Simon Rossmann, Technischer Betriebsleiter Giesinger Bräu, Brauerei-Gründer und Geschäftsführer Steffen Marx, Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter und Aurelis-Geschäftsführer Stefan Wiegand (v.l.) stoßen auf die neue Brauerei an. (Fotos: GZ)
Simon Rossmann, Technischer Betriebsleiter Giesinger Bräu, Brauerei-Gründer und Geschäftsführer Steffen Marx, Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter und Aurelis-Geschäftsführer Stefan Wiegand (v.l.) stoßen auf die neue Brauerei an. (Fotos: GZ)

Riesenerfolg durch eigenen Brunnen?

Giesinger Bräu aus München hat gestern im Rahmen einer Eröffnungsfeier die ersten 80 Hektoliter am neuen Standort abgefüllt. Das Besondere: Das Brauwasser stammt aus dem eigenen Brunnen. Dies eröffnet der Spezialitätenbrauerei ganz neue Möglichkeiten.

Giesinger Bräu hat nach rund 18 Monaten Bauzeit den neuen Standort (Eigentümer des Grundstückes ist Aurelis) in München-Milbertshofen eröffnet. Mit dabei waren rund 50 Journalisten und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter. In den neuen Standort flossen insgesamt rund 20 Millionen Euro, 10 Millionen Euro davon in die Brauerei und Abfüllanlagen. Bislang lies Giesinger Bräu in Eitting bei München abfüllen. Die Finanzierung der Anlage stemmte Giesinger Bräu aus Eigenmitteln und Fremdkapital, zudem wurde eine Crowfunding-Kampagne im Dezember 2019 abgeschlossen, bei der rund 3,5 Millionen Euro von fast 2.600 Investoren eingesammelt wurden.

„Weitere Belebung für den Münchner Biermarkt“

Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter war sichtlich beeindruckt von der neuen Giesinger Bräu-Heimat: „Die Geschichte von Giesinger zeigt, was alles passieren kann, wenn Leute Ideen haben und mit Tatkraft und Energie an etwas herangehen. Die Geschichte ist sensationell. Als Münchner Oberbürgermeister kann man sich darüber nur freuen, denn es bedeutet eine weitere Belebung in unserem Biermarkt.“

Im „Werk2“ in der Detmoldstraße können in der ersten Ausbaustufe 20.000 Hektoliter Bier pro Jahr produziert werden. Neben Sudhaus und Abfüllanlage gehören ein Vollgut- bzw Leergutlager, eine Mälzerei, ein Labor, eine Rampe sowie ein Veranstaltungsraum zum neuen Standort. „Geheimwaffe“ des neuen Standortes ist aber der 172 Meter tiefe Brunnen, aus dem Giesinger Bräu ab sofort das Brauwasser bezieht. Damit darf sich das Bier künftig als „Münchner Bier“ bezeichnen und könnte – rein theoretisch – dazu berechtigt werden, auf der Wiesn oder dem Münchner Viktualienmarkt Bier zu verkaufen. Eigenes, Münchner Brauwasser ist zumindest eine Grundvoraussetzung dafür, die Giesinger Bräu jetzt erfüllt. „Wenn die Möglichkeit besteht, einen Brunnen zu bohren, bohren wir einen, koste es, was es wolle“, sagte Gründer Steffen Marx der GETRÄNKE ZEITUNG am Tag der Eröffnung. Es habe zwar lange gedauert, bis dafür die Erlaubnis kam, aber schlussendlich habe es ja geklappt. Bislang bezog die Brauerei ihr Brauwasser aus der Schotterebene im Mangfalltal. Steffen Marx gründete 2006 Giesinger Bräu.

Giesinger Bräu ist die insgesamt siebte Münchner Biermarke. Bisher sind die sechs großen Münchner Brauereien im „Verein Münchner Brauereien e.V.“ aktiv. Dies sind die Brauereien Augustiner, Hacker-Pschorr, Hofbräu, Löwenbräu, Paulaner und Spaten. Bald vielleicht auch Giesinger Bräu?

In München-Milbertshofen soll vor allem das umsatzstärkste Sorte der Brauerei gebraut und abgefüllt werden: die untergärige „Giesinger Erhellung“, die immerhin 75 Prozent des Absatzes der Brauerei ausmacht. Insgesamt hat das Unternehmen, das 2006 vom heutigen Geschäftsführer Steffen Marx gegründet wurde, 12 Biere im Angebot. Zehn Lagertanks (Fassungsvermögen 300 Hektoliter) stehen dafür (vorerst) zur Verfügung, die Abfüllanlage schafft 10.000 Flaschen pro Stunde. Eine Erweiterung ist aufgrund des freigehaltenen Platzes jederzeit möglich. Mit der neuen Anlage vergrößert sich die jährliche Produktionsmenge des Unternehmens von bisher 12.000 auf 30.000 Hektoliter pro Jahr. Giesinger Bräu strebt mittelfristig einen Marktanteil von 1 bis 1,5 Prozent in München und Umgebung an.

