Ausgabe 09/2019

Geh voran, bleibt alles anders?

ddw9/2019

Stillstand ist der Tod, geh voran, bleibt alles anders…
sang bereits Herbert Grönemeyer in den
90ern und er hatte Recht. Veränderungen sind
der Ursprung von allem. Nicht alles, was die neue
Zeit mit sich bringt ist schlecht, vielmehr sind wir
es, die gezwungen sind, sich zu verändern…, so schreibt ein
Influencer in seinem Blog, auf den ich zufällig im Netz stoße.
Als Kind der Generation Golf erkenne ich gleich den Liedtext
meines früheren Idols und lese neugierig die Ausführungen
des Influencers: »Ein Zurück in die ›gute alte Zeit‹
ist nicht mehr möglich, so sehr der Eine oder Andere sich
das auch wünscht. Wir sind gezwungen, mit Veränderungen
zu leben, denn sie werden schneller und zahlreicher werden.
Veränderungen sind nur dann schlecht, wenn wir sie
nicht aktiv mitgestalten. Wer seine Zukunft selbst schreibt
und nicht wartet, bis andere das eigene Zepter in die Hand
nehmen, der kann seine Welt auch positiv mitgestalten.«
Das klingt relativ banal, aber ich fühle mich an meine eigenen
Worte auf zahlreichen Veranstaltungen in den Gebieten
erinnert, mit denen ich versuchte,
die Winzer zu motivieren, die gewonnene
Selbstverantwortung und ein herkunftsbezogenes
Bezeichnungssystem als Chance
zu betrachten.
Die ersten Schritte dahin sind gemacht:
In insgesamt neun deutschen Weinanbaugebieten
haben sich Schutzgemeinschaften
gegründet, die teilweise bereits von den zuständigen Ländern
anerkannt wurden. Sie haben nun die Möglichkeit, die
eigenen Produktspezifikationen besser und effektiver zu gestalten
– der Weg in die Selbstverantwortung ist geöffnet.
Franken hat diesen Schritt nun auch offiziell vollzogen, auf
der letzten Mitgliederversammlung des Fränkischen Weinbauverbandes
wurde der Weg zur Anerkennung als Branchenverband
durch eine Satzungsänderung geebnet. Damit
hat eine lange Diskussion in der Weinwirtschaft ein Ende gefunden:
Welche Organisationsform ist am besten geeignet,
um künftig über das Profil des Anbaugebietes zu entscheiden?
Ähnlich wie die Schutzgemeinschaften in den derzeit
neun Weinbaugebieten (die verbleibenden drei sind in der
Gründungsphase) soll der fränkische Branchenverband sich
zunächst hauptsächlich mit den Themen Herkunft und Profilierung
beschäftigen und damit den Übergang in das romanische
Herkunftssystem gestalten.
Eine enge Verzahnung bzw. eine enge Zusammenarbeit
von Schutzgemeinschaften und Gebietsweinwerbungen ist
im Rahmen der Profilierung unbedingt erforderlich – ein
neues Bezeichnungssystem muss dem Verbraucher frühzeitig
erklärt werden – das geht nur im Zusammenspiel. Diese
enge Verzahnung war auch in Franken bereits gewährleistet
und ist durch den Branchenverband nun offiziell.
Natürlich stand auch immer die Frage im Fokus, inwieweit
ein Wein-Branchenverband auch sogenannte allgemeinverbindliche
Regelungen erlassen kann, die dann auch für
Nichtmitglieder gelten. Darf die Allgemeinverbindlichkeit
künftig unbefristet und über die Bewältigung von Krisen zur
Finanzierung der »normalen Geschäftstätigkeit« ausgesprochen
werden? Da habe ich (noch) meine Zweifel – aber das
soll jetzt erstmal nicht das Thema sein, solange die bisherigen
Strukturen zur Finanzierung des Gemeinschaftsmarketings
nicht gefährdet sind. Entscheidend
ist, dass sich mit dem Schritt der Franken
ein weiteres Anbaugebiet auf den Weg in
die Selbstverantwortung begeben hat, um
eine Profilierung anhand
einer einfachen Faustregel
vorzunehmen: »Je
enger die Herkunft,
desto höher die Qualität«. Damit soll
mehr Klarheit und Transparenz für den
Verbraucher geschaffen werden – darauf
liegt gerade unser Hauptaugenmerk
in der aktuellen Weinrechtsreform. Der
Verbraucher muss bei allen Überlegungen
immer an erster Stelle stehen!