Ausgabe 08/2020

Lichtblicke

Ob die Politiker mit ihren Versammlungsverboten, Schulschließungen und allen anderen Einschränkungen des öffentlichen Lebens richtig lagen, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen oder besser das Gesundheitssystem nicht zu überfordern, wird man erst in ein paar Monaten wissen. Dann sind alle schlauer und können Soll und Haben gegeneinander abwägen, ganz abgesehen von der moralischen und rechtlichen Wertung der getroffenen Maßnahmen. Die Aussetzung zahlreicher Grundrechte dem Primat der Exekutive zu überlassen, halte ich nach wie vor für nicht zulässig.

Was, wenn unsere Politiker an entscheidender Stelle korrupt, von Lobbyisten beeinflusst, machtbesessen oder gar faschistisch wären? Wie schnell könnte sich unsere Gesellschaft in eine Diktatur verwandeln? Erfreulicherweise lässt das derzeitige Personal eine solche Befürchtung eher unbegründet erscheinen. Dennoch: wehret den Anfängen. Wer weiß, was noch kommt?

Viele Politiker haben die Gelegenheit genutzt, um sich als Macher, Helden oder Krisenmanager zu profilieren. Die nächsten Wahlen kommen und in der Krise sehen etliche die Chance, sich frühzeitig in Stellung zu bringen. Wir müssen die Entscheidungen fürs Erste hinnehmen, die auf Rat der Experten getroffen wurden.

Die Auswirkungen der Krise oder neudeutsch des »Social-Distancing« und all seiner Folgen werden wir noch lange spüren. Die Einschränkungen müssen jetzt peu à peu gelockert werden. Eigentlich ziemlich egal, was als erstes kommt: ob die Kitas wieder öffnen, die Abiturienten ihre Abschlüsse machen, Busse und Bahnen wieder fahren oder der stationäre Handel, Friseure und Zahnärzte wieder zu Diensten sind. Zur Normalität wird die Gesellschaft erst wieder zurückkehren, wenn ein Impfstoff vorhanden ist und die Ausbreitung sicher eingedämmt werden kann. Allzu große Hoffnungen auf ein baldiges Ende der Krise sollte sich also niemand machen.

Mit Blick auf den Weinhandel und den Weinverkauf fällt die bisherige Bilanz der Krise höchst unterschiedlich aus. Das ist ziemlich ungerecht, denn die Maßnahmen des Lockdown führen zu einem Strukturwandel, den es ohne Krise so nicht gegeben hätte, zumindest nicht in dieser kurzen Zeitspanne. Gewinner der Krise ist der Lebensmittelhandel. Da er als systemrelevant erachtet wurde, profitiert er von den Beschränkungen anderer. 

Allerdings sollte man sich keinen Illusionen hingeben, dass sich der Lebensmittelhandel jetzt eine goldene Nase verdient. Die Volumen mit Grundnahrungsmitteln und Toilettenpapier mögen groß sein, die Margen sind klein, der Aufwand bleibt.

Das gilt auch für den Online-Weinhandel, der sich ebenfalls zu den Profiteuren zählen darf, bei allerdings noch härterem Wettbewerb als bisher. Dort, wo gekonnt stationärer Fachhandel betrieben wird, meist auch in Verbindung mit Online-Shops, läuft das Geschäft und halten sich die Einbußen in Grenzen. Viele Händler reagieren mit tollen Ideen auf die Krise. Es ist die Zeit der Geschichtenerzähler, die über Online-Dienste und moderierte Verkostungen Verbindung zu ihren Kunden halten und spezielle Liefer- und Servicedienste anbieten.

Ganz anders überall dort, wo das Weingeschäft in Verbindung mit Gastronomie, Tourismus und Reisetätigkeiten steht. Der Verkauf ruht, Weinbestände dümpeln in den Kellern und verdienen kein Geld. Hier wird es viele Pleiten und Geschäftsschließungen geben, auf Lieferantenseite genauso wie in Gastronomie und Hotellerie.

Doch wo heute geschlossen ist, könnte es bald von Neuem losgehen. Deutschland als Reise- und Urlaubsland dürfte von den Beschränkungen des Tourismus auf internationaler Ebene profitieren. Wer will schon bei der Aus- wie bei der Einreise vierzehn Tage in Quarantäne verbringen? Das Nachsehen werden viele ausländische Reiseziele und Urlaubsländer haben. Sie werden sich sehnlichst die Rückkehr deutscher Gäste wünschen.