Kleine Ernte in Rheinhessen

Auf Zahlen der Erntemenge 2017 wollte man sich bei der Herbstvesper des rheinhessischen Weinwirtschaftsrats nur bedingt festlegen. Weinbaupräsident Ingo Steitz erwartet 20 Prozent weniger als im Durchschnitt und somit die kleinste Ernte der letzten 20 Jahre. Der Vorsitzende des Weinwirtschaftsrats Wolfgang Trautwein von der Weinkellerei Adam Trautwein sagt, es sei klar, »dass es deutlich weniger Wein geben werde«. Die einzige Gerechtigkeit sei, dass alle Weinbaunationen Europas von Einbußen betroffen wären. 

Daraus ergebe sich am Markt eine Situation, die Trautwein so noch nicht erlebt hat. »Jeder der Weinmixgetränke produziert, rennt gerade nach Südafrika«, schildert Trautwein die Beschaffungslage. Er geht davon aus, dass Regalmeter verloren gingen, weil nicht genügend Wein zur Bestückung des Handels erzeugt würde. Steitz und Walter Schmitt, Vorsitzender der Rheinischen Weinkommissionäre verweisen dagegen auf die hohen Bestände aus dem Jahrgang 2016, wodurch die Verfügbarkeit bis zum Jahrgang 2018 gewährleistet sein sollte.

Alle Mitglieder des Weinwirtschaftsrat sind sich einig, dass die späten Sorten, vor allem Riesling, die Gewinner des Jahrgangs 2017 seien. »Die Spätsorten könnten dieses Jahr Jahrhundertweine ergeben«, lehnt Trautwein sich weit aus dem Fenster. Steitz sagt, dass der Jahrgang ganz großes Potenzial gehabt habe. Dieses sei aber bei den frühen Sorten wegen des Fäulnisdrucks nicht zu realisieren gewesen. »Wenn man schon 50 Prozent verloren hat, will man retten, was zu retten ist, und wartet dann eben nicht noch eine Woche, bis zum perfekten Erntezeitpunkt«, so Steitz.

Otto Schätzel, stellvertretender Dienststellenleiter des DLR Rheinhessen-Nahe-Hunsrück in Oppenheim, wies daraufhin, dass 2017 kein Turboherbst gewesen sei. »Nach dem Anfangsdruck wurde Tempo aus der Ernte rausgenommen«, so Schätzel. Er erklärte, dass 2017 noch einmal gezeigt habe, dass Entblätterung deutlich wirksamer gegen Botrytis sei als chemische Mittel. Das gleiche gelte für die Kirschessigfliege.

Bezüglich der Fassweinpreise gingen die Meinungen im Weinwirtschaftsrat etwas auseinander. Schmitt registrierte einen moderaten Anstieg der Preise und erwartet noch leicht weiter anziehende Preise, »die jedoch nicht in den Himmel steigen werden«. Und während Trautwein stabile Preise erwartet, schimpft Steitz auf die Kellereien, die mit zu niedrigen Preisen verhindern würden, dass die Scheurebe ihr Comeback fortsetzen könne. »Bei Preisen von 75 ct/l Frischmost muss man die Winzer verstehen, die nicht abgeben wollen. Fassweinwinzer benötigen einen Ertrag von 10.000 Euro/ha. Eine stabile Marktbeschickung geht alle an – auch die Kellereien.«

Steitz stört sich auch an weiteren Behinderungen der Winzer. Aktuelles Thema sei die Tresterausbringung. Bei den Winzern herrsche Unverständnis über die neuen bürokratischen Hürden, die unter dem Mantel der Nitratbelastung der Böden entstanden sein. Ähnlich sei es bei den Fördermitteln zur Umstrukturierung. Jetzt sei nach der Ernte der ideale Zeitpunkt für die Rodung von Flächen, doch noch immer gebe es kein grünes Licht. Die Bearbeitung der Anträge dauere viel zu lange und gestalte sich unnötig kompliziert.

Erfreuliches berichtet Albrecht Ehses, Geschäftsführer des Verbands der rheinhessischen Weinkellereien. Sowohl der deutsche als auch der rheinhessische Export hätten im Zeitraum von August 2016 bis Juli 2017 zulegen können. Es sei wieder etwas Dynamik zu verzeichnen, vor allem in den skandinavischen Märkten. Umso ärgerlicher sei jetzt die kleine Erntemenge.

In eine ähnliche Kerbe schlägt Thomas Schätzel, Vorsitzender der Weinwerbung Rheinhessenwein e.V. Im LEH habe Rheinhessen im ersten Halbjahr 2017 am Anteil der deutschen Weine zwei Prozentpunkte gewonnen und komme jetzt auf einen Marktanteil von 35 Prozent. cg

Ausgabe 8/2024

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