Die Kosten für Pflanzenschutzmittel gegen Peronospora belaufen sich auf zirka 1.400 Euro je Hektar. (Foto: Ewald Fröch)
Die Kosten für Pflanzenschutzmittel gegen Peronospora belaufen sich auf zirka 1.400 Euro je Hektar. (Foto: Ewald Fröch)

Baden vor schwieriger Ernte

Acht Wochen vor Beginn der Weinlese blicken Badens Winzer mit Sorge auf den neuen Jahrgang. Zwar könnte es eine ordentliche Qualität geben, die Menge wird aber wahrscheinlich unterdurchschnittlich sein. Schuld daran ist vor allem die Pflanzenkrankheit Peronospora (falscher Mehltau), die sich in diesem Jahr durch die heftigen Niederschläge im Mai und Juni stark ausgebreitet hat und in einigen Rebanlagen für einen Totalausfall sorgt. Zudem könnte die Kirschessigfliege den Weinbauern zu schaffen machen.
 
Kilian Schneider, der Präsident des Badischen Weinbauverbandes, spricht von "einer Situation, wie wir sie seit Jahrzehnten nicht mehr hatten". Die Badener kennen die Peronospora zwar schon seit Ende des 19. Jahrhunderts, dieses Jahr habe die Pilzkrankheit jedoch ideale Bedingungen vorgefunden, um sich in den Weinbergen auszubreiten. Sie könne sowohl die Blätter als auch die noch jungen Beeren befallen. Letzteres kann für einen Winzer dramatische Folgen haben, da die Trauben absterben.
 
Schneider rechnet deshalb mit einer  geringen Ernte. Statt 135 Mill. Liter (90 Liter je Ar) könnte es nur 120 Mill. Liter (80 Liter je Ar) in Baden geben. Diese Menge würde wohl ausreichen, um den Markt zu beliefern, die Einkommen der Winzer könnten aber kaum steigen. 
 
Schon heute leben nicht wenige von ihnen von der Substanz. Einen Erlös von 10.000 Euro je Hektar Weinberge braucht ein Weinbauer in Baden nach Ansicht von Experten, um langfristig die Existenz sichern zu können. Der badische Durchschnitt liegt bei rund 9.300 Euro. Wenig erfreulich ist auch, dass die intensive Bekämpfung der Peronospora die Kosten für Pflanzenschutzmittel von 1.000 auf zirka 1.400 Euro je Hektar steigen lässt. "Vor allem für Betriebe mit einem Totalausfall ist die Situation bitter", betont Schneider.
 
Bestätigen kann dies  Tobias Burtsche, Weinbauberater für den Kaiserstuhl. Er sieht bei seinen Rundgängen täglich Rebanlagen, die von der Peronospora gezeichnet sind. Schon in den vergangenen Jahren hat er beobachtet, dass der Pilz zunehmend aggressiver wird. Die heftigen Niederschläge Mitte Mai und im Juni hätten dem falschen Mehltau geradezu paradiesische Zustände beschert. Laut Burtsche kann der Pilz nur präventiv bekämpft werden. Wenn seine Sporen im Anflug sind, müsse auf den Blättern bereits ein schützender Belag vorhanden sein. Ohne diesen dringe er in die Rebe ein und sei dann kaum noch aufzuhalten.
Burtsche hat beobachtet, dass vor allem jene Winzer mit einem blauen Auge davongekommen sind, die die Empfehlungen der Weinbauberatung umgesetzt haben. Wer mit dem Pflanzenschutz dagegen nur einmal ein oder zwei Tage zu spät war, sei dafür heftig bestraft worden.
 
Ein besonders hartes Jahr erleben Badens Öko-Winzer. Paulin Köpfer, Vorsitzender des Regionalverbandes von Ecovin, rechnet mit gut 30 Prozent Verlust im Vergleich zur Ernte 2015, die schon klein war. Neben der Peronospora spiele auch eine Rolle, dass durch das schlechte Wetter während der Blüte nicht alle Beeren befruchtet worden seien. Die Bio-Winzer schützen ihre Reben vor dem Pilz mit Kupfer. Dies wird von einem heftigen Regenguss jedoch viel leichter von den Blättern gespült als die Pflanzenschutzmittel der konventionell arbeitenden Kollegen. 
 
Deshalb hat  die Krankheit in Öko-Anlagen in der Regel größere Schäden angerichtet. "Solch einen Peronospora-Druck habe ich seit 30 Jahren nicht erlebt", sagt Köpfer. Nicht wenige Betriebe würden Schäden von 50 bis 60 Prozent befürchten. Oft hätten wenige Stunden Unterschied beim Pflanzenschutz über eine Pilzinfektion  entschieden. Zwar durften die Öko-Winzer 2016 vier statt drei Kilogramm Kupfer je Hektar ausbringen, dies habe aber nicht entscheidend geholfen. In Frankreich seien sechs Kilogramm je Hektar erlaubt.
 
Die Peronospora hat indes nicht nur in Baden zum Teil beträchtliche Schäden angerichtet. Kilian Schneider weiß von seinen Amtskollegen, dass auch andere deutsche Weinbaugebiete betroffen sind. Württemberg und Rheinhessen rechneten mit einem Minderertrag von 10 bis 20 und die  Pfalz sogar mit 25 bis 30 Prozent.
Diese Ernteverluste könnten noch höher ausfallen, wenn die Kirschessigfliege wieder Appetit auf Trauben bekommt. "Die Meldungen aus dem Obstbau sind fürchterlich", sagt Badens Weinbaupräsident. Wie hoch der Schaden im Weinbau werde, hänge von der Stabilität der Beerenhaut, dem Wetter und der Wachsamkeit der Winzer ab. "Wir sind besser vorbereitet als 2014", sagt Schneider. 
 
Vor zwei Jahren hatte das kleine Insekt die Winzer in Angst und Schrecken versetzt. Mittlerweile dürften zwei Insektizide gegen den gefährlichen Schädling eingesetzt werden. Der Weinbauverband will gemeinsam mit dem Staatlichen Weinbauinstitut Freiburg die Entwicklung aufmerksam verfolgen und den Winzern zu Gegenmitteln raten. Da diese eventuell auch kurzfristig eingesetzt werden müssen, empfiehlt Schneider den Winzern, "am besten nicht in Urlaub zu fahren". gz
 

Ausgabe 6/2024

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