Ausgabe 19/2020

Der Herbst ist da!

ddw19/20

Den Sommer verlängern – wohl jeder kennt diesen
Wunsch, wenn die Ferien zu Ende gehen,
die Tage wieder kürzer werden, morgens und
abends die Temperaturen kühler werden und
der normale Arbeitsalltag wieder beginnt. Auf
die Frage nach ihrer Lieblingsjahreszeit nennt mehr als die
Hälfte der Deutschen den Sommer. Aber auch dieses Jahr
setzt der Herbst wieder früher ein – zumindest im Weinberg:
Erneut bereits im August hat die diesjährige Weinlese in einigen
deutschen Anbaugebieten begonnen. Auch aus dem
Ausland werden neue Rekorde gemeldet – im französischen
Bordelais haben einige Betriebe drei Wochen früher als gewohnt
mit der Lese begonnen. Auch im Jahr 2020 machte
sich der Klimawandel bemerkbar – insbesondere durch Hitze
und Dürre. Einige Regionen sind leider zudem auch stärker
von den Folgen der Spätfröste im Monat Mai betroffen.
Insgesamt haben sich Weinreben und Trauben aber gut entwickelt.
Krankheiten waren abgesehen von Oidium, das an
einigen Orten auftrat, in diesem Jahr kein größeres Problem.
Wenn die Wetterbedingungen in der angelaufenen Erntesaison
stabil bleiben, dürfen wir uns dieses
Jahr über gute bis beste Qualitäten freuen.
Ich wünsche allen Winzern einen erfolgreichen
Herbst ohne unerfreuliche Zwischenfälle!
Während die Winzer mit der Lese beschäftigt
sind, gehen in der Politik die Diskussionen
über die Zukunft der Landwirtschaft
weiter. Das Bundeskabinett hatte im Juli zugestimmt,
eine »Zukunftskommission Landwirtschaft
« einzusetzen, die Anfang September
das erste Mal tagte – leider ohne direkte Beteiligung
des Weinbaus! Diese Kommission soll Zielkonflikte zwischen
wirtschaftlicher Lebensmittelproduktion und Klima- und
Umweltschutz sowie Kaufverhalten und Verbrauchererwartungen
lösen. Der Zeitplan ist dabei mehr als ambitioniert:
Im Herbst dieses Jahres soll bereits ein Zwischenbericht und
im Sommer 2021 der Abschlussbericht vorliegen. Die Kommission
soll unter Einbindung von Praktikern, Wissenschaftlern
und gesellschaftlichen Akteuren, insbesondere Umwelt-,
Tierschutz- und Verbraucherverbänden, praxistaugliche
Empfehlungen erarbeiten für eine produktive und ressourcenschonende
Landwirtschaft. Ziel ist es, ein übergreifendes
gemeinsames Verständnis zu entwickeln, wie mehr Biodiversität,
Klima- und Umweltschutz mit den fundamentalen
Aufgaben der Erntesicherung und der ökonomischen Tragfähigkeit
– gerade auch für die vielen Familienbetriebe – zusammengebracht
werden können. Der Weinbau hätte bei
diesen Themen auch gerne seinen Standpunkt eingebracht.
Dies wurde ihm nicht ermöglicht. Leider muss unser Berufsstand
aktuell immer kämpfen, um kontinuierlich auch in horizontale
Themen einbezogen zu werden, bei denen spezielle
Interessen des Weinbaus bestehen. Das muss sich noch
verbessern!
Auch auf EU-Ebene sind die Entwicklungen für unsere
künftige Agrarpolitik noch nicht weiter vorangeschritten.
Leider konnte auch der Informelle Rat der EU-Agrarminister,
zu dem unsere Landwirtschaftsministerin Anfang
September nach Koblenz und in die Winninger Weinberge
einlud, nicht dazu beitragen. Vielmehr wurde darüber diskutiert,
welche Lehren aus der Coronakrise für die Sicherung
der Lebensmittelkette in Zukunft gezogen werden sollten. Sicherlich
ein Thema, das in der aktuellen Situation seine Berechtigung
hat. Die drängenden Fragen, wie es mit der GAPReform
weitergeht und wann der EU-Agrarhaushalt endlich
unter Dach und Fach kommt, waren dagegen
nicht auf der Agenda. Dabei waren
noch im Juli die Fertigstellung der Übergangsverordnung
für 2021-2022 und die
Einigung auf ein Verhandlungsmandat zur
Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik im
Oktober als die wichtigsten Prioritäten der
Deutschen Ratspräsidentschaft
verkündet worden.
Auch hier erscheint der
Zeitplan sehr ambitioniert,
zumal noch etliche Fragen, etwa
im Zusammenhang mit den nationalen
Strategieplänen, offen sind. Dem Bundeslandwirtschaftsministerium
stehen
somit arbeitsreiche Wochen bevor, zumal
auch die Reform des Weinrechts bis
Ende des Jahres abgeschlossen werden
soll. F