Ausgabe 09/2016

Arroganz der Macht

WEINWIRTSCHAFT Ausgabe 09-2016

Die Absprache der neuen Koalitionsregierung aus SPD, FDP und Grünen in Rheinland-Pfalz, den Bereich Landwirtschaft auf zwei Ministerien aufzuteilen, stößt auf vielfache Kritik und schlägt bundesweit Schlagzeilen. Sowohl Vertreter der Landwirtschaft wie der Ökobewegung kritisieren die Pläne. Allen Kritikern gemeinsam ist die Ablehnung einer Aufteilung in einen Bereich konventionelle Landwirtschaft, der zusammen mit dem Weinbau dem Wirtschaftsministerium zugeschlagen wird, und einen Bereich Ökolandbau, der inklusive des Ökoweinbaus im Umweltministerium von Grünen-Politikerin Ulrike Höfken angesiedelt bleibt. Die Kritiker befürchten teure Doppelstrukturen, Interessenkollisionen, eine ineffiziente Wahrnehmung der Agrarförderung sowie ein Auseinanderdividieren der mühsam gefundenen Akzeptanz von konventioneller und ökologischer Landwirtschaft. Wie aus gut informierten Kreisen verlautete, war die Aufteilung der Landwirtschaft auf zwei Ministerien in den Koalitionsverhandlungen überhaupt kein Thema und ist im Koalitionsvertrag auch mit keinem Wort erwähnt. Erst in einer abschließenden kleinen Runde der Spitzenpolitiker wurde um die Zuordnung der Ministerien gefeilscht. Es dürfte dem Parteienproporz geschuldet sein, dass die aus sachlichen Gründen nicht zu rechtfertigende Aufteilung erfolgte. FDP-Politiker Wissing relativierte jüngst die Zuständigkeiten des Umweltministeriums allerdings dahingehend, dass die Verwaltung der Landwirtschaft allein durch sein neues Superministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau erfolge und das Umweltministerium von Kollegin Ulrike Höfken dort zum Zuge käme, wo es um spezielle EU-Fördermittel für eine naturnahe Landwirtschaft gehe. Im Widerspruch dazu steht, dass die Koalitionäre in ihrem Programm für die nächsten vier Jahre den Ökolandbau auf einen Anteil von 20 Prozent hieven wollen. Das Umweltministerium und die Grünen werden sich daher nicht mit Petitessen zufriedengeben und kostenintensive Parallelstrukturen vorhalten.

Schon allein, um verdiente Parteimitglieder auf Kosten der Steuerzahler alimentieren zu können, die bei der letzten Wahl durchs Raster gefallen sind. Man wird den Kritikern Recht geben müssen: Eine dümmere Entscheidung, als den Bereich Landwirtschaft und Weinbau im größten weinbautreibenden Bundesland auf zwei Ministerien aufzuteilen, kann man sich nicht vorstellen. Das Konstrukt wird Geld kosten und Kapazitäten binden.

Wie soll das gehen: Eine Aufteilung der Landwirtschaft in einen konventionellen und ökologischen Bereich? Es gibt nur eine Atmosphäre, nur einen Boden und nur ein Wasser. Wie werden in Zukunft die Mittel verteilt? Wer ist für die Förderung zuständig, wer für die Verwaltung, wer für die Forschung? Wer nimmt die Vertretung auf Bundes- und EU-Ebene wahr? Reisen da gleich mehrere Delegationen wohl bestallter Ministerialer an? Was ist mit den vier Staatsweingütern? Drei davon arbeiten konventionell, eines ist auf Ökoweinbau ausgerichtet. In Zukunft sind also zwei Ministerien auf diesem Gebiet tätig? Ohne höhere Kosten geht das nicht ab. Rheinland-Pfalz (Land und Kommunen) hatte Ende 2014 einen Schuldenberg von 45 Mrd. Euro angehäuft. Eigentlich müsste das Land sparen, wo nur möglich.

Auf Rheinland-Pfalz kommen in der Zukunft hohe Kosten in Form steigender Personal- und Pensionslasten für eine vollkommen aus dem Ruder gelaufene und überdimensionierte Verwaltung und Sozialpolitik zu. Seit 1980 hat sich allein die Zahl der Pensionsempfänger von rund 23.000 auf über 46.000 verdoppelt. Es ist ein Skandal, dass sich Politiker aus Eitelkeiten, Imagepflege oder welchen Gründen auch immer über die berechtigten Interessen der Bevölkerung hinwegsetzen und einer sparsamen Mittelverwendung Hohn sprechen. Das fördert den Verdruss der Bürger und treibt sie in die Arme radikaler Bauernfänger. Deutschland braucht eine Reform seiner Verfassung und Menschen, die sich statt um die eigene Versorgung und ihrer Klientel, um das Wohl des Landes kümmern.

Hermann Pilz
Chefredakteur
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