereits in den Vormonaten eine deutliche Abnahme an Verfahren. Im Vergleich zum November 2019 sei die Zahl der eröffneten Regelinsolvenzverfahren um 35 Prozent gesunken, jedoch im Vergleich zum Vormonat (Oktober 2020) um 5 Prozent angestiegen. Die Insolvenzantragspflicht gelte zwar für zahlungsunfähige Unternehmen seit dem 1. Oktober 2020 wieder, dies mache sich aber unter anderem aufgrund der Bearbeitungszeit der Gerichte noch nicht in den Zahlen der eröffneten Verfahren bemerkbar. Die im Oktober und November beantragten Verfahren werden voraussichtlich erst in den kommenden Monaten eröffnet und flößen dann in die Statistik ein, erklärt Destatis.

Neustart nach Insolvenzen wird erleichtert

Nur einen Tag nach dem Bundestag hat der Bundesrat am 18. Dezember 2020 das Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens gebilligt. Es kann nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet werden.

Das Gesetz sieht eine Verkürzung der Restschuldbefreiung in Insolvenzverfahren von 6 auf 3 Jahre vor: Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch Unternehmen sind damit unter bestimmten Voraussetzungen früher als bisher von nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gläubigern befreit. Dies soll ihnen die Chance auf einen zügigen wirtschaftlichen Neuanfang nach der Insolvenz geben.

Damit auch diejenigen profitieren, die durch die Corona-Pandemie in finanzielle Schieflage geraten sind, gelte laut Bundesrat das Gesetz rückwirkend für alle ab dem 1. Oktober 2020 beantragten Insolvenzverfahren. Für Anträge, die zwischen dem 17. Dezember 2019 und dem 30. September 2020 gestellt wurden, gebe es eine Übergangsregelung. //pip

 

GZ 08/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Mineral- und Tafelwasserverordnung

Der Entwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Neufassung der Mineral- und Tafelwasserverordnung könnte zu Verwerfungen im gesamten Mineralwassermarkt führen. Verbände fordern daher dringend Nachbesserungen.

Aktuelles Interview: Jürgen Reichle, VDM

Jürgen Reichle, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Mineralbrunnen, sieht beim vorgelegten Entwurf für die Mineral- und Tafelwasserverodnung Verbesserungsbedarf in mehreren Punkten. Der nächste Schritt sei eine intensive Dialogphase mit Bund und Ländern.

Gastkommentar: Thomas Fischer, DUH

Thomas Fischer, Bereichsleiter Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe, hält die in der PPWR festgelegt Mehrwegquote von vorerst 10 Prozent für deutlich zu niedrig angesetzt. Ein erhoffter Rückenwind für Mehrweg werde so ausbleiben sagt er und fordert deshalb nationale Maßnahmen zum Mehrwegschutz.