Ausgabe 23/2020

Debatte um GAP-Reform

ddw23/2020

Der EU-Agrarrat und auch das EU-Parlament
haben sich vor einigen Tagen auf zentrale
Punkte zur künftigen Ausgestaltung der
Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik
(GAP) verständigt. Unterschiedlicher
könnten die Bewertungen der Abstimmungsergebnisse
durch Ministerien, Parteien, Bauern- und Winzerverbände
und Umweltverbände wohl kaum ausfallen. Von
der einen Seite wird der Vorwurf erhoben, dass sich die
Umweltbilanz durch das neue System nicht verändern
wird. Es wird sogar von Greenwashing gesprochen, da lediglich
die Begrifflichkeiten geändert würden. Waren in
der Vergangenheit die Direktzahlungen über Cross Compliance
und über das Greening an Umweltauflagen geknüpft,
rücken in Zukunft die Konditionalität für die Basisprämie
und zusätzliche freiwillige Eco-Schemes in den
Mittelpunkt. Von der anderen Seite wird die Reform als
Meilenstein bezeichnet, da Öko-
Regelungen ein sichtbarer Bestandteil
der Direktzahlungen
werden und weil ein Mindestbudget
für grüne Investitionen
beschlossen wurde. In jedem
Fall wird das neue System einige
Änderungen und Herausforderungen
für den Agrarsektor bringen,
zumal die Forderungen des
EU-Parlamentes noch deutlich über die des Rates hinausgehen.
Wie weit die Reise letztlich geht, werden die Verhandlungen
der nächsten Monate zeigen. Was jedoch in
der Diskussion gerade wieder zu kurz kommt: Der Agrarsektor
hat in den vergangenen Jahren mit vielen freiwilligen
Initiativen bewiesen, dass er bereit ist, mehr für den
Umweltschutz zu tun.
Bei den spezifischen Regelungen für den Weinsektor
sind sich EU-Parlament und Rat dagegen weitestgehend
einig, so dass wir in den sogenannten
Trilog-Verhandlungen
zwischen Rat, Parlament und
Kommission keine bösen Überraschungen erwarten müssen.
Einigkeit besteht beispielsweise darin, dass künftig
auch für Wein eine Angabe des Nährwertes, die sich auf
den Brennwert beschränken kann, auf dem Etikett erfolgen
muss. Beide Institutionen sprechen sich auch dafür
aus, dass ein Verzeichnis der Zutaten außerhalb der Etikettierung
»Off-Label« bzw. online erfolgen kann. Damit
haben sie einer Forderung der Branche entsprochen, die
diese »Off-label«-Variante als Kompromiss vorgeschlagen
hatte. Auch bei der Verlängerung des Pflanzrechteregimes
– zwar mit unterschiedlichen Laufzeiten – und
bei der Aufnahme von alkoholfreien oder alkoholreduzierten
Weinen in die Kategorien von Weinbauerzeugnissen
ziehen die Institutionen an einem Strang.
Bereits in der kommenden Woche, am 10. November,
sollen diese Verhandlungen unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft
beginnen und die letzten Stellschrauben bewegen.
»Trilogverhandlungen« haben zwar den Vorteil,
dass sie oft das Gesetzgebungsverfahren zu einem schnellen
Abschluss bringen, da hier die Verhandlungsführer
der drei EU-Institutionen hinter verschlossener
Tür an einem Tisch zusammenkommen,
um einen Kompromiss zwischen den
verschiedenen Positionen herbeizuführen.
Sie bergen aber auch ein gewisses Risiko.
Es ist oft unklar, ob und welche mühsam
herbeigeführte Position
als Verhandlungsmasse
mit den beiden anderen
Partnern genutzt
wird. Gut, wenn sich die Institutionen
bei den Anliegen unserer Branche
einig sind. Dann können wir
zumindest in diesem Bereich entspannt
auf das Ergebnis der Verhandlungen
warten. F