„Sind zum Glück nicht Gastronomie-abhängig“

„Der heutige Tag ist sehr emotional, ich war am Morgen nervös wie selten zuvor, das kenne ich eigentlich gar nicht von mir“, sagte Gründer Marx der GZ. „Aber ich bin froh, dass diese aufregende Zeit nun zu Ende ist. Jetzt kann es endlich losgehen!“ Angesprochen auf die nun in München nochmal verschärfte Konkurrenzsituation bleibt Steffen Marx gelassen: „Ich denke, dass meine Kollegen in diesen Tagen ganz andere Probleme haben. Die meisten sind zu 80 Prozent abhängig von der Gastronomie, das sind wir zum Glück nicht. Wir sind sehr handelsstark.“ Tatsächlich habe Giesinger Bräu in der Coronakrise „einige kleinere Erfolge feiern können“, sagt Marx.

Coronakrise: Ideen haben Arbeitsplätze erhalten

Seine Ideen- und Schaffenskraft habe er lernen müssen. Marx versucht, sich so oft es geht an das Pareto-Prinzip zu halten, das besagt, dass 80 Prozent der Ergebnisse mit 20 Prozent des Gesamtaufwandes erreicht werden können. Außerdem versetze er sich immer wieder in die Lage anderer, um so abzuschätzen, was gefragt ist und was gut ankomme. Gerade in der schweren Zeit ein Vorgehen, das sich durchaus bezahlt macht: So hat er in der schwersten Coronakrisenzeit einen neuen, verbesserten Onlineshop eröffnet, hat zudem den „ersten Bier-Drive-In“ Münchens ins Leben gerufen. Das alles führte dazu, dass er keinem Mitarbeiter kündigen musste. Giesinger Bräu beschäftigt insgesamt, also inklusive der Gastronomie, eigenen Angaben zufolge knapp 70 Mitarbeiter, darunter sechs Lehrlinge. Man habe mit dem neuen Standort sogar neue Kollegen einstellen können. Unscheinbar, aber mit großem Potenzial: der hauseigene Brunnen.

Künftig will der Geschäftsführer dank der nun zur Verfügung stehenden, neuen Kapazitäten das Geschäft forcieren. „Wir werden unsere Vertriebsbemühungen in Richtung Gastronomie und Einzelhandel verstärken“, kündigt Steffen Marx an. Und wo sieht sich Marx mit Giesinger Bräu in 5 Jahren? „Das ist relativ einfach. Wir stehen hier gerade in unserer neuen Halle, in der 1.000 Paletten Leergut stehen. In 5 Jahren stehe ich hier hoffentlich mit 1.000 Paletten Vollgut.“

Ob es bis dahin ein Giesinger Bräu-Zelt auf dem größten Volksfest der Welt gibt, oder ob man Giesinger Bräu auf dem Viktualienmarkt kaufen kann, bleibt abzuwarten. Geäußert hat sich Marx dazu zwar nicht, ein Blick auf seinen Erfolgshunger in den vergangenen 15 Jahren lässt allerdings einiges vermuten. // ja

GZ 08/24

Themen der Ausgabe

Titelthema: Mineral- und Tafelwasserverordnung

Der Entwurf des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft zur Neufassung der Mineral- und Tafelwasserverordnung könnte zu Verwerfungen im gesamten Mineralwassermarkt führen. Verbände fordern daher dringend Nachbesserungen.

Aktuelles Interview: Jürgen Reichle, VDM

Jürgen Reichle, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Mineralbrunnen, sieht beim vorgelegten Entwurf für die Mineral- und Tafelwasserverodnung Verbesserungsbedarf in mehreren Punkten. Der nächste Schritt sei eine intensive Dialogphase mit Bund und Ländern.

Gastkommentar: Thomas Fischer, DUH

Thomas Fischer, Bereichsleiter Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe, hält die in der PPWR festgelegt Mehrwegquote von vorerst 10 Prozent für deutlich zu niedrig angesetzt. Ein erhoffter Rückenwind für Mehrweg werde so ausbleiben sagt er und fordert deshalb nationale Maßnahmen zum Mehrwegschutz.