Witbier

Der belgische Verwandte unseres Weißbiers wird immer populärer.
Kein Wunder, passt der spritzige Bierstil mit seinen so typischen Orangen- und Koriandernoten doch herrlich in den Sommer.

Koriander verleiht Witbieren eine würzige Note (Fotos: Ninell / Domnitsky - Fotolia.com)

Kaum zu glauben: In den 1950er-Jahren war das heute so beliebte belgische Witbier, oder auch „Bière Blanche“, wie es im Französischen genannt wird, fast von der Bildfläche verschwunden. Die Pilswelle hatte auch Belgien erfasst und sorgte dafür, dass die so gerühmte Biervielfalt langsam zurückging. 1957 schloss mit Tomsin die letzte Wit-Brauerei in Hoegaarden, jenem Ort, der auch heute noch namentlich mit der Sorte verschmolzen ist. Eine Tradition, deren erste Aufzeichnungen bis ins Jahr 1318 zurückdatieren und die sich dank der belgischen Mönche über das Land verbreitete, schien damals gestorben zu sein. Der Milchmann Pierre Celis setzte sich 1966 ein Denkmal, indem er eine Original-Rezeptur nachbraute. Der Erfolg war überwältigend: Er gründete seine Brauerei „De Kluis“ und verhalf dem Bierstil zum weltweiten Comeback. Auf dem Höhepunkt im Jahr 1985 füllte er 75.000 Hektoliter seines Witbiers ab.

Ohne den belgischen Milchmann müssten wir heute womöglich auf dieses herrlich frisch-spritzige Bier mit seinen typischen Gewürznoten verzichten. Und ohne die Mönche in Hoegaarden auch, denn sie waren es, die im 14. und 15. Jahrhundert die damals noch extrem sauren Biere mit exotischen Gewürzen wie Koriander und Orangenschale aus der niederländischen Kolonie Curaçao versetzten und schnell auf den Geschmack kamen. Der kleine flämische Ort entwickelte sich im Laufe der Zeit zur wahren Wit-Hochburg: Im Jahr 1726 zählte die Stadt 36 Brauereien. Heute ist es vor allem die zu AB Inbev gehörende Hoegaarden-Brauerei, die den Bierstil idealtypisch verkörpert.
 
Den Charakter prägt zum einen der rohe, ungemälzte Weizen, der zu etwa 30 bis 45 Prozent der Schüttung zugegeben wird und einen deutlichen Unterschied zum deutschen Weißbier ausmacht. Dem daraus resultierenden hohen Eiweißgehalt ist übrigens auch die Trübung des Bieres zu verdanken. Einige Brauer greifen zusätzlich noch zu Hafer, was das Mundgefühl etwas cremiger gestaltet. Anders als das Weizenbier sollte das belgische Wit nicht mit einer bayerischen Weißbierhefe, die u. a. Aromen von Gewürznelke produziert, vergoren werden, sondern mit einer neutralen, obergärigen Hefe. Das Wit erhält seine eigenen würzigen Noten schließlich durch die exotischen Zugaben, unter denen sich vor allem oben genannte Korianderkörner und getrocknete Curaçao-Orangenschalen als stilprägend durchgesetzt haben. Mit weiteren Zugaben darf und kann gerne experimentiert werden, was insbesondere Craft-Brauer in den USA, wo dieser leicht säuerliche Stil aktuell wieder sehr populär ist, intensiv nutzen. In seiner Spritzigkeit, im erfrischenden Charakter und auch im Alkoholgehalt von ca. 5 % vol. ähnelt das Witbier übrigens dem Pils und passt somit bestens in den Sommer. Als Pendant zu scharfen Gerichten, aber auch zu Fischgerichten, beweist es sein Potenzial als Speisenbegleiter.
 
 
Deutschland, Österreich, Dänemark, Island, Niederlande und natürlich Belgien – wir haben Witbiere aus aller Welt verkostet und präsentieren die besten zehn.