Die Brewdog-Gründer James Watt und Martin Dickie haben Großes vor in Berlin. Foto: Brewdog
Die Brewdog-Gründer James Watt und Martin Dickie haben Großes vor in Berlin. Foto: Brewdog

Ein Craftbier-Hotel für Berlin?

Es war ein denkwürdiger Abend in der Brewdog Bar in Berlin-Mitte. Fünf Tage nachdem sich die Nachricht, dass die Schotten von Brewdog die Brauerei und Gastronomie von Stone Brewing in Berlin-Mariendorf übernehmen, wie ein Lauffeuer in der Szene verbreitete, luden James Watt und Martin Dickie zu eilig anberaumten Pressegesprächen in ihre Bar. Noch lebhafter als sonst ging es an diesem Mittwochabend in der Ackerstraße zu. Schließlich waren auch etliche deutsche Equity Punks zugegen, die beim ersten offiziellen Treffen mit James Watt und Martin Dickie aus erster Hand erfahren wollten, was mit dem Unternehmen, an dem sie sich finanziell beteiligt haben, nun passiert. Und nicht zuletzt folgten auch etliche Berliner Craft-Brauer, darunter auch ein Teil der Stone-Mannschaft, der Brewdog-Einladung zum mehr oder weniger offiziellen Einstand in der Szene. Es soll noch einmal Tränen gegeben haben, draußen im alten Gaswerk in Mariendorf. Und während die sichtlich gezeichnete Stone-Crew tapfer Gesicht zeigte, plauderten Watt und Dickie ein paar Meter weiter über die Zukunft des Areals, an dem Greg Koch gescheitert ist. Was also haben sie vor, die Schotten? Im Interview haben sie uns einen Ausblick darauf gegeben, was in den nächsten Monaten in Berlin-Mariendorf passieren wird.

 

James Watt und Martin Dickie über das neue Zuhause...

Klar, es ist ein Wahnsinnsprojekt und auch ein hohes Risiko, aber wir sind absolut begeistert von dem Gebäude in Berlin-Mariendorf. Wir können es kaum erwarten, unseren Leuten in Ellon (der Heimat Brewdogs in Schottland, Anm. d. Red.) und unseren Equity Punks das neue Zuhause in Berlin zu zeigen.

 

In Schottland haben wir weitab von einer relativ kleinen Stadt wie Aberdeen angefangen, verglichen damit sind die 30 Minuten, die uns vom Zentrum Berlins trennen, eine hervorragende Voraussetzung. Uns ist klar, dass wir zuallererst etwas für die Bewohner hier in Mariendorf bieten müssen, die müssen unsere besten Gäste werden – zusätzlich natürlich alle Bier-Enthusiasten in Berlin. Wir werden verdammt hart dafür arbeiten, dass die Sache hier ein Erfolg wird und dass wir das Stone-Erbe würdig antreten.

 

Auch ohne den Brexit hätten wir das Gebäude gekauft, denn niemand weiß, was genau passieren wird. Aber jetzt ist natürlich die beste Gelegenheit, sich in Berlin etwas für den deutschen Markt aufzubauen.

 

Über ihre Pläne für die Brauerei...

„Fürs Erste wird die große Brauerei so bleiben wie gehabt. In erster Linie wollen wir dort die Biere für den deutschen Markt und vielleicht noch für Österreich und die Schweiz brauen. Wir planen auch, ein eigenes Bier ausschließlich für den deutschen Markt aufzulegen und sammeln gerade Ideen dafür. Anders als bislang die Stone-Biere werden wir unsere Biere allerdings in Flaschen abfüllen. Wir glauben, das ist für den deutschen Markt besser geeignet. Zusätzlich werden wir für unsere Freunde von Stone deren Biere weiterhin brauen. Schließlich übernehmen wir ja auch das Brauteam von Stone.

