Ausgabe 12/2014

Es lebe der Sport

Sport und Alkohol zählen nicht unbedingt zu den Dingen, die sich beim ersten Gedanken an das eine oder das andere aufdrängen. Sport kann man jedoch wie vieles von zwei Seiten betrachten: Für den einen ist es eine schweißtreibende Angelegenheit, die mitunter einiges an Können und Talent zu seiner gelungenen Ausführung verlangt. Für die anderen ist es das genüssliche Zusehen, nah dran oder aus der Ferne, in mehr oder weniger entspannter Verfassung. Während der eine Kalorien und Flüssigkeit verliert, tankt der andere reichlich nach. Spätestens seit Reinhard Fendrichs Lied »Es lebe der Sport« wissen wir auch im deutschsprachigen Raum, wie erregend für manchen Zeitgenossen das Leben als Coach-Potato sein kann: »Die Gesichter san verschwollen und bläulich rot. Genussvoll beißt er in sein Schnitzelbrot«, reimte der Barde über den voyeuristischen Zuschauer. Den ließ er dann auch gleich, um dem Stereotypen treu zu bleiben, zum Bier greifen. Bier und Sport das scheint irgendwie noch zu passen. Zumindest drängt sich der Eindruck auf, wenn man sich die unvermeidlichen Werbeschaltungen der großen Biermarken vor den zum Hochamt stilisierten Schlachten der Fußballrecken zu Gemüte führt. Wer den Anfang nicht verpassen will, muss gezwungenermaßen dem ehrenwerten Herrn Beckenbauer zusehen. Für die Bierbranche dürfte die WM angesichts der vielen Freiluft- Veranstaltungen ein einträgliches Geschäft werden und das »Gib mir mal ne‘ Flasche Bier« dürfte nicht auf Ex-Kanzler beschränkt sein. Etwa 400 Mill. Euro pumpt die Bierbranche alljährlich in ihre Werbung. Die Erfahrungen der Weinbranche mit verkaufsträchtigen Aktionen rund um den Sport fallen dagegen eher durchwachsen aus. Mag zum Galopprennen oder beim Tanzsport der gesellschaftliche Rahmen noch die Begleitung mit Wein und Sekt gestatten, scheinen Fußball und Wein kaum zu passen. Ganz zu schweigen vom Schnäpschen davor, das den Balltreter für gewöhnlich statt beschwingt eher von den Socken haut. Erfahrungen gibt es genug. Ich erinnere mich noch immer an manche Sonderedition, die voll patriotischem Elan von französischen Weinproduzenten zur WM kreiert wurde und nach dem Abpfiff noch jahrelang auf Halde lag. Aus Erfahrung wird man klug und so agieren die Heroen der Weinbranche diesmal eher vorsichtig. Dennoch hielt der eine oder andere Ausschau nach passenden Produkten. Auf eine ziemlich logische Umsetzung des Themas stieß Eberhard Spangenberg, der sich auf der diesjährigen ProWein am Stand der Brasilianer nach Weinen umgesehen hatte. Die Auswahl fand er eher klein und die wirklich guten Weine vergleichsweise teuer. Viel besser gefiel ihm brasilianisches Bier, das er nun in Form des »Brahma« empfiehlt, der bekanntesten Biermarke Brasiliens, als »Bestes was das Land zu bieten hat«. Das gibt es dann auch während der WM in den Garibaldi- Läden und im Versand zu kaufen. Für den, der doch lieber beim Wein bleiben will, empfiehlt er ausgewählte Tropfen aus den klassischen europäischen Weltmeisterländern Italien, Spanien, Frankreich und Deutschland. Hübsch verpackt in Tüten fürs alternative »Private Viewing« gibt’s die Sets vom Bier in Dosen bis zum Dreierpack Wein von 12 bis 29 Euro. Das passt und hat was. Den WM-Wein und den WM-Champagner mit dem offiziellen Segen der Fifa muss dennoch niemand missen. Mit offiziellem Logo darf das brasilianische Weingut Lido Carraro einige seiner Gewächse ausstatten und hofft, wenigstens 600.000 Flaschen zum Endverbraucherpreis von rund 15 Euro verkaufen zu können. Den offiziellen WM-Champagner, der auch in den Logen der Fifa für gehobene Stimmung sorgen dürfte, steuert das Haus Taittinger bei. Für das gemeine Volk schlägt der noble Prickler mit knapp 50 Euro zu Buche. Deutlich günstiger offeriert Stephan Pellegrini seinen Beitrag zur WM. Unter der Marke Il Mio präsentiert er zu den Spielen ein apulisches Rotweincuvée aus 70 Prozent Merlot und 30 Prozent Primitivo. Mit 14 Prozent Umdrehungen dürfte der dann doch eher etwas für die Spiele danach als vor dem Anpfiff sein. Sonst gibt es noch mehr Unfälle à la Großkreutz und Konsorten. Trotz Public Viewing und Begeisterung der Massen fürs gemeine Balltreten und der Lust auf Bier wünsche ich allen Weinhändlern in den nächsten Wochen ein gutes Geschäft.

Hermann Pilz [email protected]