Auf Reisen

Sebastian BordthäuserDas Schöne an unserem Beruf ist, dass man über Lang oder Kurz an all die schönen Orte der Welt kommt, wo die großen oder auch kleinen Weine wachsen. Entre Deux Mers mit den Füßen im Wasser und einem Rack Austern bleiben einem so eben anders in Erinnerung als mit dem Finger auf der Landkarte.

Man muss zwar viel Reisen, manchmal an die entlegensten Ecken, doch all das ist kein Problem. War vor zwanzig Jahren die Autobahnraststätte noch die Benchmark für miserables Essen entlang der Strecke, hat sich das Elend heute flächendeckend ausgebreitet. Das Essen entlang jeglicher Reiserouten ist unter der Würde dessen, was man als Mensch zu sich nehmen mag. Es fühlt sich manchmal so an, als müsse man sich die Schönheit des Bestimmungsortes durch miserable Verpflegung auf dem Weg dorthin in grenzenloser Demut verdienen. Ohne Fleiß kein Preis!

Man kann jetzt die Deutsche Bahn mit Schmutz bewerfen, was auch hinreichend gemacht wird. Dass auf sieben von zehn Fahrten das Bistro geschlossen ist, bewahrt einen eigentlich vor Schlimmerem. Zum Beispiel davor, dass einem ohne mit der Wimper zu zucken nur warmes Bier ausgeschenkt wird, weil die Kühlung mal wieder defekt ist. Warmes Flaschenbier als hochkalorischer Schutz vor schlimmeren kulinarischen Gräueln. Essen auf Reisen war immer schon teuer, doch was die Bahn heute bietet, ist nicht mal mehr ein schaler Abglanz der Zeiten, in denen man im Speisewagen tatsächlich speisen konnte.

Es ist ein Abgekoche und Abgezocke an jeder Ecke. Die komplette Infrastruktur, sowohl der Bahn und Bahnhöfe sowie an Autobahnen und Flughäfen, ist auf Nepp und Bauernfängerei ausgelegt, weil ja eh niemand wiederkehrt, außer wenn er muss. Es sind halt Reisende. Und die soll man nicht aufhalten. Deshalb gibt’s auch alles to go, dann ist der empörte Kunde im Zweifel über alle Berge, wenn er eigentlich dem „Bäcker“ eine reinhauen sollte für die Unverfrorenheit eines Brötchens, das er einem für 3,95 Euro in die Tüte gestopft hat: ein blass aufgebackener Teigling (das Wort Brötchen wird hier schon seitens des Herstellers vermieden um, eventuelle Gemeinsamkeiten auszuschließen), verschmiert mit billigster Remoulade und dem miesesten, was man an welkem Salat und Analogkäse in so einem halb aufgeschnittenen Teigling versenken kann.

Ein anderer Wegelagerer bietet einem fettverkrustete Teigzungen an, die nur im Namen an Pizza erinnern. Nirgends gibt es irgendetwas, das man bei Lichte betrachtet als Essen bezeichnen könnte oder eine Spur an Wertigkeit erahnen lassen würde. Komischerweise klappt das in anderen Ländern. Wo ist das Problem, für die immensen Summen, die man ja auch zu zahlen bereit ist (gestern Nacht später Service, morgens früh raus, keine Zeit Schrippen zu schmieren), etwas abzuliefern, was man als Essen bezeichnen kann? Man bekommt aller Orte Frechheiten serviert, es ist einfach ein Hohn, und ich frage mich ernsthaft, warum sich keiner Beschwert. McDonalds und Burger King sind da quasi Oasen – zumindest einer kalkulierbaren, zu erwartenden Qualität.

Im Flugzeug selbst darf man eigentlich gar nichts essen, weil es dort, wo man landet, eh besser ist. Und ansonsten für den Rückweg einfach ’ne Butterbrotdose oder ’ne Rolle Pergamentpapier kaufen. In dem Rest der Rolle kann der Chef dann ja den Wolfsbarsch dämpfen. 

01-24

Themen der Ausgabe

PANORAMA

Wie schmeckt die Zukunft Frankens?

PROFILE

Bibraud - kreativ und innovativ in Ulm

PROBE

Bairrada und Dão - Portugals feinste Rote