Ausgabe 04/2020

Kärrnerarbeit

Der Aufbau einer Marke ist mehr denn je Schlüssel zum Erfolg auf dem Weinmarkt. Auch wenn klassische Markendefinitionen sicher nur eingeschränkt auf Weinmarken und Markenweine angewendet werden können, besitzen eingeführte Weinnamen und Begrifflichkeiten für bestimmte Zielgruppen mit Sicherheit einen Markencharakter. Wer wollte bestreiten, dass Namen wie Romanée Conti, Gaia, Antinori oder Robert Weil für Weinliebhaber keine Bedeutung haben? Ganz zu schweigen vom Champagner- und Sektbereich, der noch weitaus markenaffiner ist als der Weinbereich.

Es gehören auf jeden Fall viel Fingerspitzengefühl und Einfühlungsvermögen dazu, um zu erahnen, welche Art von Marke die angepeilte Klientel sich wünscht und verlangt. Dazu braucht es Mut, Kapital, Intuition und eine gehörige Portion Glück, um eine Marke zu schaffen.

Bei Wein vielleicht mehr als bei vielen anderen Produkten, denn den Kunden fehlt bei Wein in der Regel ein Maßstab, um den Wert eines Weines aus eigener Kenntnis heraus beurteilen zu können. Und die Kenntnisse über Wein sind leider mehr als dürftig. Kommt jedoch alles zusammen, kann es vielleicht gelingen, eine neue Marke zu schaffen. Doch damit ist es nicht getan. Der Aufbau einer Marke ist die eine Seite der Medaille, die andere der Erhalt und die Pflege. Das stößt im Weinsektor mitunter auf seltsame Hindernisse.

Ist eine Weinmarke erst mal etabliert, stellen sich wie Wunder jede Menge Trittbrettfahrer, von einfachen Markenpiraten bis hin zu ausgebufften Betrügern ein. Cà dei Frati ist beispielsweise so eine erfolgreiche Marke, an deren Fersen sich gerne alle möglichen Kaufleute heften. Sie möchten ihr Portfolio aufwerten und vom Glanz der Marke fürs eigene Geschäft profitieren. Vor kurzem tauchten Weine von Cà dei Frati, dem Lugana-Erzeuger schlechthin, im Getränke- und schließlich sogar im Discounthandel bei Lidl auf. Die Firma Vinissimo vertritt seit mehr als zwei Jahrzehnten Cà dei Frati auf dem deutschen Markt, hat den Aufbau des Weinguts und der Marke intensiv und mit viel Einsatz und Knowhow begleitet und viel Arbeitskraft in die Marke und die Distribution investiert. Von Vinissimo stammen die Weine nicht, die plötzlich da und dort im Markt auftauchen.

Aufgrund der Los-Nummern können die Kellerei und der Importeur ziemlich gut nachvollziehen, woher die Ware stammt. Meist sind es Grauimporte aus dem Ausland, die dann plötzlich auf dem deutschen Markt auftauchen. Lieferungen, die ursprünglich nach Griechenland, Spanien oder Tschechien gehen sollten, werden flugs umgepolt und landen auf dem aufnahmebereiten deutschen Markt.

Hinter manchem dieser Deals steckt System, gepaart mit einem Schuss krimineller Energie. Da werden im Ausland Scheinfirmen aufgebaut, die sich den Weinerzeugern andienen, den Export in alle möglichen Länder zu forcieren. In Wahrheit landet die Ware auf dem deutschen oder sonst einem Markt in Mitteleuropa und wurde mehr oder weniger versteckt nur zu diesem Zweck geordert.

Dem Erzeuger einen Vorwurf zu machen, dass er den Export und den Absatz in mehrere Länder fördern will und so die Gelegenheit für solche halblegalen Geschäfte erst ermöglicht, greift zu kurz. Aus Gründen der Risikostreuung müssen sich internationale Markenanbieter auf mehreren als nur dem Heimatmarkt etablieren. Alles andere wäre fahrlässig. Markenpflege und Markenführung sind daher elementare Aufgaben eines jeden Markenweinproduzenten. Doch das wird von vielen sträflich vernachlässigt.

Auf der jetzt kommenden ProWein sind neben vielen ehrlichen und seriösen Händlern auch wieder halbseidene Figuren unterwegs, Geschäftemacher, die von der jahrzehntelangen Aufbauarbeit anderer profitieren wollen. Vorsicht ist also angebracht, wenn allzu verlockende Geschäfte in Aussicht gestellt werden.