Ausgabe 02/2020

Sensibles Barometer

Der Weinmarkt Deutschland lag den Zahlen der Weinmarktbilanz folgend um 1,5 Prozent oder 0,3 Mill. Hektoliter (hl) niedriger als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Das Volumen lag mit 19,45 Mill. hl deutlich unter der 20-Mill.-hl-Grenze. Ist das schlimm? Ein Einbruch des Weinkonsums in Deutschland? Verlieren die deutschen Konsumenten gar die Lust auf Wein? Sicher nicht, wenn man die Zahlen etwas genauer betrachtet.

Die ersten fünf Monate der Bilanzperiode vom 1. August 2018 bis 31. Juli 2019 wurden ja noch vom europaweit kleinen Jahrgang 2017 bestritten. Die Preise waren auf Basis des Jahrgangs ordentlich geklettert, und der Handel musste das Preisniveau anheben. Manche Kategorie fiel mangels Masse ganz durchs Raster und fand sich nicht mehr in den Regalen wieder. So was dämpft den Absatz. Zumal wirklich profilierte »Markenweine« fehlen und der Kunde bei steigenden Preisen nicht nach unten ausweichen kann oder will.

In der darauffolgenden Sieben-Monats-Periode holte sich der Handel Stück für Stück zurück, was er 2018 gegeben hatte und passte die Preise wieder nach unten an. Der Prozess läuft noch und wird durch den gar nicht so klein ausgefallenen Herbst 2019 weiter gestützt. Für den Absatz in der zweiten Hälfte der Bilanzperiode dürfte das jedoch nichts mehr gebracht haben, da diese in die Phase der heißen Sommermonate fiel. Der Weinabsatz kommt in dieser Zeit offensichtlich zum Erliegen. Rotweine bekommen diesen Dämpfer wohl am stärksten zu spüren. 

Auf Basis niedrigerer Preise nimmt der Weinabsatz nun wieder deutlich zu, wie man an den Zahlen der Qualitätsweinprüfung sieht. Zum Ende des Weinbilanzjahres lagen die Bestände in jedem Fall um fast 200 Mill. Liter Wein höher als zu Beginn. Das bringt Druck auf die Preise und zeigt, wie stark der Jahrgang 2018 das Marktgeschehen beeinflusste. Im Dezember 2019 bildete der Jahrgang 2018 mit immer noch über 50 Prozent Anteil den Schwerpunkt des Angebots bei den Vollsortimentern, und im Discounthandel lag der Anteil bei knapp 70 Prozent.

Mit dem 18er Jahrgang stiegen die Zahlen der Qualitätsweinprüfung wieder kräftig an. Bis Ende 2019 kletterte die geprüfte Menge in Rheinland-Pfalz, die man mit der vermarkteten in etwa gleichsetzen kann, auf 5,03 Mill. hl. Der Handel, sprich die Weinkellereien, legte um 2 Prozent zu und hält einen Marktanteil von 58 Prozent. Überproportional steigerten die Weingüter 2019 ihre Anstellungen zur Qualitätsweinprüfung im zweistelligen Prozentbereich, und auch die Winzergenossenschaften und Erzeugergemeinschaften legten mit 7,5 Prozent kräftig zu. Insgesamt kletterte die Prüfmenge 2019 um 5,3 Prozent und erreicht damit wieder das langjährige Niveau. 

Deutsche Weine ziehen sich mengenmäßig ganz gut aus der Affäre. Härter dürfte es die Auslandsweine getroffen haben. Der Import ausländischer Weine lag das ganze Jahr 2019 deutlich unter dem Niveau der Vorjahre. Erst jetzt scheint sich der Import zu beleben, wie aktuelle Zahlen der Einfuhrstatistik zeigen. 

Dass sich etwas entscheidend verändert hat, wird mit einem Blick auf die Weinkategorien deutlich. Qualitätsweine, d.h. Weine mit bestimmtem Ursprung, haben nur noch einen Anteil von 17 Prozent an den Importen, die sogenannten anderen Weine halten inzwischen 83 Prozent und stellen mit knapp 11 Mill. hl das Gros der Importe.

Weinkategorien wie Rioja, Bordeaux oder Chianti, die auch als No-Name-Produkte das Angebot bei den Discountern und im übrigen Lebensmittelhandel bildeten, sind weniger gefragt als früher. Herkunftsmarken, die beliebig abgefüllt werden und deren Qualität am unteren Ende des gerade noch Akzeptablen dümpeln, haben keine Zukunft mehr. Die Konsumenten weichen auf billigere Weine aus, die ein besseres Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Die europäischen Regionen müssen an ihren Weinprofilen feilen und mehr Geld in Qualität und Marketing investieren. Wer die Zeichen der Zeit verschläft, wird das Nachsehen haben.