Der große Erneuerer der sizilianischen Weinwelt, Diego Planeta
Der große Erneuerer der sizilianischen Weinwelt, Diego Planeta

Addio Diego Planeta, buon viaggio!

Der große Erneuerer der sizilianischen Weinwelt hat sich am 21. September 2020 auf seine letzte Reise begeben. Die Nachricht löste eine überwältigende Flut der Anteilnahme auf allen Medienkanälen aus, das Weinsizilien fühlt sich wie verwaist.

Diego Planeta, Jahrgang 1940, war eine Lichtgestalt. Seine Weitsicht, das unternehmerische Talent, die Erdverbundenheit, Arbeitswut, Weltläufigkeit und seine Kultur haben entscheidend zur Wiedererweckung des Qualitätsweinbaus der Insel beigetragen. Er bündelte früh Energien. 1964, gerade 24 Jahre alt, zählte er zu den Gründungsmitgliedern der Cantina Settesoli in Menfi. Ab 1972 leitete sie er als Präsident und machte aus ihr einen modernen Modellbetrieb, einen Wegweiser für die damals maroden und prekären Genossenschaftsstrukturen. Über 40 Jahre hinweg erneuerte ihm der Verwaltungsrat alle drei Jahre das Vertrauen.

Ihm ging es um mehr als das Erblühen einer Winzergenossenschaft, die heute 70 Prozent der Fünftausend Familien Menfis ernährt. Von 1985 bis 1992 führte er als Präsident auch das Regionale Institut für Rebe und Wein, strukturierte es komplett um und leitete auch auf regionalpolitischer Ebene die Weinwende ein. Er engagierte den Önologen und Sassicaia-Erfinder Giacomo Tachis als Berater, die Weinbau-Koriphäe Attilio Scienza, Professor an der Uni Mailand, und auch Konsumsoziologen. Währenddessen unterstützte er seine Kinder und Neffen bei der Gründung des Weinguts Planeta, das auf familieneigene Rebflächen und die Erfahrung mit etlichen Versuchsfeldern zurückgreifen konnte. Diego Planeta entstammt einer palermitanischen Adelsfamilie, er hatte acht Geschwister. Über Generationen lebten die Planetas von ihren Latifundien in mehreren Provinzen der Insel.
1998 gründete der Baron mit Giacomo Rallo und Lucio Tasca die Produzentenvereinigung Assovini, ein Vehikel für die Promotion und den Export von Qualitätsweinkellereien. Heute zählen 91 Produzenten zur Vereinigung, die 80 Prozent des gesamtes sizilianischen Umsatzes an abgefülltem Wein generieren.

2004 war das Jahr der großen Ehrungen, die Universität Palermo ernennt ihn zum Professor Honoris Causa in Agrarwissenschaften, der damalige Staatspräsident Carlo Azeglio Ciampi zum »Cavaliere del Lavoro«. Der letzte – sehr anstrengende – und große Wurf war die Einführung der DOC Sicilia, die er vor allem mit Giacomo Rallo (Donnafugata) vorangetrieben hatte und erst nach vielen Jahren der Überzeugungsarbeit gegen erhebliche Ängste und Widerstände der Genossenschaften im Jahr 2011 durchbringen konnte. Ab 2011 zog sich der Meister der Ironie von allen öffentlichen Ämtern zurück. »Ich möchte nicht den gleichen Fehler machen wie bedeutende italienische Politiker, die sich bereits leicht vertrottelt immer noch an der Macht festklammern«, hatte Planeta gescherzt. Zu jener Zeit war Silvio Berlusconi noch Regierungschef.

Bis wenige Wochen vor seinem Tod blieb der Weinbaron, den alle Presidente nannten, jedoch Berater und Freund unzähliger Weinbauern und Genossenschaftspräsidenten. »Einer der Gründerväter des sizilianischen Weins hat uns verlassen, ein Multitalent, Kosmopolit und Visionär in all seinen Bereichen und Leidenschaften. Als Präsident des Regionalen Instituts für Rebe und Wein hatte der Cavaliere Planeta die Intuition, sich der Professionalität von Giacomo Tachis zu bedienen und die beiden schufen die Voraussetzungen für die totale Erneuerung des sizilianischen Weinbaus. Der Cavaliere di Lavoro, ein Mann von seltener Kultur, hat die Qualität des Weines auf Sizilien enorm gesteigert, er hat die Sicht auf die Landwirtschaft und den Wein Siziliens verändert. Er ist ein Stolz für alle Bewohner dieser Insel, weil er auch die Bedingungen dafür geschaffen hat, dass die neue Generation zur Landwirtschaft zurückkehren kann«, ehrte Edy Bandiera, Landwirtschaftsbeauftragter der Regionalregierung, das Lebenswerk Diego Planetas. Unzählige Journalisten aus aller Welt verneigen sich ebenfalls vor dem Presidente. Es war immer erhellend und spannend, mit Diego Planeta zusammenzukommen, auch sehr lustig konnte es werden. Die Eindringlichkeit, mit der er das »Sizilien der zwei Geschwindigkeiten« analysierte, seine Visionen, sein Altruismus, die Weisheit, sein trockener Humor und dieser Touch eines Bohemiens, der ihm auch noch innewohnte, faszinierten jeden Gesprächspartner und entflammten das Interesse für den Weinkontinent. Der Geist von Diego Planeta lebt weiter. Er hat sich in der neuen Generation der Produzenten manifestiert, die den Gemeinsinn kultiviert, ausschließlich qualitätsorientiert ist und den seltenen Kodex lebt, dass die Marke Sicilia wichtiger ist als der eigene Name. VC

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