Ausgabe 14/2020

Ambitionierte Ziele

ddw14/15-2020

Spannende sechs Monate liegen vor uns – wir erwarten
große Weichenstellungen sowohl auf nationaler
als auch auf europäischer Ebene.
Noch in diesem Jahr will das Bundesministerium
für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) die Reform
des deutschen Weinrechts abschließen. Die im Deutschen
Weinbauverband organisierten Erzeuger sprachen
sich erst kürzlich erneut für einen konsequenten Übergang
in ein klar strukturiertes Herkunftssystem aus. Dabei fordern
sie ausreichend lange Übergangsfristen, um die gebotene
System- und Bezeichnungsumstellung vornehmen zu können
(vgl. S. 9).
Auch auf europäischer Ebene hat sich das BMEL große
Ziele für die nächsten Monate gesteckt. Seit dem 1. Juli
hat Deutschland das 13. Mal in der Geschichte der Europäischen
Union und das erste Mal seit 2007 wieder den Vorsitz
der EU-Ratspräsidentschaft inne. Eine große Herausforderung
und Verantwortung – aber vor allem eine große Chance,
erfolgreich als Vermittler die Interessen
der 27 Mitgliedstaaten zusammenzubringen
und die Verhandlungen zur EU-Agrarpolitik
entscheidend voranzubringen. Die Branche
hat große Erwartungen!
Die deutsche Ratspräsidentschaft möchte
den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft
entscheidend mitgestalten. In ihrem
Arbeitsprogramm setzt sie als Schwerpunkte
eine ambitionierte Klima-, Umwelt- und
Biodiversitätsschutzpolitik sowie eine nachhaltige
Landwirtschaft und die Zukunftsfähigkeit
ländlicher Räume. In diesem Zusammenhang nennt
sie die Schlagworte Green Deal, Farm-to-Fork, Biodiversitätsstrategie
und Neuausrichtung der gemeinsamen Europäischen
Agrarpolitik (GAP).
Es wird eine Neuausrichtung der GAP geben, daran wird
nicht zu rütteln sein. Der Forderung der Gesellschaft nach
mehr Umwelt- und mehr Klimaschutz wird dabei Rechnung
getragen. Es wird daher in der ersten Säule künftig keine Zahlungen
geben, ohne dass diese an Konditionen geknüpft sind.
Eines sollte dabei jedoch ganz klar sein: Ohne einen angemessenen
Agrarhaushalt ist eine derartige Neuausrichtung
nicht möglich. Wenn immer mehr von unserer Branche verlangt
wird, dann muss uns für Umweltleistungen auch Geld
zur Verfügung stehen. Deshalb ist es wichtig, dass der Agrarhaushalt
sehr schnell verabschiedet wird. Positiv hat die
Branche daher vernommen, dass Deutschland in der Präsidentschaft
eine Einigung zum Mehrjährigen Finanzrahmen
(MFR) anstrebt, zumal zusätzliche finanzträchtige Corona-
Maßnahmen zu beschließen sind. Zusätzliche Mittel aus
dem Wiederaufbaufonds sollen den Mitgliedstaaten zur Verfügung
stehen, um die neuen Strategien umzusetzen. Wir
sind gespannt!
Wenn wir von notwendigen Umweltauflagen sprechen, ist
auch klar, dass wir europaweit einheitliche Standards brauchen.
Es wäre fatal, wenn wir künftig aufgrund strengerer
Umwelt- und Bewirtschaftungsauflagen international nicht
mehr konkurrenzfähig wären. Im Ergebnis würde dann unser
Markt von importierten Erzeugnissen überschwemmt,
die diesen Standards in keiner Weise entsprechen. Langfristig
wäre das der Tod der heimischen Landwirtschaft!
Wichtig ist auch, dass Umweltleistungen
auch in Zukunft förderfähig bleiben. Bei der
Ausgestaltung von ordnungsrechtlichen Regelungen
im Rahmen der GAP muss das unbedingt
berücksichtigt werden.
Eine »Komplett-Opposition« unserer
Branche ist sicherlich nicht
zielführend. Unsere
Branche muss aber
entsprechend intensiv
in die Prozesse
einbezogen werden,
dies gilt auch für viele horizontale Themen,
bei denen spezielle Interessen des
Weinbaus bestehen: Proaktiv an Kompromissen
mitarbeiten, um im Ergebnis
gemeinsam praktikable Lösungen zu
erzielen.