Ausgabe 21/2020

US-Strafzölle – ein trauriges Jubiläum!
ddw21/2020

Für viele von uns ist der 3. Oktober ein Tag der Freude
– Tag der Deutschen Wiedervereinigung. Nach 45
Jahren war am 3. Oktober 1990 die Teilung Deutschlands
endlich überwunden. Dieses Jahr feierte die
Wiedervereinigung ihren 30. Geburtstag. Viele von
uns haben die Bilder aus dieser Zeit noch im Kopf – Bilder aus
der Prager Botschaft, sich öffnende Schlagbäume und glückliche
Menschen auf der Berliner Mauer. 30 Jahre nach der Deutschen
Einheit wachsen Ost und West weiter zusammen. Gleichzeitig
bleiben die Spuren der Teilung bis heute sichtbar – in
Gesellschaft, Politik und Wirtschaft.
Die deutschen Weinexporteure denken seit 2019 auch mit gemischten
Gefühlen an dieses Datum. Es war in der Nacht zum
3. Oktober, in der die amerikanischen Behörden im Rahmen
des Handelsstreits zwischen der EU und den USA im Luftfahrtsektor
eine Liste mit europäischen Importwaren veröffentlicht
haben, die sie ab 18. Oktober mit Strafzöllen belegt haben. Auch
aus Deutschland in die USA exportierte Stillweine standen auf
dieser Liste und sind seitdem von dieser Erhöhung der Zölle
um 25 Prozent betroffen.
Die Exporteure waren sich einig, dass diese
Vergeltungszölle schnell zu einer erheblichen
Verringerung der Geschäftstätigkeit führen werden,
von der sich der Markt nur langsam erholen
werde. Neben den deutschen Weinexporteuren
werden aber auch die Importeure und
die Verbraucher in den USA die Leidtragenden
sein – so die Vermutung der Branche. Gemeinsam
mit den europäischen Kollegen, den europäischen
Dachverbänden, hatte man die Europäische Kommission
und die Mitgliedstaaten mit allen Kräften bei ihren
Bemühungen um eine Verhandlungsposition unterstützt.
Wie sieht die aktuelle Situation ein Jahr nach Einführung der
Zölle aus? Die Auswirkungen haben nicht lange auf sich warten
lassen. Zwar haben die Exporte in diesem Jahr aufgrund der Coronapandemie
insgesamt Einbußen verzeichnen müssen – die
auf dem US-Markt sind dabei aber überdurchschnittlich hoch.
In der Periode von August 2019 bis Juli 2020 ist ein Rückgang
der exportierten Menge um 6,8 Prozent zu verzeichnen, gravierender
ist der Rückgang des Exportwertes um 15,7 Prozent. Betriebe
mit Schwerpunkt auf den US-Export sind noch heftiger
betroffen – teilweise in ihrer Existenz bedroht. Trotzdem bleibt
die USA weiterhin wichtigster Exportmarkt für deutschen Wein.
Alle Bemühungen, eine schnelle Verhandlungslösung herbeizuführen,
sind bisher gescheitert. Die USA haben auch im
letzten sogenannten Karussell-Verfahren nicht von der Möglichkeit
Gebrauch gemacht, entsprechende Anpassungen der
mit Strafzöllen belegten Produkte vorzusehen. Deutsche Weine
bleiben weiterhin von den Strafzöllen der USA betroffen.
Hoffnungsvoll stimmte mich die Nachricht Ende Juli, dass
die Regierungen Frankreichs und Spaniens sich mit Airbus
darauf geeinigt haben, die Bedingungen für die gewährten
Investitionen für die Entwicklung des A350 an die Marktbedingungen
anzupassen. Die Entscheidungen der Welthandelsorganisation
(WTO) im Airbus-Streit sollten also umgesetzt
werden. Die EU-Kommission hat daraufhin die USA aufgerufen,
im Gegenzug ihre in diesem Zusammenhang verhängten
Zölle auf europäische Produkte aufzuheben. Sollte es zu keiner
Einigung kommen, drohte die EU hingegen an, ihre eigenen
Sanktionsrechte – die ihr im Rahmen des Parallelverfahrens gegen
die USA wegen unrechtmäßiger Subventionen für Boeing
eingeräumt werden – in vollem Umfang wahrzunehmen. Diese
Drohung könnte nun bald in die Tat umgesetzt
werden, da die USA nicht auf diese Anpassung
der »Airbus-Länder« reagiert haben.
Das würde bedeuten: Strafzölle gegen
Strafzölle! Der Branche wird das nicht weiterhelfen!
Die EU muss mit Unterstützung
der Mitgliedstaaten weiterhin
mit Nachdruck versuchen,
eine Verhandlungslösung
mit den
USA zu erwirken, die eine schnelle Beseitigung
der Strafzölle vorsieht! Das wird
nicht einfach, ich hoffe aber immer noch,
dass wir im Zollstreit kein 2-jähriges Jubiläum
feiern müssen. F