Stefano Zanette bei der Pressekonferenz auf der ProWein: »Konsortium ist nicht schuld an Knappheit«
Stefano Zanette bei der Pressekonferenz auf der ProWein: »Konsortium ist nicht schuld an Knappheit«

Prosecco wird knapp

Der Markt für Prosecco-Basis-Weine stellt die einschlägigen Lieferanten des deutschen Lebensmittelhandels vor Herausforderungen. Vor und während der Ernte 2014 wurde Prosecco DOC für 1,20 bis 1,30 Euro pro Liter gehandelt. Auf dieser Basis wurden dann auch die Kontrakte mit den Großkunden aus Discount- und Lebensmittelhandel abgeschlossen, auf denen der heutige Einstiegspreis von 1,99 Euro für Frizzante Prosecco DOC basiert.

Für viele Marktteilnehmer vollkommen überraschend schießen die Preise für Nachkäufe durch die Decke. Händeringend suchen Agenten der großen Prosecco-Produzenten nach verfügbaren Mengen an Grundwein und sind genötigt, so gut wie jeden Preis zu akzeptieren. Marktteilnehmer berichten über Preise von 2,40 Euro pro Liter und mehr für kleinere Mengen einiger Tausend Hektoliter. Das reicht in mancher Kellerei allenfalls für die Produktion und den Absatz einer oder zwei Wochen.

Die Vorhersagen sind für die Beteiligten düster: Im Juni könnte manches Discountregal leer bleiben mit entsprechenden Folgen für die Lieferanten, die sich dann horrenden Schadensersatzforderungen der Handelsunternehmen ausgesetzt sehen. Die Schuld für die missliche Situation wird von den meisten Marktteilnehmern bei den Verantwortlichen des Prosecco-DOC-Konsortiums gesehen und die These in den Raum gestellt, das Konsortium habe sich bei der Freigabe von Flächen und Mengen verrechnet, wodurch Mindermengen von 30 bis 50 Mill. Liter entstanden seien.

Konsortiums-Präsident Stefano Zanette weist die Kritik weit von sich und erklärte anlässlich einer Pressekonferenz auf der ProWein, dass dem Konsortium verfügbare Mengen und Flächen von den italienischen Behörden gemeldet werden und die Marktteilnehmer sich nicht auf eine unendlich nachlieferbare Menge verlassen könnten.

Konkret rechnet das Konsortium vor, dass für die Ernte 2014 rund 19.000 Hektar registriert waren. Darin eingeschlossen ein Anteil von rund 15 Prozent ergänzender Rebsorten wie Pinot Nero oder Chardonnay, die in die Glera-Weine für die Produktion von Prosecco-DOC verschnitten werden können. In Ertrag stünden derzeit jedoch nur rund 16.500 Hektar Glera. Das liegt einerseits daran, dass Neuanlagen erst in den kommenden Jahren in den vollen Ertrag kommen. Außerdem sei ein Teil der zur Verfügung stehenden Flächen mit Pinot Grigio statt mit Prosecco bestockt worden.

„Es stehen noch 2.000 bis 2.500 Hektar Fläche für die Produktion von Glera zur Verfügungen, die über die Region an die Produzenten verteilt werden. Das Konsortium bestimmt die Richtlinien für die Zuteilung. Es können nur Erzeuger bedacht werden, die bereits Prosecco DOC herstellen. In der Regel sollen den Kellereien 20 Prozent der Hektaranzahl, die bereits für Prosecco in Produktion sind, zusätzlich zugestanden werden. Wir denken jedoch über eine Begrenzung der höchstmöglichen Zuteilung nach, damit alle Interessierten bedacht werden können“, führte Stefano Zanette aus. „Außerdem wollen wir in unser Produktionsreglement eine Ernte-Reserve einführen, wie sie auch das Konsortium des Prosecco DOCG im Regelwerk verankert hat. Zudem wollen wir die Vorschrift lockern, dass die 15 Prozent zusätzliche Rebsorten, mit denen die Glera für den Prosecco DOC verschnitten werden darf, vom gleichen Betrieb stammen müssen wie die 85 Prozent Glera. Diese 15 Prozent sollten auch bei anderen Produzenten, natürlich innerhalb der DOC Prosecco, zugekauft werden können. Alle Themen wollen wir auf unserer nächsten Versammlung am 30.März verabschieden.“

2014 wurden laut Konsortium 306,6 Mill. Flaschen Prosecco DOC produziert. Das sind 27 Prozent mehr als im Vorjahr. Auf den Export entfielen 199,3 Mill. Flaschen. Förmlich explodiert, mit einem Zuwachs von 60 Prozent auf 55 Mill. Flaschen, ist der Absatz in Großbritannien. Auch in den USA kletterte der Prosecco DOC-Absatz um 34,2 Prozent auf 35 Mill. Flaschen. Der deutsche Markt liegt mit knapp 42 Mill. Flaschen (davon 61 Prozent Frizzante) auf unverändertem Niveau zum Vorjahr auf Platz 2.

Der enorme Absatzzuwachs im angelsächsischen Raum dürfte in Verbindung mit der trotz gestiegener Produktionsfläche –auch witterungsbedingt – nur um 15 Prozent höheren Ernte 2014 die Hauptursache für die jetzige Verknappung sein. Statt der erlaubten 180 Doppelzentner pro Hektar lag der Durchschnittsertrag 2014 nur bei 163 Doppelzentner pro Hektar im Jahr 2014. Den Ernteeinbehalt, der schon vor der Ernte bei der Region beantragt werden muss und auch aufgrund der Erfahrungen von 2013 beantragt wurde, war schon Ende Januar 2015 freigegeben worden, als die definitiven Verkaufs- und Produktionszahlen vorlagen. Es handelte sich um 150.000 Hektoliter.

Zur Erinnerung: Von der reichlichen Ernte 2013 mussten 241.000 Hektoliter des Ernteeinbehalts (insgesamt 341.000 Hektoliter) als IGT Bianco klassifiziert werden: Der Termin für die Freigabemöglichkeiten läuft am 31.Juli des Folgejahres ab – also bevor die nächste Ernte beginnt. Zu diesem Zeitpunkt war weder das Ausmaß der Ernteeinbussen von 2014 noch die tatsächliche Absatzbilanz absehbar.

Mit dem Instrument der Erntereserve, die nun eingeführt wird, können Lagerbestände dynamischer geregelt werden. Allerdings hätte wohl auch kaum jemand damit gerechnet, dass die Nachfrage die in den letzten fünf Jahren extrem gestiegenen Produktion noch übersteigen könnte. Jedenfalls nicht die Produzenten, die zwischen 2013 und 2014 statt Prosecco die damals besser bezahlten Rebsorten Pinot Grigio und Moscato angebaut haben.

Stefano Zanette erklärte, man wolle an dem erlaubten Höchstertrag festhalten. Auf Basis der größeren Produktionsfläche 2015 rechnet das Konsortium im Fall eines normalen Vegetationsverlaufs mit einem Erntevolumen von 290 Mill. Hektoliter. Als Folge der Entwicklung könnte der Proseccomarkt eine Berg- und Talfahrt bei den Preisen erleben. Viel hängt auch davon ab, zu welchen Preisen die Genossenschaften in der Region bereit sind, Prosecco aus ihren Beständen abzugeben. Als positiven Effekt der Verknappung hoffen die Verantwortlichen des Konsortiums, dass sich der Basispreis im deutschen LEH über der 2-Euro-Marke etabliert. Hermann Pilz/Veronika Crecelius

Ausgabe 8/2024

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