Die modifizierte Herkunftspyramide: der Vorschlag des Ministeriums zur Novelle des Deutschen Weinrechts.
Die modifizierte Herkunftspyramide: der Vorschlag des Ministeriums zur Novelle des Deutschen Weinrechts.

Streitthema Herkunftspyramide

Am 8. Januar auf den Mosel Weinbautagen 2020 in Wittlich präsentierte Dr. Michael Köhler vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft Überlegungen des Fachreferates zur Novelle des Deutschen Weinrechts. Seit langem arbeitet man bereits daran das in Deutschland aktuell gültige Klassifikationssystem für Weine, das auf dem Mostgewicht basiert, durch ein herkunfts- und lagenorientiertes System zu ersetzen.

Grund zur Diskussion gaben die von Dr. Köhler vorgestellten Neuerungen zur Herkunftspyramide. Die Weinrechtsreform sei kurz vor der Geburt und nicht mehr totzureden, so Köhler. Wann der endgültige Referentenentwurf vorliegen werde, wurde nicht beantwortet. Bereits seit 1970 gab es eine Qualitätsweinverordnung bestimmter Anbaugebiete, was der heutigen Bezeichnung g.U. (geschützte Ursprungsbezeichnung) entspricht. Momentan erlaubt die EU die Verwendung des traditionellen Begriffes Qualitätswein, Prädikatswein parallel zum Begriff »geschützte Ursprungsbezeichnung«. Grundsätzlich haben die einzelnen g.U.s in ihrer Ausgestaltung innerhalb der Bestimmungen der EU bestimmte Freiheiten. »Das macht es nicht einfacher, aber man hat große Spielräume«, so Köhler.

Einig waren sich alle Beteiligten über die Ziele der Reform. Im Zentrum standen immer die verbesserte Orientierung und leichtere Verständlichkeit für den Verbraucher sowie die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und der Ausbau einer qualitätsorientierten Weinerzeugung. Zudem wolle man eine größere Wertschöpfung generieren und einer Zersplitterung in den einzelnen Anbaugebieten durch die Entstehung neuer g.U.s entgegenwirken. Als Orientierung soll der Grundsatz »Je enger die Herkunft, desto höher das Qualitätsversprechen« dienen.

Unterste Stufe der von Dr. Köhler vorgestellten »modifizierten Herkunftspyramide« (vgl. Bild) solle der Deutsche Wein sein, darüber der Landwein (g.g.A.). Die dritte Stufe bildet der Qualitätswein (g.U.), die sich wiederum aufteilt. Basis der g.U. bilden laut Köhler zwei parallel nebeneinander laufende Systeme: Neben der sog. nicht profilierten g.U. gibt es eine profilierte g.U. mit bestimmten Kriterien, die vom Ministerium festgelegt werden (Beispiel: vier Rebsorten je Weinart, Definition eines einheitlichen Geschmacksbilds, Hektarertrag im Durchschnitt der letzten 10 Jahren). Das hieße: Wer will kann im jetzigen System g.U. Mosel bleiben, ohne engere Profilierung. Die Konsequenz: Er darf keine kleineren geografischen Angaben wie Bereiche oder Lagen mehr verwenden.

Die nächst höhere, profilierte Stufe hieße, laut Köhler, »Bereich/Großlage/Gemeinde«. Dr Köhler schlägt den Begriff »DGC« (Districtus Germaniae Controllatus) vor, um zu kennzeichnen, dass es sich um profilierte Weine handelt. Die Spitze der Pyramide bildet die »Einzellage«, die mit noch strengeren Kriterien unterlegt werden muss und den Namen »DGCs« (Districtus Germaniae Controllatus Situs) erhält.

Anschließend an die Präsentation von Dr. Köhler bewertete Staatssekretär Andy Becht, die vorgestellten Neuerungen aus Sicht des rheinlandpfälzischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau. 

Becht kritisierte das parallele System von zwei Qualitätsweinen. Es schaffe Schwierigkeiten in der Verbraucherkommunikation, denn jeder Qualitätswein bedürfe einer Profilierung. Die Folgen wären eine Verwässerung des Qualiätsweinbegriffs, denn »einen unprofilierten Qualitätswein gibt es nicht«, so Becht. Außerdem fordert er, dass das neue Konzept in die neue Gesamtweinmarktstrategie eingebunden werden müsse, denn »alleine mit der Weinrechtsreform wird nicht mehr Wein verkauft, dazu braucht es eine Strategie«.
Abschließend forderte der Staatssekretär: »Wein wird im Glas immer ein Mysterium bleiben, soll aber auf dem Etikett kein Mysterium werden.«

Den Abschluss bildete eine Podiumsdiskussion mit Dr. Köhler, Becht und den Vertretern der Schutzgemeinschaft Mosel. Hier sprach Walter Clüsserath, Präsident des Weinbauverbandes Mosel stellvertretend für die Winzer, Peter Rotthaus, stellvertretender Vorsitzender des Kellereiverbandes Mosel für die Kellereien und Henning Seibert, Vorstandsvorsitzender der Moselland für die Genossenschaften.

Die Branche äußerte ihre Bedenken bezüglich des Kontrollaufwands dieser Kriterien. »Wenn es kompliziert wird, wer soll das verstehen, kontrollieren und bezahlen? Die Winzer!«, so Seibert. Des Weiteren kritisierten die Diskussionsteilnehmer, dass es dem neuen System generell an Verständlichkeit für den Verbraucher mangele. Auch die Winzer im Saal beteiligten sich rege an der Diskussion. JB/EK

Ausgabe 8/2024

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