 

Etwas Neues planen wir für die 10-Hektoliter-Pilotanlage. Unter dem Namen ,Berlin Craft Collective wollen wir kleine Craft-Brauer aus Berlin, aber auch ambitionierte Homebrewer einladen, ihre Biere bei uns zu brauen. Wir haben dabei unter anderem auch bislang fest beschäftigte Brauer im Blick, die sich mit dem Gedanken tragen, ein eigenes Business zu starten und Rezepturen ausprobieren möchten. Das alles möchten wir sehr kostengünstig anbieten und die Biere dann auch in unseren Brewdog-Bars, in Berlin und in Hamburg, anbieten.

 

Wir haben in den letzten 12 Jahren eine Menge gelernt, es waren mindestens zwei Dutzend Deutsche Brauer im Nordosten Schottlands und haben uns beim Aufbau unseres Business begleitet. Nun wollen wir der Craftbier-Community etwas zurückgeben und unter anderem Homebrewern den Weg in das professionelle Business ebnen.“

 

Über ihre Pläne für die Gastronomie...

Am 1. Mai erhalten wir die Schlüssel zu unserem neue Zuhause in Mariendorf, dann werden wir erst einmal für etwa zwei Monate schließen und hoffentlich im frühen Juli mit einer großen Party wiedereröffnen. Bis ins Detail sind die Pläne zwar noch nicht ausgearbeitet, aber wir werden die Location in dieser Zeit in ein echtes Erlebnis, eine Brewdog-Welt verändern, die sich an dem orientiert, was wir bereits in Columbus, Ohio, umgesetzt haben. Es wird unter anderem ein Craftbier-Museum geben, viele Outdoor- und Indoorgames wie Shuffleboard und verschiedene Arcade-Stationen, dazu einen Hundepark, unseren Dog Park. Und ja, wir überlegen sogar, im Laufe der Zeit dort ein weiteres Doghouse, unser Craftbier-Hotel, entstehen zu lassen. Das erste gibt es in Columbus, in London suchen wir gerade nach einer Location.“

 

Über den deutschen Markt...

Wir sind fasziniert vom deutschen Biermarkt und er zählt für uns auf jeden Fall zu den Schlüsselmärkten. Mit etwa 3.000 Hektolitern sind wir momentan natürlich noch sehr klein in Deutschland, doch das wollen wir mit der neuen Brauerei ändern, denn wir glauben, das Potenzial ist viel, viel größer. Derzeit haben wir in Deutschland knapp 2.000 Equity Punks, wir hoffen, dass es in ein paar Jahren schon an die 10.000 sein werden. Die Bierkultur hier ist wirklich bemerkenswert mit ihrer Historie und den vielen tollen Bierstilen – und wir finden es wahnsinnig aufregend, diese Kultur durch unser Craftbier ein wenig zu ergänzen. Dass das funktionieren kann, zeigt uns unsere Brewdog-Bar in Mitte, die seit ihrer Eröffnung vor gut 2,5 Jahren richtig gut läuft. Schon bald, voraussichtlich im Juli, eröffnen wir unsere zweite Brewdog-Bar in Deutschland, dieses Mal in Hamburg.

 

Über die Zukunft von Brewdog...

Die Frage, wie groß Brewdog werden kann oder werden soll, haben wir uns eigentlich nie gestellt. Uns treiben immer noch die gleichen Sachen an, wie damals vor 12 Jahren, als wir begonnen haben: nämlich das bestmögliche Bier zu brauen und so viele Leute wie möglich mit unserer Vorstellung von gutem Bier anzustecken.

 

Aktuell brauen wir im Jahr gut 650.000 Hektoliter Bier. Unsere größten Mitbewerber, also etwa AB Inbev und Heineken, sind 2.000 mal größer. Wir sind immer noch die kleinen, frechen Underdogs und haben weiterhin verdammt viel Arbeit vor uns, um die Craftbier-Revolution voranzutreiben. Fragt uns noch einmal in zwölf Jahren, wie weit wir dann gekommen sind.“